Artikel aus Hessen
"Jeder Fehler ist ein Schatz": Arztpraxen verbessern Patientensicherheit
Mehr als 180 Arztpraxen, die ihre Praxisorganisation, Sicherheitskultur und ihr internes Fehlermanagement verbessern wollten, haben am Innovationsfondsprojekt "CIRSforte“ teilgenommen. Die Ergebnisse zeigen: Die teilnehmenden Praxen empfinden ein internes Fehlermanagement als Gewinn.

In einer 17-monatigen Praxisphase wurden die Arztpraxen im CIRSforte-Projekt unterstützt, ein Fehlerberichts- und Lernsystem einzuführen. Ziel ist es, deutschlandweit Arztpraxen die Erkenntnisse und Produkte aus dem Innovationsfondsprojekts, das noch bis März 2020 läuft, zur Verfügung zu stellen.
Fehlerberichts- und Lernsysteme ermöglichen es den Praxisteams, Schwachpunkte und Risiken in den Arbeitsabläufen zu identifizieren und aus dem offenen Austausch über Fehler oder andere kritische Ereignisse zu lernen. Die teilnehmenden Praxen werden in diesem Innovationsfondsprojekt vom Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität in Frankfurt gemeinsam mit der TK umfassend unterstützt. Weitere Projektpartner sind das Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS), das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin, die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe sowie die Asklepios-Kliniken GmbH.
Fehler können überall passieren
Fehler können überall passieren, auch in der Medizin. Aus Fehlern zu lernen und Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, um die Patientensicherheit zu erhöhen - dieses Prinzip steckt in den Fehlerberichts- und Lernsystemen des Gesundheitswesens, die auch "Critical Incident Reporting System“ oder kurz CIRS genannt werden.
Jedes Jahr 88 Millionen Patientenkontakte
Allein aufgrund der hohen Zahl der Patientenkontakte sollten aus Sicht der TK in Hessen Arztpraxen die Vorteile eines Fehlermanagements nutzen: In Hessen versorgen jedes Jahr über 13.000 niedergelassene Hausärzte, Fachärzte und Psychotherapeuten sowie rund 20.000 medizinische Fachangestellte in mehr als 8.200 Praxen 48 Millionen Behandlungsfälle. Dabei kommt es zu über 88 Millionen Patientenkontakten. Die Versorgung der Patienten ist oft komplex und meist sind zahlreiche Personen über diverse Schnittstellen hinweg beteiligt.
In der Regel verläuft die Versorgung auch nach Plan. Aber manchmal kommt es zu unerwünschten Ereignissen, die unter anderen Umständen hätten vermieden werden können. Genau hier setzen Fehlerberichts- und Lernsysteme an.
Wichtig: der offene Umgang mit Fehlern
Wichtig bei der Entwicklung einer guten Sicherheitskultur ist der offene Umgang mit Fehlern innerhalb des Praxisteams und nicht die Frage "Wer war schuld“, sondern "Was war schuld“. Denn in den meisten Fällen hat nicht eine einzelne Person, sondern eine Verkettung unglücklicher Umstände und ein Versagen im System zu einem Fehler geführt. Machen sich die Praxismitarbeiter nicht auf die Suche nach den Ursachen und ändern sie an den internen Strukturen nichts, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sich ein Fehler in gleicher oder ähnlicher Weise wiederholt. Mit Leben gefüllt und nachhaltig etabliert, stellen Berichts- und Lernsystem ein ressourcenschonendes sowie effektives Instrument zur Förderung der Sicherheitskultur in der medizinischen Versorgung dar.
Welche Fehler können passieren?
Idealerweise sollten Mitarbeiter in einer vertrauensvollen Atmosphäre ohne Angst berichten können, was vorgefallen ist. Im nächsten Schritt analysiert das Praxisteam, wie es zu der Situation kommen konnte und welche "Lücken im System“ bestehen. Beispielsweise können Patienten verwechselt werden, weil der Aufruf im Wartezimmer akustisch nicht eindeutig war. Oder es wird ein Medikament verwechselt, weil Ampullen ähnlich aussehen, Checklisten fehlen oder zu viel Material unübersichtlich auf zu kleinem Raum gelagert wird. Die gewonnenen Informationen werden an das gesamte Praxisteam zurückgespiegelt und Veränderungen daraus abgeleitet, die als Präventionsmaßnahmen etabliert und umgesetzt werden. In regelmäßigen Abständen werden sie auf ihre Wirksamkeit hin überprüft.
Über das Projekt
Am CIRSforte-Projekt haben bundesweit rund 180 ambulante Einrichtungen teilgenommen, die ein Fehlerberichts- und Lernsystem einführen oder weiterentwickeln und sich dabei unterstützen lassen wollten. Die Unterstützung im CIRSforte-Projekt konnten Arztpraxen, Medizinische Versorgungszentren, Ärztenetze oder andere Verbünden von Ärzten, Psychotherapeuten oder Zahnärzten in Anspruch nehmen. Im Projekt entwickelt und den Praxen angeboten wurden u.a. die Handlungsempfehlung "Handeln bevor etwas passiert. Berichts- und Lernsysteme erfolgreich nutzen.", Workshops, eLearning-Angebote, Webinare und Info-Mails.
Beim CIRSforte-Symposium im Oktober 2019 in Berlin wurde gezeigt, welche der angebotenen Unterstützungs-Maßnahmen bei der Einführung eines Berichts- und Lernsystems für die teilnehmenden Praxen besonders wertvoll waren, was sich in den Praxen verändert hat und wie die Erfahrungen aus dem Projekt in den Praxisalltag übertragen werden können. Die Praxisteams waren zu dem Schluss gekommen, dass ein Fehlerberichtssystem sehr gut im Arbeitsalltag integriert werden kann und dass sich nicht nur Arbeitsabläufe, sondern auch - als positiver Nebeneffekt - die Atmosphäre im Team durch den neuen, transparenten Umgang mit kritischen Ereignissen deutlich verbessert haben. Nach Projektende stehen die erarbeiteten Empfehlungen, Erfahrungen und Fortbildungsangebote allen ambulanten Praxen für die Einrichtung ihres individuellen Berichts- und Lernsystems zur Verfügung.
CIRSforte Symposium in Berlin
Weiterführende Links:
Leiterin der TK-Landesvertretung Hessen
Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main "Jeder Fehler ist ein Schatz. Ein Fehlerberichts- und Lernsystem bietet die Chance, gemeinsam aus kritischen Ereignissen in der Praxis zu lernen und so die zukünftige Versorgung der Patienten in der Hausarztpraxis noch sicherer zu machen."
Facharzt für Allgemeinmedizin aus Frankfurt am Main
Vorsitzende im Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. (APS) "CIRSforte hilft ambulanten Praxen, ein Fehlermeldesystem ihrer Wahl einzuführen, unterstützt engmaschig bei der Umsetzung und evaluiert den Erfolg.“
Dr. Barbara Voß
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Prof. Friedrich Gerlach
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Dr. med. Armin Wunder
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Hedwig François-Kettner
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