Ende Juli wurden die Bremer "Gesundheitsfachkräfte an Schulen" (GeFas) im Umgang mit der Online-Plattform TK-MedienUniversum geschult. In den Räumlichkeiten des Bremer Gesundheitsamtes  wurde den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die spielerische Vermittlung von Medienkompetenz an Grundschulen näher gebracht. Referentin Katy Gillner vom Medienzentrum Greifswald e. V. erläutert im Interview, wieso die GeFas dabei eine besondere Rolle einnehmen.

TK: Frau Gillner, bei Ihrer Veranstaltung in Bremen werden Gesundheitsfachkräfte im Umgang mit dem TK-MedienUniversum geschult. Worum handelt es sich dabei genau?

Kati Gillner: Das MedienUniversum ist ein Online-Portal für pädagogische Fachkräfte und hält vielfältige Methoden, Lernideen und Unterrichtsmaterialien zur Förderung von Medien- und Gesundheitskompetenz bei Kindern bereit. Die Plattform ist kostenfrei zugänglich unter www.medienuniversum.info und ist im Rahmen des bundesweiten Projekts "Digital gesund?! - Medienbildung in der Grundschule" des Medienzentrum Greifswald e. V. in Kooperation mit der Universität Greifswald und der Techniker Krankenkasse entstanden. Ergänzt wird das MedienUniversum durch die kindgerechten Apps im Medienplanet sowie eine Mediathek mit informativen Erklärfilmen zu medienpädagogischen Themen und ein umfangreiches Schulungsangebot.

Katy Gillner

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Medienzentrum Greifswald

TK: Was sind die Ziele der Schulungen? Welche Zielgruppe soll erreicht werden?

Gillner: Die Kernzielgruppe unserer Schulungen sind Lehrkräfte der Grundschule. Medienbildung ist als Querschnittsthema inzwischen fest in den Lehrplänen der Schulen verankert, viele Lehrkräfte fühlen sich mit dieser Aufgabe jedoch allein gelassen. Mit unserem Schulungsangebot möchten wir die Pädagoginnen und Pädagogen unterstützen, medienpädagogische Handlungskompetenzen auszubilden. Wir geben ihnen das nötige Instrumentarium und mit MedienUniversum und Medienplanet auch didaktische Materialien an die Hand, um Kinder zeitgemäß, kreativ und lebensweltnah in ihrer Medienaneignung zu begleiten. 

Neben Grundschullehrkräften sprechen wir inzwischen auch weitere Zielgruppen erfolgreich mit unserem Angebot an, z. B. Fachkräfte aus der Schulsozialarbeit und der Präventionsarbeit, Lehrkräfte aus weiterführenden Schulen und Förderschulen sowie zukünftig auch verstärkt Familien.

TK: Was sind die größten Hindernisse bei der Vermittlung von Digitalkompetenz?

Gillner: In Bezug auf die Schule ist das größte Hindernis leider immer noch die häufig fehlende technische Ausstattung und Infrastruktur. Medienbildung gelingt am besten durch den aktiven und praktischen Umgang mit Medien, durch das Entdecken und Ausprobieren. Daher ist es enttäuschend, dass die digitale Transformation an vielen Schulen auch nach den Erfahrungen aus zwei Jahren Pandemie nur langsam voranschreitet.

Ein weiteres Hindernis ist auch, dass oft noch geeignete Konzepte zur handlungsorientierten Vermittlung digitaler Kompetenzen in den Schulen fehlen. Im Rahmen unserer Schulungen zeigen wir daher auch Wege auf, wie Medienbildung fächerübergreifend in den Unterrichtsalltag implementiert werden kann - sowohl analog als auch digital.

TK: Inwieweit helfen digitale Medien beim Lernen?

Gillner: Digitale Medien erweitern vor allem unseren Handlungsspielraum beim Lehren und Lernen. Durch einen digital gestützten Unterricht haben sowohl Lehrkräfte als auch Schülerinnen und Schüler neue Möglichkeiten, Inhalte zu visualisieren, zu speichern, zu teilen sowie kollaborativ zu (be-)arbeiten, auch über Entfernungen hinweg. Dieser Mehrwert hat sich gerade beim Distanzlernen während der Coronapandemie gezeigt.

Der gelungene Einsatz digitaler Medien in modernen Lernsettings kann darüber hinaus einen motivierenden Effekt auf Schülerinnen und Schüler haben, da das Lernen individualisierter, inklusiver und immersiver gestaltet werden kann. Werden Medien produktiv-gestalterisch für das Erarbeiten von Themen genutzt, stärken die Schülerinnen und Schüler sogar ganz nebenbei ihre Medienkompetenz und damit beispielsweise auch ihre Sozial- oder Gesundheitskompetenz.

TK: Können Sie den Gesundheitsbezug des Themas näher erläutern?

Gillner: Kinder wachsen in einer von Medien geprägten Welt auf und können sich dem auch nicht entziehen. Medien strukturieren von klein auf unseren Alltag - egal ob es um Spiel, Bildung, Kommunikation, Werte oder Ernährung geht. Aus diesem Grund verstehen wir Medienkompetenz als einen zentralen Aspekt von Gesundheitskompetenz: wir können nur dann gesund aufwachsen, wenn wir bereits als Kinder einen gesunden und reflektierten Umgang mit Medien erlernen.

Dies spiegelt sich auch im Namen unseres Projekts "Digital gesund?!" wider. Medienkompetenz und Gesundheitsförderung werden immer zusammen gedacht, zum Beispiel bei Fragen wie dem Einfluss von medialen Vorbildern und Werbung auf unsere Ernährung und Körperwahrnehmung.

TK: Viele Ihrer Schulungen richten sich an Lehrerinnen und Lehrer. In Bremen kommen dabei die Gesundheitsfachkräfte an Schulen zum Einsatz. Ergeben sich daraus für die Vermittlung der Inhalte bestimmte Vorteile?

Gillner: Die Gesundheitsfachkräfte in Bremen waren für uns eine sehr spannende neue Zielgruppe. An ihre Erfahrungen in der Gesundheitsförderung und auch im Bereich Medienbildung an Schulen konnten wir mit dem Projekt "Digital gesund?!" optimal ansetzen. In unserer gemeinsamen Schulung sind auf der Grundlage der Lernideen im MedienUniversum und der interaktiven App Medienplanet tolle Konzepte für die pädagogische Praxis der Fachkräfte entstanden. Wir würden uns freuen, wenn die Gesundheitsfachkräfte auch in anderen Bundesländern etabliert würden.

TK: Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Grundsätze für Kinder im Umgang mit modernen Medien?

Gillner: Kinder haben ein Recht auf Bildung, Teilhabe und Spiel. Daher sollten Kinder meiner Meinung nach die Möglichkeit haben, moderne Medien neugierig und selbstgesteuert zu entdecken. Unsere Aufgabe als Erwachsene - ob als Eltern oder Pädagoge - ist es, sie dabei altersgerecht zu begleiten. Dazu gehört, sich für das Medienhandeln von Kindern zu interessieren, ihnen geeignete Angebote zur Verfügung zu stellen und selbst ein Vorbild beim Medienumgang (z. B. in Bezug auf Nutzungszeiten oder den Umgang mit Persönlichkeitsrechten) zu sein. 

Kinder sollten auch digitale Medien kreativ und produktiv nutzen dürfen. Gleichzeitig müssen sie für die Risiken insbesondere von Online-Medien sensibilisiert werden. Um dies zu leisten, müssen Eltern und Pädagoginnen ihre eigenen medienbezogenen Kenntnisse und Fertigkeiten regelmäßig aktualisieren. Dabei können wir sie mit unseren medienpädagogischen Angeboten unterstützen. 
 

Hintergrund

Seit 2021 kooperieren die Techniker Krankenkasse, die Universität Greifswald und das Medienzentrum Greifswald e.V. im Bereich Medienbildung. Das TK-MedienUniversum hält zahlreich neue Ideen für eine zeitgemäße Medienbildung parat. Über  das neue Medienkompetenz-Portal der TK können Grundschullehrerinnen und -lehrer fächerübergreifendes, direkt verwendbares Unterrichtsmaterial herunterladen. Es beinhaltet praktische Vorschläge, wie Lehrkräfte die Kinder lebensnah und interaktiv auf das Leben in einer digitalisierten Welt vorbereiten. Die Unterlagen sind in Form einzelner Bausteine konzipiert, die sich ergänzen und je nach Bedarf miteinander kombinierbar sind.