TK: Felix, du bist Mitgründer des Startups InhalPlus. Was hat dich dazu bewogen, mit InhalPlus durchzustarten, und welche Vision verfolgst du?

Dr. Felix Wiegandt: Ursprünglich hatte ich geplant, Patentanwalt zu werden und meine Promotion, mit dem Thema der atemsynchronisierten Medikamentenfreisetzung für Frühgeborene, lediglich als Zwischenschritt gesehen. Während dieser Zeit habe ich jedoch erkannt, wie groß das Potenzial unser Technologie ist, Frühgeborenen auf eine völlig neue Weise zu helfen. In der Neonatologie gab es seit Jahrzehnten in der Therapie keinen Gamechanger. Genau das möchten wir ändern.

Unsere Vision bei InhalPlus ist es, Frühgeborenen weltweit erstmals eine präventive, sichere und wirksame inhalative Therapie anzubieten, die ihnen von Beginn an bessere Chancen auf eine gesunde Entwicklung gibt. Kurz gesagt: Wir möchten Frühgeborenen und ihren Familien eine echte Perspektive bieten - präventiv, schonend und wirksam.

Wir möchten Frühgeborenen und ihren Familien eine echte Perspektive bieten - präventiv, schonend und wirksam. Dr. Felix Wiegandt, Mitgründer InhalPlus

Dr. Felix Wiegandt

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Mitgründer von InhalPlus

TK: Kannst du uns mehr über die innovative Technologie erzählen, die InhalPlus entwickelt? Wie unterscheidet sich das Produkt von bestehenden Lösungen auf dem Markt?

Felix: Die aktuell verwendeten inhalativen Therapien bei Frühgeborenen sind oft ineffizient und nicht zuverlässig wirksam. Deshalb muss das Klinikpersonal häufig auf invasive Behandlungen zurückgreifen. Allerdings wird diese invasive Behandlung aufgrund potenzieller Nebenwirkungen nicht vorbeugend angewandt, sondern kommt erst dann zum Einsatz, wenn bereits ernsthafte gesundheitliche Probleme entstanden sind.

Unsere patentierte Bypass-Technologie verbessert die Medikamentenzufuhr deutlich und ermöglicht, dass deutlich mehr Wirkstoff effektiv in die Lunge gelangen kann. So erhöhen wir die Wirksamkeit der inhalativen Therapie signifikant und schaffen erstmals die Möglichkeit einer zuverlässigen präventiven Anwendung. Das Ziel: Lungenprobleme präventiv vermeiden, bevor sie entstehen sowie Krankenhausaufenthalt und Sterblichkeitsrate reduzieren. 

Aktuell bereiten wir unsere klinische Proof-of-Concept-Studie vor, um die Effizienz zu demonstrieren und planen für 2029 den Markteintritt in Deutschland.

TK: Wie wichtig war bzw. ist der Aufbau eines Netzwerks für den Erfolg des Start-Ups? Welche Schritte würdest du anderen Gründern empfehlen, um ein unterstützendes Netzwerk aufzubauen?

Der Aufbau eines Netzwerks war und ist für uns absolut entscheidend. Ein starkes Netzwerk öffnet Türen - zu wertvollen Experten, potenziellen Partnern und möglichen Investoren.

Ich habe bei null angefangen. Ich habe mein Netzwerk durch Programme wie AHEAD, ELSA und das Future Health Lab sowie Events wie Slush, Bits & Pretzels und START Global aufgebaut. Daher kann ich nur empfehlen: Nutzt Accelerator-Programme (Unterstützungsprogramme, für Startups in der Frühphase) und Startup-Events. Geht aktiv auf andere zu - Networking ist ein Skill, den man erlernen kann. Je mehr man sich darauf einlässt, desto leichter fällt es.

Geht aktiv auf andere zu - Networking ist ein Skill, den man erlernen kann. Dr. Felix Wiegandt, Mitgründer InhalPlus

TK: Gründerinnen und Gründer stehen oft unter großem Druck. Welche Strategien hast du entwickelt, um eine gesunde Work-Life-Balance zu fördern, und welche Ratschläge würdest du anderen geben?

Felix: Für mich beginnt eine gesunde Work-Life-Balance mit der Leidenschaft für das, was man tut. Wenn man wirklich für die eigene Vision brennt, fühlt sich Arbeit nicht nach Arbeit an. 

Mein persönlicher Gamechanger ist jedoch ausreichend Schlaf und feste Schlafzeiten. Schlafmangel ist für mich ein echter Produktivitätskiller - man trifft schlechtere Entscheidungen, lässt das Training sausen oder greift eher zur Tiefkühlpizza als zum selbstgekochten Essen. Der Mythos, dass Gründer wenig schlafen müssen, um erfolgreich zu sein, ist für mich komplett überholt. Außerdem setze ich auf tägliche Bewegung und eine bewusste Ernährung. Das sind für mich keine "Nice-to-Haves", sondern essentielle Säulen für langfristige Leistungsfähigkeit.

Mein Tipp: Macht eure Gesundheit zur Priorität - denn nur wer gesund bleibt, kann auch langfristig Vollgas geben.

TK: Welchen Hürden und Herausforderungen bist du in dieser Zeit begegnet? Was kannst du anderen Gründerinnen und Gründern raten, um diese zu vermeiden?

Felix: Man trifft immer wieder auf Hürden und Herausforderungen. Aber statt sie zu vermeiden, sollte man sie willkommen heißen. Denn genau darin liegt das Wachstumspotenzial.

Ein Beispiel aus meiner eigenen Gründungsphase: Das Pitchen. Die eigene Idee vor Publikum zu präsentieren, war für mich anfangs eine riesige Herausforderung. Mein Puls raste, der Kopf war plötzlich leer, und meine Hände zitterten. Doch gerade als Gründer muss man ständig pitchen. Ich bin aus der Komfortzone rausgegangen und habe jede Gelegenheit, zum Pitchen genutzt. Denn mit jeder Präsentation wächst das Selbstvertrauen, und irgendwann wird es zur Routine und macht sogar Spaß. Generell ist ein starkes Team extrem wichtig, denn nur so lassen sich Herausforderungen schneller und einfacher meistern. 

Generell ist ein starkes Team extrem wichtig, denn nur so lassen sich Herausforderungen schneller und einfacher meistern. Dr. Felix Wiegandt, Mitgründer InhalPlus

TK: Mit "Social Pizza" bietet die TK selbst ein Beratungsangebot für Gründerinnen und Gründer. Unterstützung bei Planung, Gründung, Wachstum oder Gesundheit: Denkst du, es hätte dir im Verlauf der Gründung auch geholfen und wenn ja, wie?

Felix: Definitiv! Während unserer Gründungsphase haben wir bereits durch verschiedene Accelerator-Programme einiges an Wissen und Netzwerk gesammelt. Doch man lernt nie aus. Selbst wenn man nur eine einzige neue Erkenntnis mitnimmt, die einen weiterbringt, hat sich der Austausch gelohnt.

Gerade für MedTech-Startups im Gesundheitswesen bietet die TK wertvolle Insights. Diese Art von Support kann einen echten Unterschied machen. 

Zur Person

Dr. Felix Carl Wiegandt studierte Maschinenbau (B.Sc.) und Biomedizintechnik (M.Sc.) an der Leibniz Universität Hannover. 2022 promovierte er an der TU Braunschweig mit Auszeichnung zum Thema atemgesteuerte Medikamentenfreisetzung für Neugeborene. Für seine Studienleistungen erhielt er das Deutschlandstipendium sowie den Dr.-Jürgen Ulderup Preis.

Seit 2014 ist er am Fraunhofer ITEM tätig - zunächst als wissenschaftliche Hilfskraft, später als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Dort leitete er das BMBF-Projekt "Flexmax" und war stellvertretender Projektleiter im EU-Projekt "MDOT". In beiden Projekten lag der Fokus auf der Weiterentwicklung inhalativer Therapien für Früh- und Neugeborene.

Seit 2023 verfolgt er die Ausgründung von InhalPlus, einem Startup zur Verbesserung der inhalativen Therapie von Frühgeborenen. Mit seinem Team konnte er bereits zwei bedeutende Förderprogramme gewinnen: den EXIST-Forschungstransfer (1,5 Mio. €) und das IBT-Programm (Institute for Biomedical Translation, 1,3 Mio. €).

Seine Arbeit wurde vielfach ausgezeichnet - unter anderem mit dem WEGBEREITER Startup Preis des Börsenclubs Hannover, dem Jury Preis der ELSA Pitch Bowl sowie der AHEAD Stage Night der Fraunhofer-Gesellschaft in den Jahren 2023 und 2024. Als Erfinder hält er mehrere Patente und ist Erstautor zahlreicher Fachpublikationen zur aerosolbasierten Medikamentenabgabe.