Die Behandlung in der Medizin, die forschende Wissenschaft und die Technologie an sich befinden sich in einer rasanten Entwicklung. Wir haben die ersten Medikamente gegen Parkinson in der letzten Testphase, die Alzheimer-Forschung ist weit fortgeschritten, mit den ersten Medikamenten im Bereich Darmkrebs kann wesentlich gezielter behandelt werden und durch Corona sind die onkologischen Behandlungsmöglichkeiten mit mRNA-Technologie im medizinischen Sprungniveau.

Tobias Leipold

Tobias Leipold, Moderator des Podcasts "Diagnose: Zukunft", Vice President CGI Deutschland Das Bild ist noch nicht vollständig geladen. Falls Sie dieses Bild drucken möchten, brechen Sie den Prozess ab und warten Sie, bis das Bild komplett geladen ist. Starten Sie dann den Druckprozess erneut.
Moderator des Podcasts "Diagnose: Zukunft", Vice President CGI Deutschland

In der Technologie entdecken wir in der Breite jetzt die Künstliche Intelligenz. ChatGPT, Augmented Reality und Virtual Reality sind nicht nur in den internen IT-Laboren ein Thema. Statt den 5G-Standard zu nutzen, der zugegebenermaßen noch nicht flächendeckend verfügbar ist, plant die vernetzte Welt bereits mit 6G. Manche sprechen sogar von einem neuen Zeitalter in diesen Bereichen, wie seinerzeit von Robert Koch und Virchow.

Und was machen wir aktuell in der Medizin? Wir faxen, wir tragen Arztbriefe auf Papier persönlich zum Arzt. Wir haben Medikationspläne unleserlich handschriftlich ergänzt und erhalten eine CD-ROM nach dem CT-/ MRT-Termin.

Gerade in Zeiten von starkem Arzt- und Fachkräftemangel müssen wir hier aber in den nächsten Tagen, Wochen und Jahren deutlich vorankommen mit der Digitalisierung, damit wir eine sichere, effiziente und qualitativ hochwertige Behandlung sicherstellen können. Dazu braucht es uns alle und ein nahtloses Miteinander von Versicherten, Patientinnen und Patienten, Behandelnden, Kassen und von Land, Bund und Europa. Wir müssen auf allen Ebenen Brücken bauen.

Wie schaffen wir das und was braucht es dazu?

Erlebbaren Nutzen schaffen

Alle Systeme und Innovationen im Gesundheitswesen müssen unabdingbar so gestaltet sein, dass alle Beteiligten an der Behandlung, wie zum Beispiel Hausärztinnen und -ärzten, die Klinik, die Krankenkasse und andere einen nicht nur finanziellen, sondern vor allem auch erlebbaren Nutzen für sich und die Anwender beziehungsweise Patienten spüren. Nur dann werden sie angewendet und schaffen ein eigenständiges Geschäftsmodell.

Systeme interoperabel gestalten

Systeme müssen ausreichend gut miteinander vernetzt und die Prozesse abgestimmt sein, um für einen reibungslosen Datenaustausch zu sorgen - mit einheitlichen und endlich auch länderübergreifenden Standards wie FHIR, SNOMED und Anderen. Teilweise sind wir hier schon auf dem richtigen Weg, aber wir müssen schneller und pragmatischer werden und die alten monolithischen Systeme aufbrechen. Es wird mehr und mehr Spezial-Innovationen und -Systeme geben, die angeschlossen werden müssen.

Es muss ein gesamtheitlicher und übergreifender Überblick über die verschiedenen Prozesse im Gesundheitssystem geschaffen werden, der gesteuert werden muss, um etwaige Redundanzen zu vermeiden. Systeme dürfen nicht nur aus dem Blickwinkel der Patientinnen und Patienten oder Ärztinnen und Ärzten oder der Apotheke entwickelt werden - wir benötigen hier eindeutig eine moderne Brückentechnologie über alle heutigen Silos hinweg.

Systemgrenzen überwinden

Daraus folgt unsere dringendste Aufgabe: Es muss uns endlich gelingen, Systemgrenzen zu überwinden - technologisch und im Kopf! Systemgrenzen in medizinischen Silos - aber auch an den Ländergrenzen. Schauen wir uns beispielsweise die Datenschutzregelungen in Deutschland an: Datenschutz ist unbestritten wichtig. Aber warum müssen einmal für gut befundene Regelungen, 18-mal in den Datenschutzbehörden der Länder neu bewertet werden, und dann sogar gegebenenfalls unterschiedlich?

Warum bündelt man nicht alle Fachpersonen in einer Gruppe und diskutiert zusammen und findet dann gute, pragmatische und anwendbare Lösungen in einer deutlich schnelleren Geschwindigkeit - inklusive Planungssicherheit für alle, so dass man Pilotprojekte in dem einem Bundesland nicht deswegen in dem anderen Bundesland absagen muss? Und wann können elektronische Rezepte länderübergreifend eingelöst oder Patientenakten in unterschiedlichen Ländern eingesetzt werden?

Mut in Bund und Ländern erforderlich

Wir brauchen Mut in der Politik, in Ländern und Bund und auch in der Zusammenarbeit mit Europa. Wir werden dadurch nichts verlieren, sondern wir werden dadurch ein Mehr an Behandlungsqualität, aber auch an wirtschaftlich lohnenswerten Innovationen für alle erzeugen. Es gibt hier in Sachsen-Anhalt und der TK schon großartige Ansätze und Innovationen.

Wir müssen mit guten Beispielen vorangehen und Use Cases schaffen, die allen Leistungserbringern zeigen, dass die Digitalisierung funktioniert und allen etwas bringt. Lassen Sie uns gemeinsam die Chance nutzen, lassen Sie uns die Innovationen Behandlungsrealität werden.

Zur Person

Tobias Leipold ist Vice President der IT-Beratungsfirma CGI Deutschland mit über 15 Jahren Erfahrung im Bereich der Umsetzung von digitalen Strategien im Gesundheitswesen und Podcaster. Er hat im Rettungswesen und in der Klinik gearbeitet, ist studierter Medizin-Manager und baute Unternehmen hin zu zukunftsorientierten Technologiezentren mit strahlender Innovationskraft auf. Darunter fallen Entwicklungen wie die E-Rezept-Technologie, Notaufnahme-Informationssysteme - sowie zahlreiche Forschungsprojekte.