Ohne A1-Bescheinigung mal eben über die Grenze - geht das?
Schwupps ins Ausland und wieder zurück - für viele Beschäftigte etwa an der Grenze zu Frankreich oder Österreich ist die Fahrt ins Nachbarland eine Selbstverständlichkeit, zum Teil sogar mehrmals am Tag. Wie steht es bei solchen dienstlichen Mini-Einsätzen mit der Pflicht zum Mitführen einer A1-Bescheinigung?
"Ich arbeite und wohne in Laufen und fahre kurz nach Oberndorf/Salzburg auf die Post oder besorge etwas - brauche ich dafür auch schon eine A1-Bescheinigung?" Mit dieser Frage wandte sich ein User aus dem deutsch-österreichischen Grenzgebiet an den TK-Service Ausland.
"Die Antwort lautet in diesem Fall: Grundsätzlich ja, und zwar insbesondere in Österreich aufgrund besonderer nationaler Vorgaben neben der EU-Verordnung. Hier wird die A1-Bescheinigung regelmäßig kontrolliert", sagt Rechtsanwalt Michael R. Fausel, dessen Kanzlei Arbeitgeber in Fragen des Entsenderechts berät.
Laut dem österreichischen Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) muss jede Entsendung oder Überlassung bei den Behörden gemeldet werden (§ 19 LSD-BG). Außerdem ist die Bescheinigung A1 oder E101 bereitzuhalten - zusammen mit anderen Unterlagen. Bei Verstößen drohen Strafen, die sich auf 500 bis 5.000 Euro pro Arbeitnehmer belaufen, im Wiederholungsfall auf 1.000 bis 20.000 Euro (§ 26 LSD-BG).
Pflicht gilt von der ersten Minute an
Fausel betont, dass diese Strafen speziell in Österreich und nicht EU-weit gelten, selbst wenn auch andere Länder wie Frankreich und die Schweiz ähnliche Sanktionen eingeführt und Kontrollen ausgeweitet haben: "Die A1-Bescheinigung wurde in der EU als Erleichterung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschaffen, damit bei grenzüberschreitenden Einsätzen die Zahlung von doppelten Sozialversicherungsbeiträgen vermieden wird. Nach der EU-Verordnung EG 883/04 gilt: Der Nachweis ist im EU-Ausland mitzuführen, kann aber für diesen Zweck nach geltender EuGH-Rechtsprechung auch nachgereicht werden", sagt Fausel.
Eine Bagatell-Regelung für bestimmte Zeiträume gebe es nicht. "Im Sozialversicherungsrecht gibt es den Begriff der Dienstreise nicht. Eine Tätigkeit im Ausland beginnt also in dem Moment, in dem Sie den Fuß über die Landesgrenze setzen."
Eine ursprünglich geplante Änderung der Verordnung, die Ausnahmeregelungen für Dienstreisen vorsah, war am Votum des EU-Rates zunächst gescheitert.
Auch das österreichische LSD-BG trifft nach Aussagen des Experten keine Unterscheidung darüber, ob man für einen kurzen Einkauf oder eine wochenlange Montage nach Österreich reist. Fausel: "Tatsächlich ist formell also eine A1-Bescheinigung notwendig - und sei es nur für den Weg auf die Post."
Elektronischer Antrag per Lohnabrechnung
Die Krankenkassen sind als Sozialversicherungsträger zuständig für die Ausgabe von A1-Bescheinigungen bei gesetzlich Versicherten, indem sie die Voraussetzungen zur Ausstrahlung prüfen. Seit Anfang 2019 müssen Arbeitgeber den Antrag ausschließlich elektronisch über ein zertifiziertes Entgeltabrechnungsprogramm oder über eine elektronische Ausfüllhilfe wie sv.net stellen.
Übrigens: In unseren FAQ haben wir eine Auswahl von häufigen Fragen und Antworten zum Thema Entsendung ins Ausland zusammengestellt. Diese bieten auch die Möglichkeit, ein Feedback zu geben.