Antidepressiva und Antipsychotika - Behandlung
Antidepressiva und Antipsychotika sind sogenannte psychoaktive Substanzen - sie nehmen Einfluss auf unseren Hirnstoffwechsel. Oft eilt ihnen der Ruf voraus, körperlich abhängig zu machen. Im Gegensatz zu anderen Medikamenten aus der Klasse der Psychopharmaka machen sie jedoch nicht süchtig. Zugleich gilt: Sowohl die Einnahme als auch das Absetzen sollten mit Bedacht erfolgen.
Maßgeschneiderte Anwendung
Antidepressiva und Antipsychotika haben sich bei vielen psychischen Erkrankungen bewährt. Doch trotz ihres breiten Einsatzgebietes werden sie stets nur nach gründlicher Abwägung verordnet. Ob eines dieser Medikamente für Sie infrage kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Ihrem Krankheitsbild
- Ihren individuellen Symptomen
- Ihrer persönlichen Situation
Erst nach einer ausführlichen Diagnostik und Anamnese wird Ihr Arzt oder Ihre Ärztin mit Ihnen besprechen, welche Art von Behandlung für Sie möglich und sinnvoll wäre. Falls Sie Medikamente erhalten, werden Sie über den gesamten Behandlungszeitraum hinweg - und meist auch im Anschluss daran - ärztlich begleitet.
Eine Behandlung mit Antidepressiva und Antipsychotika ist in der Regel darauf ausgelegt, dass sich Ihr Krankheitsbild langfristig und nachhaltig bessert - möglichst über die Phase der Medikation hinaus. Daher bietet sich in vielen Fällen, begleitend zur medikamentösen Therapie, auch eine Psychotherapie an. Manchmal empfehlen Ärztinnen und Ärzte, bestimmte Symptome ausschließlich mit einer Psychotherapie anzugehen. Bei anderen Krankheitsbildern wiederum kann es sinnvoll sein, zunächst ein Antipsychotikum einzusetzen, damit Betroffene eine Psychotherapie überhaupt wahrnehmen können.
Besonderheiten
Einstieg mit Zeitverzögerung
In der Regel entfalten insbesondere Antidepressiva ihre volle Wirkung erst, nachdem sie einige Wochen lang regelmäßig eingenommen wurden. Daher brauchen Sie eventuell ein wenig Geduld, bis Sie einen Effekt spüren und sich Ihre Symptome bessern. Hinzu kommt, dass jeder Mensch ganz individuell auf unterschiedliche Wirkstoffe reagiert. Manchmal kann es daher etwas länger dauern, bis Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin das passende Medikament für sich gefunden haben.
Wie bei anderen Arzneimitteln können sich bei Antipsychotika und Antidepressiva neben den positiven Wirkungen auch unerwünschte einstellen. Welche das sind und wie stark sie sich äußern, hängt sowohl vom Wirkstoff und von der Dosierung als auch von Ihrer individuellen Reaktion darauf ab. Am besten besprechen Sie mögliche Nebenwirkungen vorab mit Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem behandelnden Arzt. Häufige Nebenwirkungen wie beispielsweise Übelkeit oder Schwindel sind oft nur vorübergehend und können mit der Zeit wieder abklingen. Halten Sie in jedem Fall zeitnah Rücksprache mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, wenn Sie im Lauf Ihrer Behandlung unerwünschte Reaktionen spüren. Daneben sind auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten möglich. Ihr Arzt oder Ihre Ärztin wird auch dies mit Ihnen besprechen, bevor Sie mit der Einnahme beginnen.
Absetzen nach Plan
Patienten und Patientinnen mit hohem Rückfallrisiko benötigen oft langfristig, manchmal auch lebenslang Psychopharmaka. Sofern bei Ihnen keine Langzeitbehandlung angezeigt ist, fragen Sie sich vielleicht, ob und wann Sie Ihr Medikament absetzen oder zumindest seine Dosis drosseln können. Ihr Wunsch, ohne Antidepressivum oder Antipsychotikum zu leben, ist nur allzu verständlich.
Dennoch gilt: Verringern Sie niemals eigenmächtig Ihre Dosis und setzen Sie Ihre Arzneimittel keinesfalls abrupt oder ohne Rücksprache ab. Sprechen Sie vorab stets mit Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem behandelnden Arzt, wenn Sie etwas an Ihrer Medikation ändern möchten.
Antidepressiva und Neuroleptika gehören nicht zu den Substanzen, die im Sinne einer Sucht abhängig machen. Gleichwohl hat sich der Körper mit der Zeit an den entsprechenden Wirkstoff gewöhnt und reagiert, sobald dieser fehlt. Dies kann sich ähnlich anfühlen wie Entzugserscheinungen. Besonders bei neueren Antidepressiva wie SSRI oder SNRI kann es zu einem sogenannten Absetzsyndrom kommen, wenn die Medikamente ohne ärztliche Kontrolle reduziert werden oder die Einnahme plötzlich beendet wird. Die Beschwerden reichen von Schwindel, Übelkeit und Schmerzen bis hin zu Schlafstörungen und Ängsten. Auch Antipsychotika sollten Sie nie schlagartig und ohne ärztliche Begleitung absetzen - zumal das Rückfallrisiko hier besonders hoch ist. Der Fachbegriff für die empfohlene Vorgehensweise lautet Ausschleichen. Um Ihr Antidepressivum oder Antipsychotikum langsam, kontrolliert und möglichst schonend ausschleichen zu können, wird Ihr Arzt oder Ihre Ärztin mit Ihnen gemeinsam einen individuellen Plan erstellen.
Wenn Sie sich unsicher sind …
Vielleicht fragen Sie sich, ob Sie diese Medikamente tatsächlich brauchen. Vielleicht haben Sie Ängste oder Vorbehalte gegenüber Arzneimitteln, die auf Ihre Psyche wirken. Solche Gedanken sind völlig normal. Therapietreue und eine aktive Mitarbeit sind jedoch wichtige Voraussetzungen dafür, dass Sie sich bald besser fühlen und Ihre Behandlung erfolgreich sein kann.
Sprechen Sie Ihre Sorgen offen an, denn eine vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung ist hier von entscheidender Bedeutung. Ihre behandelnde Ärztin oder Ihr behandelnder Arzt ist auch Ihre erste Kontaktperson, wenn Sie Näheres darüber wissen wollen, wie Ihr Medikament wirkt oder ob es Risiken für Sie birgt.
Darüber hinaus gibt es weitere Stellen, an die Sie sich wenden können:
- Auf der Homepage der Stiftung Deutsche Depressionshilfe finden Betroffene und Angehörige Informationen über die Erkrankung sowie Adressen und Hilfsangebote.
- Der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e. V. ist eine Selbsthilfeorganisation von - zum Teil ehemaligen - Patientinnen und Patienten. Die Website bietet Hintergrundwissen und alltagstaugliche Tipps rund um die Behandlung mit Psychopharmaka.
- Der Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V. (BApK) berät via E-Mail und telefonisch unter der Nummer 0228 71002424. Dieses Angebot namens SeeleFon richtet sich sowohl an Betroffene als auch an ihre Familien und andere ihnen nahestehende Personen.
- Die Telefonseelsorge steht Ihnen jederzeit anonym und kostenlos unter der Telefonnummer 0800 111 01 11 oder 0800 111 02 22 zur Verfügung.
Wenn Sie nicht mehr weiterwissen, sehr verzweifelt sind oder akut Hilfe benötigen, können Sie sich natürlich auch an den psychiatrischen Notdienst oder die Notfallambulanz eines Krankenhauses wenden.
Faktencheck: Missbrauchsrisiko
Auch wenn Antidepressiva und Antipsychotika als Arzneimittel kein eigenes Suchtpotenzial besitzen, können sie missbräuchlich verwendet werden. Bei Antipsychotika besteht die Gefahr, dass sie ohne echte Indikation verabreicht werden, um Menschen, etwa in Alten- und Pflegeheimen, ruhigzustellen. Antidepressiva wiederum dienen bisweilen Konsumentinnen und Konsumenten illegaler Drogen dazu, den Rausch zu verstärken oder Entzugserscheinungen abzuschwächen. Werden Antidepressiva nicht bestimmungsgemäß verwendet, hängt dies folglich meist mit anderen Abhängigkeiten zusammen.