TK: Was versteht man unter künstlicher Intelligenz? 

Dr. Mirko Böttcher: Tatsächlich gibt es keine feste Definition für "Künstliche Intelligenz". Durch die mediale Berichterstattung über ChatGPT wird KI nun oft als Überbegriff für Sprachmodelle genutzt, die KI verwenden. Tatsächlich ist der Begriff "KI" zunächst aber sehr breit gefasst. Man spricht immer dann von "Künstlicher Intelligenz", wenn eine Anwendung Probleme lösen kann, die eigentlich menschliches Denken erfordern. Der Begriff stammt aus einer vordigitalen Zeit, als der Einsatz von Computern noch nicht selbstverständlich war. Entsprechend hat sich auch unser Verständnis, was KI bedeutet, rasant weiterentwickelt. In den 90er-Jahren sprach man beispielsweise von KI, wenn ein Computer handgeschriebene Postleitzahlen erkennen konnte. Das würden die meisten Menschen heute eher als Grundfunktion jedes digitalen Endgerätes einordnen und die Funktion nicht mit Künstlicher Intelligenz in Verbindung setzen.

Mirko Bött­cher

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Experte für Künstliche Intelligenz bei der TK

TK: Wenn wir auf den Status quo schauen: Wo setzt die TK auf Künstliche Intelligenz? 

Dr. Mirko Böttcher: Wir setzen bereits seit vielen Jahren auf Künstliche Intelligenz. Sie kann immer dann Prozesse vereinfachen, wenn es um monotone, aber komplexe Tätigkeiten geht, die für Menschen mit großem Arbeitsaufwand verbunden sind. Ein gutes Beispiel ist der Dokumenteneingang der TK. Eine große Krankenkasse wie die TK bekommt ca. 40 Millionen Dokumente, wie Briefe oder Web-Uploads, pro Jahr. Jedes Dokument muss in den dafür richtigen Fachprozess eingesteuert werden. Diesen Prozess unterstützen wir bei der TK bereits seit fünf Jahren mittels KI automatisiert. So können wir die Anliegen unserer Versicherten deutlich schneller bearbeiten.

TK: Wie funktioniert das, dass künstliche Intelligenz Dokumente erkennt? 

Dr. Mirko Böttcher: Die Künstliche Intelligenz ist schon während des letzten großen KI-Booms entstanden, der damals große Durchbrüche beim Erkennen und Interpretieren von Bildern brachte. Letztendlich sind gescannte Dokumente auch nur Bilder, wenn auch sehr spezielle. Hier haben wir eine Künstliche Intelligenz darauf trainiert, charakteristische Muster in den Bildern zu erkennen, die bestimmte Arten von Dokumenten identifizieren.

TK: ChatGPT ist eine ganz andere Form der Künstlichen Intelligenz. Hier geht es nicht darum, Muster zu erkennen, sondern neue Inhalte zu generieren. Siehst du hier auch Einsatzfelder für die TK?

Dr. Mirko Böttcher: Große Sprachmodelle wie GPT-4 ermöglichen es, Informationen gezielt zusammenzustellen. Wir sehen hier viel Potenzial für unseren Kundenservice. So lassen sich etwa Informationen für unsere Versicherten noch besser auf ihre individuellen Fragen und Anliegen optimieren. Insbesondere in Themengebieten, die sehr komplex sind und bei denen die Informationsflut groß ist, könnten solche Sprachmodelle helfen, die wichtigen Informationen zu filtern. Entscheidend hierbei ist jedoch, dass die KI ausschließlich mit unseren Inhalten trainiert wird und die Ergebnisse stetig überprüft werden. Letztendlich können sogenannte generative Sprachmodelle nur so gut sein, wie die Inhalte, mit denen sie gefüttert werden. Wir setzen uns in der TK bereits intensiv mit generativer KI auseinander und prüfen, wie wir die Technologie in unseren Service integrieren können, damit wir auf die Anliegen unserer Versicherten noch schneller und besser reagieren können.

Zur Person 

Dr. Mirko Böttcher studierte Informatik an der Universität Magdeburg und promovierte auf dem Gebiet des Maschinellen Lernens. Nach seinem Studium arbeitete er in verschiedenen Branchen als Entwickler, Architekt und Projektleiter an der Umsetzung von Machine-Learning-Projekten. Seit 2017 steuert er als KI-Architekt und Product Owner des KI-Squads bei der Techniker Krankenkasse die Einführung und Etablierung von KI-Entwicklung sowie die Umsetzung von KI-Anwendungsfällen.