Operative Eingriffe werden in einem Krankenhaus durchgeführt. Das war lange Zeit die Devise. Doch durch technischen und medizinischen Fortschritt ist diese längst überholt. Wichtig ist, dass diese Entwicklung auch bei den Patientinnen und Patienten ankommt. Daher fordern wir als TK eine konsequente Umsetzung der Ambulantisierung.

Stefan Groh

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Leiter der TK-Landesvertretung Saarland

Das bedeutet nicht, dass die Krankenhäuser geschwächt werden sollen, sondern dass die Versorgung in mehr Fällen ambulant - also ohne Übernachtung - stattfindet, egal ob in der Klinik oder rein ambulanten Versorgungsstrukturen. Das Effizienzpotenzial in diesem Bereich ist riesig, denn besonders Krankenhäuser operieren noch viel zu häufig stationär. Der Katalog für ambulantes Operieren (AOP) umfasst bisher knapp 2.900 Leistungen. Laut eines aktuellen IGES-Gutachtens könnten wiederum rund 2.500 Leistungen hinzukommen. Das zeigt, wie schnell die medizinische Entwicklung voranschreitet, allerdings schlägt sich diese noch nicht immer in der Versorgung nieder.

Bisher keine finanziellen Anreize

Ein Grund dafür ist, dass es derzeit weder finanzielle Anreize noch zwingende Notwendigkeit gibt, Patientinnen und Patienten ambulant zu behandeln, auch wenn das aus medizinischer Sicht möglich wäre.

Vorteile für Personal und Versicherte

Dabei liegen die Vorteile beim ambulanten Operieren auf der Hand. Patientinnen und Patienten können sich in ihrem gewohnten Umfeld erholen und binden damit weniger Betten und Personalkapazitäten in den Kliniken. Denn trotz Fachkräftemangel liegt Deutschland im EU-Vergleich der Krankenhausärztinnen und -ärzte sowie des Pflegepersonals pro 1.000 Einwohner über dem Durchschnitt. Allerdings gibt es hierzulande vergleichsweise viele Krankenhausbetten und vor allem Krankenhausaufenthalte, weshalb die Arbeitsbelastung der Fachkräfte immens ist. So verzeichnete Deutschland 2020 laut Statista und Handelsblatt knapp 22.000 Krankenhausfälle je 100.000 Einwohnern - europaweit mit Abstand die meisten. Werden diese reduziert, wird auch das Personal entlastet.

Mehr ambulante Behandlungen bieten auch für die Kliniken Vorteile. Einerseits wird das Personal entlastet, andererseits kommt es zu weniger Auseinandersetzungen bei der Frage der Notwendigkeit vollstationärer Eingriffe mit den Krankenkassen bzw. dem Medizinischen Dienst (MD).

Negativbeispiel Leistenhernie

Ein gutes Beispiel dafür, dass in deutschen Kliniken noch zu viel vollstationär operiert wird, sind Eingriffe bei einer Leistenhernie. Während 2019 in Deutschland nach Angaben des Gemeinsamen Bundesausschusses noch 99,7 Prozent dieser Operationen vollstationär durchgeführt wurden, waren es in vielen europäischen Ländern weniger als 50 Prozent und in Dänemark sogar nur 15,6 Prozent.

Dieses Beispiel unterstreicht, dass der medizinische Fortschritt in diesem Bereich in gewisser Weise an den deutschen Patientinnen und Patienten vorbeigeht. Hier gibt es also dringend Handlungsbedarf, denn schließlich könnte man auch hier zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Versorgung verbessern und das Personal in den Kliniken entlasten.