"Ich würde immer raten, auf das Bauchgefühl zu hören"
Interview aus Schleswig-Holstein
Endometriose betrifft Millionen von Frauen - und bleibt doch oft unerkannt. Jana Portukat erzählt uns im Podcast "Maschinenraum Gesundheit" von ihrem langen Weg zur Diagnose, den Zweifeln und Herausforderungen, aber auch, wie sie heute mit der Erkrankung umgeht. Ein Gespräch, das Mut macht und zeigt, wie wichtig es ist, auf den eigenen Körper zu vertrauen.
Jana Portukat ist 25 Jahre alt, als sie das erste Mal von der Erkrankung Endometriose hört. Ihre Intuition sagt ihr, dass dies die Antwort auf ihre Beschwerden ist. Doch bis sie tatsächlich die Diagnose erhält, vergehen viele Jahre. Sechs Jahre später sitzt sie bei uns im Podcast Maschinenraum Gesundheit , um von ihrer persönlichen Geschichte zu erzählen.
TK: Endometriose zählt zu den häufigsten gutartigen gynäkologischen Leiden. Allein in Deutschland geht man von rund zwei bis vier Millionen Betroffenen aus - Jana du bist eine von Ihnen. Wann hattest du das erste Mal den Verdacht, an Endometriose erkrankt zu sein?
Jana Portukat: 2020 habe ich durch eine Freundin zum ersten Mal von Endometriose gehört. Auf Social Media bin ich dann einer Influencerin gefolgt, die offen über ihre Erkrankung sprach. Ihre Symptome - extreme Unterleibs- und Bauchschmerzen, starke Erschöpfung - klangen wie meine. Da dachte ich zum ersten Mal: Vielleicht habe auch ich Endometriose.
Ich wusste aber natürlich nicht final, ob es wirklich Endometriose ist. Die Erkrankung hat so viele, unterschiedliche Symptome, da gibt es nicht die einen Klassischen. Als ich damals im Internet nach Endometriose gesucht habe, gab es kaum Informationen, geschweige denn Aufklärung zu dem Thema.
Jana Portukat
TK: In Deutschland vergehen von den ersten Symptomen bis zur tatsächlichen Diagnose rund acht bis zehn Jahre. Wie war das denn bei dir?
Portukat: Meine Beschwerden begannen schon mit 14. Ich ging von Praxis zu Praxis, hatte Spiegelungen, Ultraschalluntersuchungen - doch die Antworten blieben gleich: "Frau Portukat Sie haben nichts, Sie sind gesund".
Das hat mich unglaublich viel Kraft gekostet. Irgendwann glaubst du selbst, dass du dir das alles nur einbildest. Aber mein Bauchgefühl und auch meine Symptome zeigten mir: Da stimmt etwas nicht! Ich glaube das hat mich motiviert zu denken: Ich brauche eine Diagnose, ich brauche irgendwas, was mir sagt, dass ich richtig liege und auf mein Bauchgefühl vertrauen kann. 2022 bekam ich dann endlich die Diagnose.
TK: Was hat die Diagnose in dir ausgelöst und wie ging es für dich weiter?
Portukat: Das war tatsächlich ein dramatisches Erlebnis. Es wurde eine blutgefüllte Zyste versehentlich bei mir angestochen - die Schmerzen waren unvorstellbar und ich hatte schon wirklich viele starke Schmerzen. Aber durch eine Probeentnahme konnte dann bei mir Endometriose diagnostizieren konnte.
Endlich hatte ich die Gewissheit: Ich habe eine chronische Krankheit - und bilde mir das nicht ein. Das war befreiend, aber auch überfordernd. Ich konnte zwar wieder anfangen, meinem Körper zu vertrauen, andererseits war Endometriose noch nicht wirklich erforscht und ich wusste nicht genau, wie es jetzt weiter gehen soll.
TK: Inwiefern hättest du dir damals andere Unterstützung gewünscht oder wünscht du dir für heute?
Portukat: Vor allem, ernst genommen zu werden. Ärztinnen und Ärzte sind Expertinnen und Experten auf ihrem Gebiet, aber wenn sie dort nichts finden, wird man oft einfach weitergeschickt. Zum Glück war es bei meinem Urologen anders: Er sagte mir nach der Untersuchung, dass zwar bei der Blase nichts sei, er mich aber nicht allein lassen möchte. Diese Haltung wünsche ich mir häufiger.
Auch in unserer Gesellschaft fehlt oft das Bewusstsein, dass chronische Krankheiten ernst zu nehmen sind - gerade die, die man nicht sieht. Ich würde mir auch wünschen, dass wir frühzeitig in der Schule über den Körper und Gesundheit aufklären. Was ich jetzt alles gelernt habe, über den Körper, über Nährstoffe und Co., das betrifft nicht nur Endometriose-Erkrankte, sondern jeden Menschen. Es ist wichtig, frühzeitig damit anzufangen, Verantwortung des eigenen Körpers zu übernehmen aber auch übernehmen zu können. Dafür braucht es Wissen.
TK: Stichwort Empowerment: Was würdest du Frauen raten, die den Verdacht hegen, an Endometriose erkrankt zu sein oder bereits eine Diagnose haben?
Portukat: Ganz klar: aufs Bauchgefühl hören - und nicht nachlassen. Niemand kennt den eigenen Körper so gut wie man selbst. Sich austauschen, Tipps holen, Fragen stellen - das kann unglaublich helfen. Und vor allem: Verantwortung übernehmen, informiert bleiben, dranbleiben.
Mir persönlich hilft es, sehr offen mit der Krankheit umzugehen. Das ist nicht für jede richtig, aber für mich macht es den Alltag leichter. Mein Umfeld versteht besser, wenn es mir mal nicht gut geht. Und es schafft Akzeptanz - auch bei anderen Betroffenen. Wäre ich damals nicht auf diese Influencerin in den sozialen Medien gestoßen, hätte ich vielleicht nie den Verdacht gehabt. Deshalb ist Sichtbarkeit so wichtig.