TK: Frau Dr. Windolph-Lübben, wieso ist Nachhaltigkeit so relevant für das Gesundheitswesen?

Dr. Sarah Windolph-Lübben:  Die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind für uns alle relevant: So können die Auswirkungen des Klimawandels, wie beispielsweise verstärkte Trockenperioden, starke Stürme oder Überschwemmungen, wie wir sie leider derzeit wieder erleben, eine Gesundheitsgefahr für alle Menschen und somit auch unsere Versicherten darstellen - Klimaschutz bedeutet daher Gesundheitsschutz. Das Gesundheitswesen muss zukünftig verstärkt mit Prävention und entsprechender Kuration auf diese Umstände vorbereitet sein. Außerdem trägt das Gesundheitssystem Schätzungen zufolge selbst rund sechs Prozent zu den klimaschädlichen Treibhausgas-Emissionen in Deutschland bei. Wir müssen also auch unseren Beitrag leisten.

Dr. Sarah Elena Windolph-Lübben

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Nachhaltigkeitsbeauftragte der Techniker Krankenkasse

TK: Was bedeutet der Klimawandel für unsere Versicherten?

Windolph-Lübben: Bereits jetzt sind unsere Versicherten aufgrund des Klimawandels von zunehmenden Hitzewellen, verstärktem Aufkommen von Allergien oder neuen Krankheitserregern betroffen. Als Krankenkasse möchten wir unsere Versicherten sensibilisieren und Optionen aufzeigen, wie sie sich schützen können. An dieser großen Aufgabe muss jedoch das gesamte Gesundheitswesen arbeiten. Wir setzen hierbei auf den Dialog und die Zusammenarbeit mit weiteren Akteurinnen und Akteuren im Gesundheitswesen.

Als Krankenkasse möchten wir unsere Versicherten sensibilisieren und Optionen aufzeigen, wie sie sich schützen können. Dr. Sarah Windolph-Lübben

Genau das tun wir unter anderem am 6. Februar 2024 bei einer Fachtagung in Hannover: In Kooperation mit der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V. möchten wir gemeinsam mit weiteren Akteurinnen und Akteuren Handlungsbedarfe, aktuelle Entwicklungen und notwendige Rahmenbedingungen diskutieren und konkrete Lösungsansätze für die Praxis im Gesundheitswesen aufzeigen.

TK: Was tut die TK für das Klima?  

Windolph-Lübben: Ein wichtiger und wesentlicher Schritt war das Aufsetzen einer  Nachhaltigkeitsstrategie   für die TK im Jahr 2022. Wir haben uns dafür unsere Rolle als Krankenkasse sowie als Partner im Gesundheitswesen angesehen und daraus Handlungsfelder und strategische Ziele abgeleitet. Darauf aufbauend haben wir konkrete Maßnahmen in den verschiedenen Geschäftsbereichen der TK spezifiziert, deren Umsetzung wir nachverfolgen.

Mit der Umstellung auf Ökostrom, einer Verbesserung der Gebäudedämmung und Anreizen für nachhaltige Mobilität zahlen wir auf unser Ziel der CO2- bzw. Treibhausgasneutralität bis 2030 ein. Außerdem identifizieren wir sinnvolle Sozial- und Umweltkriterien für unsere Lieferanten, und mit dem von der TK mitentwickelten Qualitätssiegel   "Nachhaltige Praxis: Klima. Umwelt. Mensch"  schaffen wir einen Anreiz in der ambulanten Versorgung, soziale und ökologische Standards zu integrieren. Mit Blick auf die stationäre Versorgung arbeiten wir derzeit mit renommierten Partnern an relevanten Nachhaltigkeitshebeln.

Wir können also bereits auf einige Fortschritte zurückblicken; an anderen Stellen stehen wir noch am Beginn oder inmitten von Umsetzungsmaßnahmen für unseren Beitrag zu einem nachhaltigen Gesundheitswesen.

TK: Gibt es Hürden in Bezug auf die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie?

Windolph-Lübben: Als gesetzliche Krankenkasse sind wir eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und es kommt daher der gesetzliche Rahmen als Herausforderung hinzu: Es ist unsere Pflicht wirtschaftlich vorzugehen. Dies steht jedoch eventuellen Mehrausgaben für Nachhaltigkeit möglicherweise im Wege. Als TK fordern wir daher von der Bundesregierung, dass Nachhaltigkeit als Kriterium in das Sozialgesetzbuch (SGB) aufgenommen wird. Krankenkassen wären somit angehalten die Beitragsgelder auch umweltschonend zu verwalten. 

Als TK fordern wir daher von der Bundesregierung, dass Nachhaltigkeit als Kriterium in das Sozialgesetzbuch (SGB) aufgenommen wird. Dr. Sarah Windolph-Lübben
 

TK: Welche drei Punkte sind mit Blick auf die Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele im Jahr 2030 für uns als Krankenkasse wichtig?

Windolph-Lübben: Zunächst fordert das Thema Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen aktuell noch viel Eigeninitiative. Wir brauchen eine Politik, die Hürden nimmt und Impulse für eine resiliente, nachhaltige Ausrichtung des Gesundheitssystems schafft. Nur dann können wir als gesetzliche Krankenkassen unseren Auftrag, zu einer gesunden Lebenswelt beizutragen, vollumfänglich annehmen. 

Für die TK erhoffe ich mir, dass wir in den nächsten Jahren unsere Potenziale ausschöpfen und so weit wie möglich aus eigener Kraft die CO2- bzw. Treibhausgasneutralität erreichen.

Und zuletzt wünsche ich mir, dass Nachhaltigkeit bis dahin ein selbstverständlicher Bestandteil unserer Arbeit und unseres Lebens geworden ist und dass die Gesellschaft den Bereich "Klimaschutz und Gesundheit" tatkräftig voranbringt.

Zur Person

Dr. Sarah Elena Windolph-Lübben ist seit April 2022 als Nachhaltigkeitsmanagerin der TK tätig. Die Diplom-Ökonomin hat an der Leuphana Universität Lüneburg zum betrieblichen Nachhaltigkeitsmanagement promoviert und danach in mehreren Stationen in privatwirtschaftlichen Unternehmen die Strategie und Berichterstattung zur Nachhaltigkeit (weiter-)entwickelt.

"Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen"

Im Rahmen der Fachtagung am 6. Februar 2024 möchte die TK in Kooperation mit der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V. dem Thema "Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen" auf den Grund gehen. Die Veranstaltung richtet sich an Entscheidungsträger:innen und Mitarbeitende aus Einrichtungen des Gesundheitswesens, der Politik, der Sozialversicherungsträger sowie alle Interessierten. Freie Plätze sind noch verfügbar.