Wo steht Rheinland-Pfalz bei der Digitalisierung?
Interview aus Rheinland-Pfalz
Interview mit Herrn Prof. Dr. Dieter Kugelmann, Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit in Rheinland-Pfalz.

TK: Inwiefern kann das Expertengremium dazu beitragen, die Digitalisierung im Land weiterzuentwickeln und das Vertrauen der Bürger in die digitale Transformation zu stärken?
Prof. Dr. Dieter Kugelmann: Der Digitalrat ist als Beratungsgremium des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Digitalisierung angelegt. Seine Mitglieder kommen aus der Zivilgesellschaft, aus der Wissenschaft, von Institutionen, Verbänden, Gewerkschaften, Medienanstalten und Schulen. Der Digitalrat versammelt unterschiedliche Perspektiven an einem Tisch - durchaus auch solche, die miteinander konkurrieren. Wir denken die Konfliktlinien, die durch die digitale Transformation entstehen können, im Vorfeld politischer Entscheidungen mit. Im Idealfall kann auch der nötige Interessenausgleich schneller und zielgerichteter gelingen.
Prof. Dr. Dieter Kugelmann
TK: Wo steht Ihres Erachtens nach Rheinland-Pfalz bei der Umsetzung der Digitalisierung im Vergleich zu anderen Bundesländern?
Prof. Kugelmann: Viele Digitalisierungsthemen sind bundesweit relevant und werden durch Bundesrecht oder Europarecht geregelt. Für das Land gibt es Spielräume bei der Umsetzung. Aus der Perspektive des Datenschutzes und der Informationsfreiheit kann ich sagen, dass Rheinland-Pfalz schon wichtige Schritte gegangen ist, etwa in der Verwaltungsdigitalisierung. Viele Schritte sind aber auch noch zu gehen.
In der Verwaltungsdigitalisierung ist Rheinland-Pfalz schon wichtige Schritte gegangen.
Als Flächenland mit stark ländlich geprägter Struktur steht Rheinland-Pfalz vor größeren Herausforderungen als ein Stadtstaat, wenn es darum geht, Digitalisierungsprozesse einheitlich und effizient in der Fläche umzusetzen. Ich erlebe aber täglich, dass der Wille dazu da ist. Viele Landkreise, Städte und Verbandsgemeinden gehen die Herausforderung mit Energie und Innovationsfreude an, denn sie haben selbst das größte Interesse an einer gelingenden Digitalisierung, die den Bürgerinnen und Bürgern dient.
TK: Welche Schwerpunkte sehen Sie für eine weitere Digitalisierung des Gesundheitswesens in Rheinland-Pfalz?
Prof. Kugelmann: Der Bund ist aufgrund seiner Gesetzgebungskompetenz gefordert, die Rahmenbedingungen zu schaffen, die es für die produktive Digitalisierung des Gesundheitswesens braucht. Für die Umsetzung vor Ort ist es aus meiner Sicht entscheidend, Praxisbeispiele zu schaffen, die einen echten, spürbaren Mehrwert für alle Beteiligten haben: für Ärztinnen, Apotheker und Patienten. Als Landesdatenschutzbeauftragter bin ich schon früh in den Dialog mit den Ärzte- und Psychotherapeutenkammern getreten.
Hinsichtlich des Dialogs und der gemeinsamen Umsetzung von Projekten ist noch Luft nach oben.
Mit unserer Initiative "Mit Sicherheit gut behandelt" setzen wir uns gemeinsam dafür ein, die Belange des Datenschutzes nah am Praxisalltag der Gesundheitsversorger nach vorne zu bringen. Mein Eindruck ist, dass hinsichtlich des Dialogs und der gemeinsamen Umsetzung von Projekten noch Luft nach oben ist. Wir schaffen Foren für den Austausch, etwa mit der Veranstaltung "ePA für alle - Daten für alle?", die wir am 6. November 2025 gemeinsam mit der Verbraucherzentrale in Mainz organisieren.
TK: Welche Themen sind für Sie als Landesdatenschutzbeauftragter prioritär, wenn es darum geht, die Chancen der Digitalisierung unter Wahrung des Datenschutzes, bestmöglich zu nutzen?
Prof. Kugelmann: Digitalisierung führt dann zum Erfolg, wenn ihr Ziel nicht die bloße Abbildung bestehender analoger Prozesse ist, sondern wenn sie neue, spezifisch digitale Lösungen findet. Künstliche Intelligenz kann dabei einen Beitrag leisten. Aber: Dieser Beitrag muss mit dem Datenschutzrecht vereinbar sein. Ich vertrete die Auffassung, dass das Datenschutzrecht die Vertrauenswürdigkeit von KI befördert. Die Menschen müssen darauf vertrauen können, dass beim Einsatz von Algorithmen und KI ihre Persönlichkeits- und Freiheitsrechte auch Beachtung finden. Dafür sorgt der Datenschutz, gerade im Gesundheitswesen. Für eine menschenzentrierte KI, wie auch die jüngst in Kraft getretene KI-Verordnung sie fordert, sind die Prinzipien des Datenschutzes unerlässlich.
Zur Person:
Prof. Dr. Dieter Kugelmann ist seit dem 1. Oktober 2015 Landesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Rheinland-Pfalz. Er wurde im pfälzischen Landau geboren und studierte in Mainz und Dijon Jura. Zuletzt war er ordentlicher Universitätsprofessor für Öffentliches Recht, mit Schwerpunkt Polizeirecht einschließlich des internationalen Rechts und des Europarechts an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster.