Die Beiträge für die Gesetzliche Krankenversicherung steigen seit Jahren kontinuierlich an und ein Ende ist leider nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil! Bleiben wichtige Strukturreformen aus, werden die Krankenkassenbeiträge weiter in die Höhe klettern. Tatsache ist, dass die Arztbesuch-Quote der Deutschen im internationalen Vergleich sehr hoch ist. Im Durchschnitt gehen Versicherte bundesweit im Jahr rund zehn Mal zu einem Arzt oder einer Ärztin. Daneben krankt das ambulante System an fehlender Koordination und Effizienz - auch das trägt zu steigenden Kosten bei. Zugleich berichten unsere Kliniken von stark überlasteten Notaufnahmen und Versicherte über lange Wartezeiten auf Arzttermine im ambulanten Bereich.

Jörn Simon

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Leiter der TK-Landesvertretung Rheinland-Pfalz

Stärkere Patientensteuerung ist notwendig

Diese Entwicklungen verdeutlichen, dass eine stärkere Patientensteuerung notwendig ist, damit die Gesundheitsversorgung in Deutschland auch künftig auf hohem Niveau stattfinden kann. Unter dem Motto "digital vor ambulant vor stationär" schlägt die TK die Einführung eines strukturierten Modells vor, dass sich am konkreten medizinischen Bedarf der Versicherten orientiert und so dabei unterstützt, die Patienten schneller und gerechter in die passende Versorgungsebene zu vermitteln. Bei diesem Konzept ist eine Steuerung durch eine digital-gestützte Ersteinschätzung vorgesehen und im System durch eine Primärversorgungsärztin oder einen Primärversorgungsarzt. Das wird sicher in vielen Fällen durch die Hausarztpraxis geleistet werden, das kann aber bei bestimmten Indikationen auch der Facharztbereich sein.

Terminvergabe - einheitlich, manipulationsresistent und diskriminierungsfrei

Entsprechend des TK-Konzepts soll die Terminvergabe künftig bundesweit standardisiert auf Basis dieser qualitätsgesicherten digitalen Ersteinschätzung erfolgen, die dann entsprechende Empfehlungen für den weiteren Behandlungspfad gibt. Grundsätzlich kann die Ersteinschätzung online, am Praxistresen oder in einem Integrierten Notfallzentrum erfolgen. Maßgeblich ist, dass diese bundesweit einheitlich, manipulationsresistent und diskriminierungsfrei erfolgt. Nur so kann eine effiziente und gerechte Terminvergabe stattfinden.

Freie Termine müssen auf digitaler Plattform sichtbar sein

Eine zentrale Voraussetzung für einen besseren Zugang zur Versorgung ist, dass Vertragsärztinnen und -ärzte einen definierten Prozentsatz tagesaktueller Terminkontingente auf einer digitalen Plattform verpflichtend bereitstellen. Auf Basis der Ersteinschätzung könnten dann Empfehlungen zur Selbstversorgung gegeben, Arzttermine im ambulanten oder stationären Sektor vermittelt sowie digitale Versorgungsangebote (etwa Videosprechstunden) ebenso berücksichtigt werden.

Durch mehr Koordination werden auch die Arztpraxen insgesamt entlastet, indem Patientinnen und Patienten etwa ohne Umwege direkt an passender Stelle behandelt, durch nichtärztliche Fachkräfte oder telemedizinisch versorgt werden oder durch die Nutzung von (digitalen) Gesundheitsangeboten ihrer Kassen gar nicht erst in Praxen kommen müssen. Nicht zuletzt deshalb ist auch eine Reform des Vergütungssystem nötig, um bestehende Schwierigkeiten und Ungerechtigkeiten zu beheben. Das bietet zum Bespiel die Chance, sprechende Medizin zu stärken.

Telematikinfrastruktur und Praxisverwaltungssysteme müssen integriert sein

Das TK-Modell hat dabei selbstverständlich auch die Telematikinfrastruktur (TI) und Praxisverwaltungssysteme (PVS) im Fokus, um Daten effizient weiterzuleiten. Dieser gestufte Maßnahmenkatalog für eine bedarfsgerechte, effiziente Versorgung sieht Krankenkassen auch in einer aktiveren Rolle bei der Begleitung und Beratung ihrer Versicherten.