Hamburg, 25. September 2025. Heute vor fünf Jahren wurde die erste Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) in das Verzeichnis des Bundesinstituts für Medizinprodukte und Arzneimittel (BfArM) aufgenommen. Die Techniker Krankenkasse (TK) zieht eine durchwachsene Bilanz: Hohe Kosten stehen weiterhin einem oft unzureichend belegten Nutzen für die Gesundheit gegenüber. Um den langfristigen Erfolg der DiGA zu gewährleisten, sind nun klare und verbesserte politische Rahmenbedingungen erforderlich.

"Die Grundidee ist goldrichtig, doch die Umsetzung zeigt immer noch Verbesserungsbedarf", sagt Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. "Sinnvoll eingesetzt können DiGA zu einer besseren und innovativeren Versorgung beitragen. Allerdings müssen auch DiGA sich der Frage nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis stellen. Deshalb brauchen wir rasch eine wirksame Reform der Preisfindung und einen besseren Nutzennachweis."  

Hohe Kosten, schwache Datenlage

Um in den Regelleistungskatalog der GKV aufgenommen zu werden, müssen DiGA ein umfassendes Prüfungsverfahren beim BfArM durchlaufen. Viele DiGA werden dabei im Rahmen einer vorläufigen Erprobungsphase in das Verzeichnis aufgenommen - zunächst für zwölf Monate, maximal jedoch in der Verlängerung für 24 Monate. In den ersten zwölf Monaten können Hersteller die Erstattungssumme bei Verordnung ihrer App frei festlegen, auch ohne gesicherte Evidenz zum Nutzen.  

Der durchschnittliche Herstellerpreis liegt in dieser Zeit bei 540 Euro. Ab dem 13. Monat wird zwischen DiGA-Herstellern und dem GKV-Spitzenverband ein Preis verhandelt, der den Nutzen der App möglichst widerspiegeln soll. Der verhandelte Preis einer dauerhaft im Verzeichnis aufgenommenen DiGA liegt aktuell bei durchschnittlich 229 Euro und somit deutlich unter dem Herstellerpreis. Der höchste Preis einer Anwendung bei Multipler-Sklerose liegt bei 2.077 Euro.

Das Problem: Sämtliche, auch vorläufig im DiGA-Verzeichnis aufgeführte Anwendungen, werden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung von Beginn an erstattungsfähig. Somit fallen auch Kosten für Anwendungen an, die nach Ende der Erprobung keinen Nutzen nachweisen können und aus dem Verzeichnis gestrichen werden. Die Krankenkassen leisten somit einen großen Vertrauensvorschuss, dem die Anwendungen nicht immer gerecht werden.  

"Aktuell trägt die Solidargemeinschaft trotz häufig nicht nachgewiesenem Nutzen die Last für hohe Herstellerkosten, lange Erprobungsphasen und für Ausfallrisiken, wenn Hersteller aus dem Verzeichnis gestrichen werden oder sogar Insolvenz anmelden", so Baas.

TK fordert klare Leitplanken 

Die TK spricht sich deshalb für verbindliche Rahmenbedingungen bei den Preisen und der Evidenz aus:

  • Ein evidenzbasierter Nutzennachweis muss bereits mit der Aufnahme in das Verzeichnis vorliegen.
  • Wirksame Regulierung der DiGA-Preise durch eine Regelung für den Zeitraum zwischen Beginn der Erstattung und Festsetzung der endgültigen Preise. Verhandelte Preise mit Krankenkassen sollten rückwirkend ab dem ersten Tag der Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis gelten.
  • Begrenzte Erprobungsphasen: Verlängerungen dürfen nicht zum Regelfall werden. Heute zahlen Krankenkassen oft bis zu zwei Jahre für Anwendungen ohne belegten Nutzen - das muss gesetzlich enger gefasst werden.
  • Die Möglichkeit für Testzugänge - Versicherte müssen das Recht erhalten, von der Nutzung im Rahmen einer Widerspruchsfrist zurücktreten zu können, ohne dass der Versichertengemeinschaft die vollen Kosten für das Produkt in Rechnung gestellt werden

"Nach fünf Jahren Apps auf Rezept konnten wir viel lernen und Anpassungsbedarfe identifizieren", so Baas. "DiGA können als Brücke zwischen Behandlungs- und Therapieangeboten eine wichtige Rolle einnehmen. Für eine wirtschaftliche Finanzierung im Sinne der Beitragszahlenden braucht es aber von Beginn an klare und evidenzbasierte Zulassungsvoraussetzungen und begrenzte Erprobungsphasen."

Hinweis für die Redaktion

Seit Oktober 2020 können Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten digitale Gesundheitsanwendungen verschreiben. Die Kosten übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen. Aktuell sind 57 Anwendungen im offiziellen Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gelistet.

Bis Ende September 2025 wurden bei der TK mehr als 300.000 Freischaltcodes für DiGA eingelöst und insgesamt ca. 84 Millionen Euro von der TK für DiGA gezahlt.