Ausgaben für Arzneimittel
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Die Versorgung mit Arzneimitteln kostet die Versichertengemeinschaft immer mehr Geld. Ein Überblick in Zahlen und Fakten.

Im Zuge der Diskussionen um die Finanzlücke in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) stehen die Arzneimittelpreise immer wieder im Fokus. Die Ausgaben steigen im Bereich Arzneimittel überdurchschnittlich. Wie sie sich in den vergangenen Jahren entwickelt haben, zeigen die folgenden Zahlen.
Entwicklung Arzneimittelausgaben
Die Ausgaben für Arzneimittel haben sich beim Blick auf die Gesamtausgaben in der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) im Jahr 2021 auf Platz Zwei geschoben - knapp vor die ärztlichen Behandlungen. 46,6 Milliarden Euro waren es GKV-weit insgesamt und damit 636 je Versicherte bzw. je Versicherten - der Anstieg im Vergleich zum Vorjahr lag bei überdurchschnittlichen 7,6 Prozent. Die Leistungsausgaben stiegen insgesamt um 5,8 Prozent.
Warum steigen die Ausgaben für Arzneimittel so extrem? Das liegt vor allem an neuen, also patentgeschützten Arzneimitteln, die zu sehr hohen Preisen auf den Markt kommen. Die Preise für diese Arzneimittel können die pharmazeutischen Hersteller zunächst frei festsetzen - ohne transparente Kriterien. Immer häufiger liegen sie im fünf- bis sechsstelligen Bereich, auch die Millionenschwelle ist längst durchbrochen. Dass patentgeschützte Arzneimittel die Kostentreiber bei den Ausgaben darstellen, zeigen die folgenden Zahlen eindrücklich:
Ausgaben für patentgeschützte Arzneimittel
Echte Innovationen im Arzneimittelbreich sollen die Hersteller weiterhin gut bezahlt bekommen - anhand transparenter Kriterien und insbesondere entsprechend ihres tatsächlichen Innovationsgrades. Bei zahlreichen neuen Arzneimitteln zeigt sich, dass sie keinen Nutzenvorteil für die Patientinnen und Patienten bieten. In den Innovationsreporten hatte die Universität Bremen gemeinsam mit der TK in den vergangenen Jahren 200 neue Wirkstoffe bewertet, im Ergebnis stellten nur 26 von ihnen (13 Prozent) eine echte Verbesserung für die Patientinnen und Patienten dar.
Innovationsreporte 2013 bis 2020:
In der Konsequenz muss Arzneimittelmarktneuordnungsgesetzes (AMNOG) grundlegend weiterentwickelt werden, um die Preisspirale bei patentgeschützten Arzneimitteln zu durchbrechen und zu fairen Preisen zu kommen, die dem tatsächlichen Nutzen der neuen Arzneimittel gerecht werden. Die nun im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz festgesetzten Maßnahmen wie unter anderem das Herabsetzen der Orphan-Drug-Umsatzschwelle auf 30 Millionen Euro (Schwelle, bei der das Arzneimittel gegen eine seltene Erkrankung eine reguläre Nutzenbewertung durchlaufen muss), die Sieben‐Monats‐Lösung beim Erstattungsbetrag (verhandelter Erstattungsbetrag wird nach sechs statt wie bisher nach zwölf Monaten gezahlt) und die Einführung eines Abschlags bei Kombinationstherapien sind zwar wichtige Schritte, die jedoch nur ein Anfang sein können.
Eine grundlegende Weiterentwicklung des AMNOG wird Zeit in Anspruch nehmen. Mit Blick auf die Ausgabensteigerungen im Arzneimittelbreich und die damit verbundenen Gewinne der Unternehmen sind deshalb auch weitere kurzfristige Maßnahmen im Arzneimittelbereich notwendig, die über die jetzt im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz festgelegten Maßnahmen hinausgehen. Dazu gehören:
- Eine Verlängerung der Erhöhung des Herstellerabschlags über die Dauer von einem Jahr (festgelegt im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz) hinaus.
- Ein ermäßigter Umsatzsteuersatz auf Arzneimittel wie er auch für Grundnahrungsmittel und Tierarzneimittel gilt.
- Die Einführung sogenannter Fokuslisten, über die die Krankenkassen die Möglichkeit erhalten, einzelne patentgeschützte Arzneimittel für die Versorgung ihrer Versicherten bevorzugt auszuwählen, wenn es vergleichbare Alternativen gibt.