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Grübeln bringt uns nicht nur nachts um den Schlaf, es ist auch ein bekannter Risikofaktor für die Entwicklung von Depressionen. Wer davon betroffen ist, quält sich mit immer neuen Gedanken zum gleichen Thema, ohne eine Lösung zu finden, und gerät oft immer tiefer in eine ängstliche, besorgte Stimmung hinein. Mit Achtsamkeitsübungen lassen sich solche Gedankenzirkel  unterbrechen. Statt sich von den Gedanken treiben zu lassen, wendet sich der Geist den vielfältigen Empfindungen des gegenwärtigen Augenblicks zu. Wir haben den Achtsamkeitsforscher und Psychotherapeuten Prof. Johannes Michalak von der Universität Witten/Herdecke gefragt, wie es zu diesen Effekten kommt. 

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Prof. Dr. Johannes Michalak

Herr Prof. Michalak, was passiert bei einer Achtsamkeitsübung? 

Bei einer Achtsamkeitsübung richte ich meine Aufmerksamkeit bewusst auf das Hier und Jetzt, statt mit meinem Geist in der Vergangenheit oder Zukunft zu sein oder in Gedanken abzuschweifen. Es kann hilfreich sein, seine Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Objekt zu lenken. Wir nennen das einen Anker. Das kann zum Beispiel mein Atem sein. Ich richte dann meine Aufmerksamkeit darauf, wie ich ein- und ausatme. Ich übe so, mir darüber bewusst zu sein, wo ich gerade bin mit meiner Aufmerksamkeit. Wenn ich abschweife, zum Beispiel ins Grübeln oder in andere Gedanken, dann bekomme ich das mit der Zeit besser mit und komme immer wieder geduldig zum Atem zurück. Dadurch komme ich aus dem Schleier der Gedanken und des Grübelns heraus, der mich oft von meinem Erleben in der Gegenwart abschneidet. Wenn wir nachdenken, sind wir nicht im lebendigen Hier und Jetzt. Achtsamkeitsübungen helfen, nicht so stark in Gedanken verhaftet zu sein.

Heißt das, wir sollten gar nicht nachdenken? 

Natürlich ist Denken sinnvoll. Aber es sollte bewusst sein. Bei Achtsamkeit übe ich, dass ich auch wieder heraustreten kann aus dem Denken, statt dass es einfach passiert, ohne dass ich es will. 

Denken sollte bewusst sein. Prof. Johannes Michalak 

Welche Rolle spielen der Körper bei der Achtsamkeit? 

Der Körper ist ein guter Anker für die lebendige Erfahrung im Hier und Jetzt. Wenn ich mich zum Beispiel auf den Atem konzentriere, kriege ich schnell mit, wenn ich in Gedanken abschweife. Der Fokus auf den Körper hilft mir, aus den Gedanken herauszutreten und wahrzunehmen, was gerade im Hier und Jetzt geschieht. 

Auch die Körperhaltung ist von Bedeutung. In der Meditation nimmt man meist eine aufrechte Körperhaltung ein. Die aufrechte Position fördert den wachen, klaren Bewusstseinszustand. Ich verarbeite Information vielleicht etwas positiver, wenn ich so eine aufrechte und würdevolle Haltung annehme. Durch Achtsamkeit kann ich meinen Körper besser spüren. Ich kann dann auch besser die Bedürfnisse meines Körpers wahrnehmen und mit der Lebendigkeit meines Körpers verbunden sein.

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Wie kann mir Achtsamkeit gegen Grübeln helfen?  

Grübeln kann man als ein selbstfokussiertes Denken über Ursachen und Folgen von eigenen Gefühlen oder der eigenen Situation sehen. Gerade depressive Menschen denken zum Beispiel oft etwas wie: Warum werde ich immer verletzt? Warum bin ich jetzt wieder so traurig? Und wenn ihre Traurigkeit nicht weggeht: Werde ich jetzt depressiv? Werden die anderen mich jetzt ablehnen? 

In der Achtsamkeit üben wir, uns den Gedanken, Gefühlen und Empfindungen wohlwollend zuzuwenden, ohne sie zu kontrollieren. Prof. Johannes Michalak 

Manchmal versuchen wir, unangenehme Gedanken und Gefühle wegzudrängen. Grübeln kann auch ein Versuch sein, diese unangenehmen Gedanken und Gefühle wegzudrängen. Das ist nicht günstig. Wenn Sie zum Beispiel eine körperliche Verletzung haben, ist es in der Regel auch nicht produktiv, darüber lange nachzudenken, warum Sie sie haben. Warum passiert mir das so häufig? Was habe ich falsch gemacht? So grübeln wir und machen uns Sorgen, was in Zukunft passieren könnte. Aber das hilft uns nicht weiter. 

Hilfreicher ist es, sich den Gefühlen, Gedanken und Körperempfindungen wohlwollend zuzuwenden, ohne sie kontrollieren zu wollen. Und genau das üben wir mit der Achtsamkeit. 

Was bedeutet es, sich achtsam schwierigen Gefühlen und Gedanken zuzuwenden?  

Wenn man sich dem lebendigen Augenblick achtsam zuwendet, tritt man auf andere Weise mit dem eigenen Zustand in Kontakt: sich öffnend und mitfühlend. Es ist so ähnlich, wie wenn da ein Kind ist, das hingefallen ist und sich verletzt hat. Zu diesem Kind würde man nicht sagen: "Geh weg!" oder "Lass mich in Ruhe!" Man würde auch keine Katastrophe daraus machen. Sondern man würde es auf den Arm nehmen, so wie gute Eltern es tun. 

Das Prinzip ist, sich freundlich dem zu öffnen, das gerade da ist. Prof. Johannes Michalak

Das Prinzip ist, sich freundlich dem zu öffnen, was gerade da ist, und dabei zu wissen: Wir sind alle Menschen, und so geht es allen manchmal. Das heißt, dass man sich in einer unaufgeregten, mitfühlenden Art dem eigenen Erleben zuwendet.

Sie setzen Achtsamkeit auch in der Therapie bei Depressionen ein. Wie funktioniert das? 

Wir setzen die Achtsamkeitsübungen sehr gezielt ein. Im ersten Teil werden die Teilnehmenden durch die Übungen unterstützt, sich nicht so leicht im Grübeln zu verlieren und immer wieder zurückkommen zum gegenwärtigen Augenblick. Im zweiten Teil geht es dann darum, wie sie sich gezielt auch schwierigen Situationen und Emotionen zuwenden können. Sie merken dann zum Beispiel: Ach, ich bin immer noch irgendwie verletzt. Und dann spüren sie besonders hin in die Stellen, an denen sie diese Empfindungen im Körper gerade besonders wahrnehmen. Das kann helfen, den Teufelskreis aus innerer Vermeidung und Grübeln zu lockern.

Warum ist dieses "Hinspüren" wichtig?

Man muss zu den schwierigen Punkten kommen, um sie verlassen zu können. Wenn ich vor den unangenehmen Erfahrungen weglaufe, mache ich es nicht besser. Es fördert das Grübeln und die Sorgen, wenn ich denke, da ist etwas in mir, da kann ich gar nicht hinsehen. Wenn ich mich dem zuwende, verliert dieses Etwas vielleicht seinen Schrecken, und ich kann flexibler darauf reagieren. Ich kann dann sagen: Ich bin von diesen Empfindungen nicht versklavt, ich muss davor keine Angst haben oder vor ihnen weglaufen. Dadurch gewinne ich eine größere innere Freiheit im Umgang mit diesen Zuständen. 

Wenn es nur um unangenehme Empfindungen ginge, wäre Achtsamkeit sicher nicht so verbreitet. Was macht die Achtsamkeit so attraktiv? 

Beim Achtsamkeitsübungen geht es darum, die Gedanken loszulassen und sich zu verbinden mit der Wirklichkeit, also dem, wie es mir gerade jetzt geht. 

Wenn ich das tue, habe ich natürlich nicht nur negative Erfahrungen, sondern auch ganz, ganz viel positive. Ich gucke zum Beispiel gerade aus dem Fenster, sehe Bäume, den offenen Himmel, die Wolken - das ist so schön! Wenn wir nur in unserem Kopf sind, dann kriegen wir diese Vielfalt gar nicht mit.

Meine persönliche Erfahrung ist, dass es auch ganz tiefe Ruhezustände gibt während der Meditation, die man sonst so nicht erlebt, und zugleich eine große Lebendigkeit. Das fühlt sich sehr positiv an. 

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Acht­sam­keit und Medi­ta­tion im Alltag

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