Wenn Patientinnen und Patienten behandelt werden, verlassen sie sich auf funktionierende Strukturen, das Know-how von Ärztinnen und Ärzten oder Pflegekräften sowie einen reibungslosen Ablauf. Leider kommt es trotzdem immer wieder zu unerwünschten, vermeidbaren Ereignissen. Doch wie lassen sich diese besser vermeiden und so das Risiko für die Patientinnen und Patienten, aber auch für die Behandlungs-Teams verringern?

Stefan Groh

Das Bild ist noch nicht vollständig geladen. Falls Sie dieses Bild drucken möchten, brechen Sie den Prozess ab und warten Sie, bis das Bild komplett geladen ist. Starten Sie dann den Druckprozess erneut.
Leiter der TK-Landesvertretung Saarland

TK mit eigenem Beauftragten

Die TK engagiert sich vielfältig beim Thema und hat nach gesundheitswissenschaftlichen und -politischen Forderungen im Jahr 2019 mit Hardy Müller als erste deutsche Krankenkasse einen Beauftragten für Patientensicherheit benannt. Er ist zentraler Ansprechpartner für alle TK-Mitarbeitenden und veröffentlicht die TK-Jahresberichte zum Ausbau der Patientensicherheit. Hardy Müller verfügt über vielfältige und langjährige Expertise im Themenfeld. Er hat unter anderem eine Ausbildung als Health Care Risk Manager absolviert und ist zertifizierter "patient safety manager". Praktische Erfahrungen hat er jahrelang als Geschäftsführer und Generalsekretär des Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS) gesammelt, bei dem sich die TK - wie beim​​​​​​ Netzwerk Patientensicherheit für das Saarland - aktiv engagiert.

Neue Plattform

Darüber hinaus hat der Verband der Ersatzkassen (vdek) nach Vorarbeiten und auf Initiative der TK eine weitere Plattform in diesem Bereich ins Leben gerufen, die seit 15. Februar 2024 live ist. Auf www.mehr-patientensicherheit.de können Patientinnen und Patienten über kritische Ereignisse, aber auch ihre positiven Erfahrungen in der medizinischen Versorgung anonym und in strukturierter Form berichten. Die Schilderungen der Versicherten werden von Expertinnen und Experten analysiert, um Handlungsempfehlungen abzuleiten. Diese Empfehlungen werden auf der Seite für die Versicherten zur Verfügung gestellt.

ePA kann Patientensicherheit erhöhen

Die TK ist vom Nutzen der elektronischen Patientenakte (ePA) für die Patientensicherheit überzeugt und hat diese auch deshalb seit 2018 gefördert und gefordert. Die ePA steigert die Transparenz und erhöht dadurch beispielsweise die Arzneimittel-Therapiesicherheit. Mit der Opt-out-Regelung ab 2025 werden diese Effekte auch endlich in der Breite zum Tragen kommen.

Zweitmeinungen sind wichtig

Ein weiterer wichtiger Faktor für eine bessere Patientensicherheit sind Zweitmeinungsverfahren. Dabei können Patientinnen und Patienten sich beispielsweise vor Eingriffen an Rücken oder Gelenken eine zweite ärztliche Meinung einholen. Wir als TK bieten einerseits ein Onlineverfahren an, andererseits stehen für unsere Versicherten bundesweit rund 30 Schmerzzentren zur Verfügung, die innerhalb von zwei bis fünf Werktagen eine interdisziplinäre Zweitmeinung durchführen. Kleiner Spoiler: Auch im Saarland wird es bald ein solches Angebot geben. Die Auswertungen des Programms zeigen, dass in Deutschland oft unnötig oder zu früh operiert wird.

Mit Mindestmengen zu mehr Spezialisierung

Ein gutes Instrument, um die Patientensicherheit zu fördern, sind die Mindestmengen für bestimmte Eingriffe. Nur Krankenhäuser, die eine bestimmte Fallzahl erreichen, dürfen diese Eingriffe durchführen. Denn wer viel operiert, hat eine größere Routine und macht dadurch erfahrungsgemäß weniger Fehler, was sich dann auch im Behandlungsergebnis widerspiegelt. Das Instrument wird bisher aber noch nicht wirksam umgesetzt. Die Krankenhausreform könnte hier mit konsequenten und einheitlichen Regelungen eine Verbesserung schaffen.

Veränderungen sind nötig

Die genannten Mindestmengen sind aber auch ein Schritt zu der nötigen Spezialisierung der Kliniken. Die Politik ist nun gefordert, diese mit der Krankenhausreform und der damit zusammenhängenden Krankenhausplanung anzugehen. Dass die Menschen zu diesen Veränderungen bereit sind, hat eine kürzlich veröffentlichte Forsa-Umfrage im Auftrag der TK gezeigt. 68 Prozent der Befragten im Saarland, in Hessen und Rheinland-Pfalz befürworten die angestrebte stärkere Spezialisierung der Kliniken. Sie finden gut oder sogar sehr gut, wenn komplizierte Behandlungen künftig nur noch in dafür spezialisierten Häusern stattfinden, auch wenn das für manche Patientinnen und Patienten möglicherweise längere Wege zum behandelnden Krankenhaus zur Folge hat. Noch deutlicher wird es bei der Wahl der Klinik für eine Behandlung: Auf die konkrete Frage, ob sie sich vor einem geplanten Eingriff für die näher gelegene Klinik oder für die erfahrenere - aber weiter entferntere - Klinik entscheiden würden, nannten 92 Prozent die erfahrenere Klinik.

Durch eine Spezialisierung und den Abbau von Doppelstrukturen könnten auch die knappen Personalressourcen effizienter eingesetzt werden. Das würde sich ebenfalls positiv auf die Patientensicherheit auswirken. Schließlich sind viele Fehler auch Folgen einer Überlastung und von Stress.

Insgesamt sind wir beim Thema Patientensicherheit schon viele Schritte in die richtige Richtung gegangen. Jetzt gilt es, bereits bekannte Potenziale zu heben und weitere zu erkennen. Schließlich sollte das Wohl der Patientinnen und Patienten im Zentrum allen Handelns stehen.