TK: YouTube, Twitch, Netflix, TikTok - wie gut kennen Sie die Medienwelt, in der viele Kinder unterwegs sind, selbst?

Malte Krückels: Ich würde sagen, mittelgut. YouTube nutze ich gelegentlich, bei Netflix hatte ich ein Abo, bis ich nach einem Jahr festgestellt habe, dass ich in dieser Zeit nur zwei Filme geschaut habe. TikTok und Twitch benutze ich selbst nicht, verfolge aber die Entwicklungen der techno-sozialen Netzwerke und deren Wirkungen. Und da gibt es ja noch einiges mehr, z. B. die Gaming-Plattform roblox oder den sehr stark genutzten Dienst Instagram.

Es ist hilfreich, in die einzelnen Angebote selbst praktisch einzutauchen, aber um sich gut zu orientieren, braucht es auch den Austausch mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis, wie den Landesmedienanstalten und anderen dazu, wie diese neuen IP-basierten Medien aufgesetzt sind, welche Zielgruppen sie faktisch ansprechen, wer mit ihnen auf welche Weise Geld verdient etc.

Malte Krückels

Malte Krückels, Staatssekretär für Medien und Europa und Bevollmächtigter des Freistaats Thüringen beim Bund Das Bild ist noch nicht vollständig geladen. Falls Sie dieses Bild drucken möchten, brechen Sie den Prozess ab und warten Sie, bis das Bild komplett geladen ist. Starten Sie dann den Druckprozess erneut.
Staatssekretär für Medien und Europa und Bevollmächtigter des Freistaats Thüringen beim Bund


TK: Die Staatskanzlei ist zuständig für Medienpolitik, zu der sie auf ihrer Seite auch Medienbildung zählt. Wie gehört beides für Sie zusammen? 

Krückels: Digitale Medien durchdringen heutzutage alle Bereiche der Gesellschaft und gehören ganz selbstverständlich zum Alltag der meisten Menschen. Die Aufgabe von Medienpolitik besteht in meinen Augen darin, diese Tendenzen wahrzunehmen, ihre Auswirkungen zu bewerten und schlussendlich entsprechende Regularien zu entwerfen, die den gesetzlichen Rahmen für alle medialen Bereiche setzen.

Medienkompetenz verstehe ich als die ganz persönliche Voraussetzung eines jeden Nutzers zum bewussten und sozial angemessenen Umgang mit Medien.
Malte Krückels

Medienkompetenz verstehe ich als die ganz persönliche Voraussetzung der Nutzenden zum bewussten und sozial angemessenen Umgang mit Medien. Der Umgang mit Medien wird mit der entsprechenden Medienkompetenz nicht nur sicherer und souveräner, es wird auch das Verständnis für Medienpolitik vertieft. Zum Beispiel dafür, warum Staatsverträge regelmäßig evaluiert und novelliert werden, wie das Internet so reguliert werden kann, dass nicht Meinungsmonopole entstehen oder warum der öffentlich-rechtliche Rundfunk so bedeutsam ist.

Medienbildung oder besser gesagt Medienkompetenzbildung, ist ein Prozess, der nie abgeschlossen sein kann, weil Medien einem ständigen Wandel unterliegen, mit dem sich die Nutzerinnen und Nutzer stetig auseinandersetzen müssen, um weiterhin souverän mit verschiedenen Medientypen umgehen zu können. Dieses "lebenslange Lernen" gilt selbstverständlich auch für die Medienpolitik, die sich ebenfalls neuen Entwicklungen anpassen und den gesetzlichen Rahmen regelmäßig nachjustieren muss.

Ich möchte noch auf eine weitere Parallele zwischen Medienbildung und Medienpolitik zu sprechen kommen: Genau wie in der Medienpolitik ist auch die Vermittlung von Medienkompetenz ein Zusammenspiel vieler verschiedener engagierter Akteurinnen und Akteure. In Thüringen findet sie deshalb bereichsübergreifend statt. Nicht zuletzt weil völlig verschiedene Nutzergruppen (Kinder, Eltern, Lehrer, Senioren usw.) angesprochen werden müssen, werden Angebote für Medienbildung durch die unterschiedlichsten Akteurinnen und Akteure vorgehalten. Umso mehr stehen diese in regelmäßigem Austausch untereinander. In der Medienpolitik ist insbesondere aufgrund des Subsidiaritätsprinzips ein kollegiales Zusammenarbeiten der Länder unerlässlich.

TK: Sie haben mit der Staatskanzlei die Konferenz kidsCon 2022 unterstützt, auf der sich Kindermedienschaffende vor allem über Computer- und Videospiele ausgetauscht haben. Warum? Und welche Rolle spielt diese Welt der Spiele für die Medienbildung?

Krückels: Fest steht, dass digitale Spiele weiterhin an Bedeutung für Kinder und Jugendliche gewinnen. Der Games-Markt wächst kontinuierlich und mit ihm die Zahl regelmäßiger Nutzerinnen und Nutzer. Digitale Spiele dienen längst nicht mehr nur der Unterhaltung und dem Zeitvertreib, sondern bringen viele soziale Effekte mit sich, wie in manchen Fällen ein kaum beschreibbares Gemeinschaftsgefühl. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, diese Lebenswelt junger Menschen ernst zu nehmen. Daher halte ich es für falsch, digitale Spiele aus Prinzip aus Lehr- und Lernkontexten auszuschließen. Ein solch undifferenziertes Vorgehen wäre unter den heutigen Voraussetzungen überhaupt nicht zielführend.

Es ist mir ein wichtiges Anliegen, diese Lebenswelt junger Menschen ernst zu nehmen. Daher halte ich es für falsch, digitale Spiele aus Prinzip aus Lehr- und Lernkontexten auszuschließen.
Malte Krückels

Kinder und Jugendliche sollten vielmehr aktiv darin unterstützt werden, selbstbestimmt und kreativ, und gleichzeitig kritisch und reflektiert mit digitalen Spielen umzugehen. Denn: Die virtuelle Welt birgt stets auch Gefahren. Der effektivste Schutz vor ihnen ist noch immer der Selbstschutz, der durch Medienkompetenz entsteht.

Aber es ist auch klar, dass es für Kinder noch weitere Schutzmechanismen braucht. Insofern tragen alle Akteurinnen und Akteure der Games-Branche eine Mitverantwortung für einen ausreichenden Schutz beim Spielen. Die kidsCon übernimmt hier nicht nur eine wichtige Informationsrolle, sondern bietet darüber hinaus vielfältige Austauschmöglichkeiten für die Branche. Vor diesem Hintergrund und da dem Freistaat Thüringen schon seit vielen Jahren Medienbildung und der Jugendmedienschutz am Herzen liegen, unterstützt die Thüringer Staatskanzlei die kidsCon und ihr Konzept.

Zur Person

Malte Krückels ist seit 2014 Staatssekretär für Medien und Europa und Bevollmächtigter des Freistaats Thüringen beim Bund. Er ist MDR-Rundfunkrat für die laufende V. Amtsperiode und Aufsichtsratsvorsitzender der Mitteldeutschen Medienförderung (MDM).