Die Rolle des Öffentlichen Gesundheitsdienstes

Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) ist neben der ambulanten und der stationären Versorgung die dritte Säule des Gesundheitswesens. Schon bei früheren Belastungsproben und zuletzt in den Hochzeiten der Covid-19-Pandemie, kam die fundamentale Bedeutung des ÖGD erst in die breitere öffentliche Aufmerksamkeit, als er händeringend gebraucht wurde.

Und trotzdem sind die Eindämmung und die Bekämpfung von Infektionen und Pandemien im engen Zusammenspiel mit Politik und Verwaltung nur ein Aspekt seines Kompetenz- und Aufgabenspektrums. Denn neben dem Gesundheitsschutz inklusive verschiedenster Koordinierungs- und Steuerungsaufgaben auf der einen Seite gehören zu den wesentlichen Aufgaben des ÖGD auf der anderen Seite die Gesundheitsförderung, die Gesundheitskommunikation und die Prävention.

Hitze, Pandemien, demographischer Wandel und Prävention - neue und alte Herausforderungen für den ÖGD

Die fortschreitende Erderwärmung hat schon heute vielfältige gesundheitliche Auswirkungen: Häufigere und stärkere Hitzeperioden verschlimmern beispielsweise Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Hauterkrankungen und erhöhen das Risiko für Frühgeburten. Erreger wie die Malariamücke, die bei uns eigentlich nicht vorkommen sollte, fühlt sich nördlich der Alpen immer wohler. Längere Pollenflugzeiten belasten Allergikerinnen und Allergiker.

Der ÖGD wird hier in Zukunft noch viel stärker sowohl im Sinne der Prävention und Aufklärung gefordert sein als auch in beratender Funktion, wenn es beispielsweise um Hitzeschutzpläne oder ein modernes Quartiersmanagement geht.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat kürzlich - wie im Koalitionsvertrag angekündigt - Eckpunkte für ein Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit vorgestellt. Als Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) soll es einen stärkeren Fokus auf diese zunehmenden Herausforderungen legen. 

Aber auch auf der kleineren Ebene - innerhalb von Gemeinden - rücken immer stärker Anknüpfungspunkte zum ÖGD in den Fokus. Die Menschen werden immer älter und Multimorbidität nimmt zu. Hier braucht es neue Antworten im Gesundheitswesen, damit wir den Menschen möglichst lange eine Eigenständigkeit in gewohnter Umgebung ermöglichen können und damit das Leben im ländlichen Raum nicht an Attraktivität verliert. Ein tolles Beispiel dafür, wie man Gesundheitsinformationen, -betreuung und -beratung zu den Menschen holt, sind Gesundheitskioske. Im ländlichen Thüringer Unstrut-Hainich-Kreis gibt es davon bereits einige und auch der ÖGD ist hier eingebunden: Beratungen, Hygieneschulungen, Fachvorträge - all das kann auch nah an den Menschen stattfinden.

Tina Rudolph

Tina Rudolph, Ärztin, Mitglied des Deutschen Bundestages (SPD) und Mitglied im Gesundheitsausschuss Das Bild ist noch nicht vollständig geladen. Falls Sie dieses Bild drucken möchten, brechen Sie den Prozess ab und warten Sie, bis das Bild komplett geladen ist. Starten Sie dann den Druckprozess erneut.
Ärztin, Mitglied des Deutschen Bundestages (SPD) und Mitglied im Gesundheitsausschuss

Wie stärken wir den ÖGD konkret?

Es zeigt sich: Das Einsatzspektrum und die Erwartungen an den ÖGD sind vielfältig und anspruchsvoll. All diese Aufgaben können nur bewältigt werden, wenn dem ÖGD genügend hochqualifiziertes Personal sowie effektive Strukturen zur Verfügung stehen.

Die Bundesebene hat sich 2020 mit dem sogenannten Pakt für den ÖGD dazu verpflichtet, zwischen 2021 und 2026 insgesamt vier Milliarden Euro in den ÖGD zu investieren. Neben Investitionen für Digitalisierung und Strukturverbesserungen fließt der größte Anteil, nämlich über drei Milliarden Euro, in die Verbesserung der Personalsituation. Bereits im ersten Jahr konnten über 2.000 neue und vor allem unbefristete Stellen für den ÖGD geschaffen und besetzt werden.

Aber auch der gesetzgeberische Rahmen ist eine entscheidende Grundlage für die Arbeit des ÖGD. Thüringen bringt in diesen Tagen endlich ein eigenes ÖGD-Gesetz auf den Weg. Das ist mehr als zeitgemäß, nachdem es in vielen anderen Bundesländern in den letzten Jahren gute und vorbildhafte Vorstöße gab, das Aufgabenspektrum des ÖGD gesetzlich zu untersetzen.

Ein eigenes Gesetz statt einer Rechtsverordnung - wie in der bisherigen Regelungspraxis in Thüringen vorgesehen - das viel Gutes zusammenführen soll, ist damit die angemessene Wertschätzung für einen starken öffentlichen Gesundheitsdienst.

Fazit: Wir sind so stark wie unser ÖGD

Der ÖGD steht nach wie vor für das Gesundheitswesen sehr stark in einer sozialverantwortlichen Rolle. Noch stärker als es in der Klinik oder der ärztlichen Praxis der Fall ist, hat der ÖGD nicht nur die ganz individuellen sozialen Hintergründe und Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten im Blick, sondern auch die Bevölkerung als Ganzes. Damit ist er prädestiniert, neue Trends zu erkennen, die für die öffentliche Gesundheit von Bedeutung sind.

Der ÖGD ist damit idealerweise Impulsgeber für das Gesundheitswesen, aber auch die Politik und andere Akteure, um ein bestmögliches Maß an Gesundheit und Wohlergehen für die Gesellschaft und damit alle Menschen zu verwirklichen - bei effektivem Einsatz von Ressourcen. Dafür müssen wir ihn stärken.
 

Zur Person

Tina Rudolph wohnt in Eisenach, Thüringen und ist seit 2021 Mitglied im Deutschen Bundestag. Dort sitzt sie für die SPD im Gesundheitsausschuss, im Unterausschuss Globale Gesundheit sowie im Parlamentarischen Beirat für Nachhaltige Entwicklung. Sie ist Mitbegründerin des Parlamentskreises One-Health. Als Ärztin und Medizinethikerin kennt sie alle Facetten des Gesundheitswesens und die drängenden Gesundheitsfragen unserer Zeit. Sie setzt sich für eine gerecht finanzierte und bestmögliche Gesundheitsversorgung sowie ein resilientes Gesundheitssystem ein.