TK: Sie vertreten erneut Ihre Fraktion im Gesundheitsausschuss. Welche Themen werden in Ihrem Zuständigkeitsbereich eine Rolle spielen?

Maria Klein-Schmeink: Die Corona-Pandemie verdeutlicht, wie wichtig eine verlässliche Gesundheitsversorgung ist - und sie hat gnadenlos die Schwachstellen in unserem Gesundheitssystem offenbart: starre Sektorengrenzen, eine unzeitgemäße Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Gesundheitsberufen. Die Sicht der Patientinnen und Patienten wird häufig vernachlässigt und viel zu oft fallen die Interessen von Pflegekräften und anderen Gesundheitsberufen unter den Tisch. Die zusätzlichen pandemiebedingten Ausgaben und der Konjunktureinbruch verschärfen das strukturell bedingte Finanzierungsproblem in der gesetzlichen Kranken- und der sozialen Pflegeversicherung.

Maria Klein-Schme­ink, MdB

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Mitglied im Gesundheitsausschuss für Bündnis 90/Die Grünen

Hier sehe ich die Herausforderungen und freue mich, dass wir vieles davon im Koalitionsvertrag verankern konnten. Jetzt gilt es, die Ziele umzusetzen:
Gesamtgesellschaftliche Aufgaben dürfen nicht länger der Versichertengemeinschaft aufgebürdet werden, sie müssen durch Steuermittel finanziert werden.

Für eine gute und erreichbare Gesundheitsversorgung, gerade auch auf dem Land, sollen Gesundheitsregionen entstehen, in denen alle Gesundheitsberufe Hand in Hand an einer besseren Gesundheitsversorgung vor Ort mitwirken. Gemeindeschwestern und Gesundheitslotsen unterstützen die Menschen vor Ort.

Die alternde Gesellschaft fordert die Sicherstellung selbstbestimmter und bedarfsgerechter Pflege. Hierzu werden in der stationären Pflege die Eigenanteile begrenzt und planbar gemacht, Pflegebedürftige und ihre Angehörigen werden durch ein Entlastungsbudget, regelmäßige Anhebungen des Pflegegeldes und eine Herausnahme der Ausbildungskosten aus den Eigenanteilen entlastet.

Die Digitalisierung muss endlich zum Nutzen der Patientinnen und Patienten vorankommen. Dazu wollen wir eine Digital-Strategie unter Beteiligung der Nutzerinnen und Nutzer auf den Weg bringen und die Gematik zur Digitalagentur im Gesundheitswesen weiterentwickeln.

Zu Stärkung der Patientensouveränität werden wir die Patientenvertretung im Gemeinsamen Bundesausschuss stärken und eine unabhängige und dauerhafte Struktur für die Unabhängige Patientenberatung schaffen. Krankenkassen werden verpflichtet, ihre Service- und Versorgungsqualität regelmäßig anhand von einheitlichen Mindestkriterien offenzulegen. Außerdem brauchen wir ein diverses, inklusives und barrierefreies Gesundheitswesen. Dafür werden wir gemeinsam mit den Beteiligten einen Aktionsplan erarbeiten.

TK: Im Koalitionsvertrag der Ampel werden Reformen für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung der Zukunft angekündigt. In welche Richtung sollte die Krankenhausfinanzierung und Krankenhausplanung aus Ihrer Sicht weiterentwickelt werden?

Klein-Schmeink: In Krankenhäusern sollen alle die Versorgung erhalten, die sie benötigen. Eine kurzfristig eingesetzte Regierungskommission wird Leitplanken für eine auf Leistungsgruppen und Versorgungsstufen basierende und sich an Kriterien wie der Erreichbarkeit und der demographischen Entwicklung orientierende Krankenhausplanung erarbeiten.

Sie legt Empfehlungen für eine Weiterentwicklung der Krankenhausfinanzierung vor, die das bisherige System um ein nach Versorgungsstufen (Primär-, Grund-, Regel-, Maximalversorgung, Uniklinika) differenziertes System erlösunabhängiger Vorhaltepauschalen ergänzt. Zudem wollen wir schnell für eine auskömmliche Finanzierung von Geburtshilfe, Kinder- und Jugendmedizin sowie Notfalleinrichtungen sorgen.

Um die Ambulantisierung bislang unnötig stationär erbrachter Leistungen zu fördern, planen wir für geeignete Leistungen eine sektorengleiche Vergütung durch sogenannte Hybrid-DRG. Perspektivisch wollen wir die ambulante Bedarfs- und stationäre Krankenhausplanung gemeinsam mit den Ländern zu einer sektorenübergreifenden Versorgungsplanung weiterentwickeln.

TK: Die aktuelle Corona Situation macht den großen Bedarf an qualifizierten Pflegekräften in Deutschland besonders sichtbar. Wie kann dieser Bedarf in den nächsten Jahren gedeckt werden?

Klein-Schmeink: Um dem Fachkräftemangel in der Pflege zu begegnen, braucht es einen Dreiklang aus angemessener Vergütung, guten Arbeitsverhältnissen, die eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen und Anerkennung, die sich in der Erweiterung der Kompetenzen zeigt. Wir wollen die Situation in der Pflege schnell und spürbar verbessern, indem wir verbindliche Personalschlüssel für die Pflege im Krankenhaus (Pflegepersonal-Regelung PPR 2.0) und einen Anspruch auf familienfreundliche Arbeitszeiten einführen sowie die Steuerbefreiung von Zuschlägen ausweiten. Mit einem allgemeinen Heilberufegesetz und Verbesserungen bei Aus- und Weiterbildungen schaffen wir Kompetenzausweitungen und Qualifizierungsmöglichkeiten.