125 Euro monatlich - dieses Budget haben Pflegebedürftige der Pflegegrade eins bis fünf unter anderem für sogenannte Entlastungsleistungen zur Verfügung. Zu diesen zählt zum Beispiel die Unterstützung im Haushalt oder beim Einkaufen. Laut einer aktuellen Auswertung unserer Daten haben aber nur 52,8 Prozent der Berechtigten im Saarland 2019 die Entlastungsleistungen wirklich in Anspruch genommen. Dabei können diese kleinen und großen Hilfestellungen Betroffenen helfen, länger im eigenen Zuhause wohnen bleiben zu können. Auch die TK setzt sich dafür ein, dass diese Möglichkeiten mehr Aufmerksamkeit erhalten.

Über 100 Anbieter im Saarland

Ein Mangel an Angeboten kann kein Grund für die geringe Inanspruchnahme sein - über 100 Anbieter gibt es alleine im Saarland. Als Ansprechpartner bei der Suche nach einem geeigneten und wohnortnahen Dienstleister können die Pflegestützpunkte, die Pflegekassen oder die Landkreise dienen. So bieten beispielsweise die Arbeiterwohlfahrt, die Lebenshilfe oder Kreisverbände des Deutschen Roten Kreuzes entsprechende Leistungen an. 

Ein weiteres Beispiel sind die Alltagsbegleiter in Saarbrücken - und die leitet kein Unbekannter. Silvio Meißner kennt man aus der Fußball-Bundesliga. Dort spielte er in den 2000er-Jahren für den VfB Stuttgart und den 1. FC Kaiserslautern, wurde mit den Schwaben 2007 Deutscher Meister und 2003 Vizemeister. Doch mittlerweile hat der gebürtige Sachse seine Prioritäten deutlich verschoben. Seit 2019 führt er in Saarbrücken den saarländischen Ableger des Unternehmens "Die Alltagsbegleiter", das eben genau die oben angesprochenen Entlastungsleistungen anbietet. 

Es macht mir einfach Spaß und motiviert mich, Menschen zu helfen.


"Wir sind im Februar 2019 mit zwei Mitarbeitern an den Start gegangen, mittlerweile haben wir etwa 450 Kunden und 40 Mitarbeiter", erzählt Meißner stolz. Sein Antrieb? "Es macht mir einfach Spaß und motiviert mich, Menschen zu helfen. Die Kunden sind in den meisten Fällen auch unheimlich dankbar", sagt der ehemalige Fußball-Profi. Meißner führt alle Erstgespräche mit Neukunden selbst, um diese kennenzulernen. Außerdem ist er bei Fort- und Weiterbildung seiner Mitarbeiter immer dabei.

Wegen der Oma in die Pflege

Warum er sich gerade für das Thema Pflege so begeistern kann, beantwortet der 47-Jährige mit einer Geschichte aus seiner Kindheit. "Ich stamme ja aus der DDR und war einfach unheimlich oft bei meiner Oma. Als es ihr dann schlechter ging, musste sie ins Pflegeheim. Ich konnte ihr damals nicht helfen", erzählt der gebürtige Hallenser und ergänzt: "Daher ist es heute umso schöner, dass ich und mein Team viele pflegedürftige Menschen unterstützen können." 

Meißner ist sich sicher, dass der Bedarf weiter steigen wird: "Die Menschen werden immer älter und wollen möglichst lange zu Hause bleiben. Ambulante Pflegedienste können diese niedrigschwelligen Angebote zeitlich nicht auch noch abdecken. Deshalb ist unsere Aufgabe auch so wichtig!", betont er.

TK fordert flexibles Jahresbudget

Er unterstützt den Vorschlag der TK, die 125 Euro monatlich in ein Jahresbudget von 1.500 Euro umzuwandeln, damit Betroffene flexibler sind und innerhalb eines Jahres individuelle Schwerpunkte setzen können. "Das wäre eine super Geschichte", sagt der Wahl-Saarbrücker und ergänzt: "Die Angebote könnten so besser genutzt werden. Viele Betroffene benötigen nicht das komplette Jahr Unterstützung. So könnten sie sich zum Beispiel nach einer Operation besser und intensiver helfen lassen."

Smart-Home-Technologien als Unterstützung

Ein weiterer wichtiger Baustein für ein längeres Wohnen in den eigenen vier Wänden sind Smart-Home-Technologien. Die TK fordert daher, dass diese in den Leistungskatalog der Pflegeversicherung aufgenommen werden. Das sieht auch Meißner so: "Die modernen Hilfsmittel können einen großen Mehrwert bieten", sagt der 47-Jährige und weist auf das AAL-Netzwerk Saar hin. Der Verein setzt sich rund um das Thema Alltagsunterstützende Assistenz-Lösungen für ein generationengerechtes und selbstbestimmtes Leben aller Menschen ein. Meißner ist sich aber auch bewusst, dass die Technik flächendeckend "nicht von heute auf morgen zu installieren ist". Daher sind die Entlastungsleistungen aktuell noch wichtiger.