Ein entsprechendes Gesetzesvorhaben des Bundesministeriums für Gesundheit (Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen - KHVVG) befindet sich gegenwärtig im Stadium eines Arbeitsentwurfs und soll am 1. Januar 2024 in Kraft treten.

Alexander Krauß, Leiter der TK-Landesvertretung Sachsen, begrüßt die Ansätze des BMG, die Krankenhauslandschaft weiterentwickeln zu wollen. Hierzulande herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass ein Plan für diese Weiterentwicklung benötigt wird. Die Kliniklandschaft muss sich zukünftig stärker an Qualität und vor allem am medizinischen Bedarf ausrichten. Kliniken sollten nur die Behandlungen anbieten, die sie nachweislich gut beherrschen, damit eine bessere Versorgung unserer Versicherten gelingen kann. Zudem überfordert es unser Gesundheitssystem dauerhaft, wenn überholte Strukturen zu viel Personal und Ressourcen binden.

Die Kliniklandschaft muss sich zukünftig stärker an Qualität und vor allem am medizinischen Bedarf ausrichten.
Alexander Krauß

TK: Warum brauchen wir eine Krankenhausreform?

Alexander Krauß: Wir als TK sehen grundsätzlich die Notwendigkeit einer Reform der Krankenhausstrukturen. Bundesweit leiden Krankenhäuser unter Fachkräftemangel (insbesondere in der Pflege), gestiegenen Energiekosten, Personalkosten sowie Inflation. Aufgrund der strukturell herrschenden Überversorgung mit Krankenhausbetten verstärkt sich die Problematik durch eine rückläufige Belegung in den Krankenhäusern. Geplante Erlöse bleiben aus; es kommt zu Liquiditätsproblemen und die Gefahr einer drohenden Insolvenz ist längst kein Einzelfall mehr. Die seit Jahren unzureichende Investitionskostenfinanzierung seitens der Bundesländer und der allgegenwärtige demografische Wandel verschärfen die Situation zusätzlich. Ein weiterer und sehr wichtiger Aspekt im Hinblick auf die Notwendigkeit einer Reform sind wünschenswerte Qualitätssteigerungen, die mittels Konzentration und Spezialisierung erreicht werden können. Deutschland weist EU-weit die höchsten Krankenhausausgaben pro Kopf aus, die Versorgungsqualität ist aber eher Mittelmaß.

Allen Akteuren ist klar: es kann nicht so weitergehen wie bislang.
Alexander Krauß

Alex­ander Krauß

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Leiter der TK-Landesvertretung Sachsen

TK: Wie schätzen andere Akteure des Gesundheitssystems die Reformnotwendigkeit ein?

Krauß: Es existiert eine breite Unterstützung für eine Krankenhausreform. Allen Akteuren ist klar: es kann nicht so weitergehen wie bislang. Keine Reform ist keine Alternative.  Wir brauchen insbesondere eine qualitätsorientierte Leistungskonzentration, eine Reduzierung der Mengenausweitung durch Einführung von Vorhaltekosten und eine stärkere Orientierung der Krankenhausplanung am medizinischen Bedarf.

TK: Wo sehen Sie große Stellschrauben im aktuellen Reformprozess?

Es bedarf einer echten Krankenhausplanung und ausreichender Investitionsmittel.
Alexander Krauß 

Krauß: Ich betrachte die Leistungsgruppen als Kernelement der Reform, zudem bedarf es einer echten Krankenhausplanung und ausreichender Investitionsmittel. Die Reform sollte ferner so gestaltet werden, dass sie auch den Einstieg in die sektorenübergreifende Versorgung ermöglicht.

TK: Können Sie das bitte etwas näher ausführen?

Krauß: Einheitlich definierte Leistungsgruppen bilden das Spektrum der medizinischen Leistungen der Krankenhäuser ab. Sie dienen als Instrument einer differenzierten und gezielten Krankenhausplanung, fördern Transparenz und Qualität. Ziel muss es sein, dass Patientinnen und Patienten nach der Reform sicher sein können, in einem Krankenhaus behandelt zu werden, welches qualitativ, personell und technisch optimal für diese konkrete Behandlung ausgestattet ist. Ausnahmeregelungen im Hinblick auf die einheitlich zu definierenden Leistungsgruppen sollten restriktiv und nur dort angewandt werden, wo sie versorgungsnotwendig sind.

TK: Was verstehen Sie unter "echter" Krankenhausplanung?

Krauß: Die gegenwärtige Krankenhauslandschaft ist im Wesentlichen historisch gewachsen. Es braucht eine Weiterentwicklung hin zu einer Planung, die jede Region individuell betrachtet und sich am medizinischen Bedarf ausrichtet. Ferner gilt es, das Problem der mangelnden Investitionsförderung zu lösen. Dies bedeutet, dass seitens der Bundesländer ausreichende Investitionsmittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Reformansätze klammern diese Problematik gegenwärtig aus.

TK: Welche Regelungen des Reformvorhabens begrüßen Sie besonders?

Krauß: Die verbindliche bundesweite Definition der Leistungsgruppen inklusive der Qualitätsmerkmale halte ich für entscheidend. Hier wurden die 60 somatischen Leistungsgruppen des NRW-Modells um fünf zusätzliche Leistungsgruppen  - Infektiologie, spezielle Kinder- und Jugendmedizin, spezielle Kinder- und Jugendchirurgie, Notfallmedizin, spezielle Traumatologie - ergänzt. Weiterhin begrüße ich es, dass der Medizinische Dienst für die Überprüfung der Einhaltung der Qualitätsvoraussetzungen der Leistungsgruppen in den Krankenhäusern zuständig ist.

TK: Gibt es Verbesserungsbedarf oder andere Aspekte, die im Gesetzgebungsprozess Berücksichtigung finden sollten?

Krauß: Ja. Ich halte eine weitere Ausdifferenzierung der Leistungsgruppen - unter Beteiligung der GKV - für wichtig und zielführend. Zudem sollte die Psychiatrie in die Leistungsgruppen eingebunden werden. 

TK: Wo sehen Sie Herausforderungen beziehungsweise zukünftige Aufgaben im Kontext der Reform?

Krauß: Eine bedeutende Herausforderung sehe ich in der Verteilung der Leistungsgruppen auf die jeweiligen Krankenhäuser. Ferner sind die Transformationskosten dieses gewaltigen Reformvorhabens unklar und die Gefahr des kalten Strukturwandels - bevor die Reform tatsächlich greift - könnte für einige Kliniken sehr real werden.

TK: Wird die Reform ein Erfolg?

Krauß: Das hoffe ich! Zumindest würden wir ohne Krankenhaus-Strukturreform eine Chance auf bessere Qualität vergeben, denn in spezialisierten Kliniken lässt sich mehr Qualität liefern.