TK: Sie vertreten erneut Ihre Fraktion im Gesundheitsausschuss. Welche Themen werden in Ihrem Zuständigkeitsbereich eine Rolle spielen?

Kathrin Vogler: Wir werden uns weiterhin intensiv für eine solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung einsetzen, in die alle Menschen einbezogen werden. Die Finanzierung des Gesundheitswesens muss dringend auf eine breitere gesellschaftliche Basis gestellt werden. Die Wahlkampfversprechen von SPD und Grünen bezüglich einer Bürgerversicherung sind ja nun leider vom Tisch. Stattdessen ist geplant, die absehbaren Kassendefizite über Steuerzuschüsse auszugleichen, die Koalition sagt aber nicht, wie das nachhaltig finanziert werden soll. 19 Krankenkassen haben inzwischen Beitragserhöhungen angekündigt und für das kommende Jahr wird sogar eine Verdopplung der Zusatzbeitragssätze erwartet.

Kathrin Vogler, MdB

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Sprecherin für Gesundheits- und Queerpolitik der Fraktion "Die Linke"

Dann soll auch die "Schuldenbremse" wieder eingehalten werden, ohne die Steuern für Reiche und Superreiche anzuheben. Das verschärft die soziale Spaltung in diesem Land und die gesundheitliche Ungleichheit, durch die ärmere Menschen ein deutlich höheres Risiko für schwere und chronische Erkrankungen haben und durchschnittlich eher sterben müssen. "Die Linke" setzt sich für eine Gesundheitspolitik ein, die allen Menschen den Zugang zu gesunden Lebensbedingungen, Prävention und qualitativ hochwertiger Versorgung gewährt, unabhängig von ihrem Einkommen.

TK: Im Koalitionsvertrag der Ampel werden Reformen für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung der Zukunft angekündigt. In welche Richtung sollte die Krankenhausfinanzierung und Krankenhausplanung aus Ihrer Sicht weiterentwickelt werden?

Vogler: Das ist ein weiterer wichtiger Schwerpunkt unserer Arbeit: Die Krankenhausplanung und -finanzierung muss sich am Bedarf der Bevölkerung ausrichten, nicht an den Profitinteressen der Krankenhauskonzerne.  Deshalb fordern wir eine Abkehr von der Renditeorientierung der Krankenhäuser und die Abschaffung des Fallpauschalensystems. Die Fehlanreize durch dieses System sind längst nachprüfbar belegt, und die Einführung von Vorhaltepauschalen reicht bei Weitem nicht aus, um die negativen Folgen abzufedern.  Wir werden auch genau beobachten, ob die Koalition wirklich wie versprochen eine bedarfsgerechte Personalbemessung in den Krankenhäusern einführt. Das kann allerdings nur ein erster Schritt sein: Um die vielfach inakzeptablen Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern zu verändern, brauchen wir kurzfristig 100.000 Pflegekräfte mehr und für alle 500 Euro mehr Grundgehalt.

TK: Die aktuelle Corona Situation macht den großen Bedarf an qualifizierten Pflegekräften in Deutschland besonders sichtbar. Wie kann dieser Bedarf in den nächsten Jahren gedeckt werden?

Vogler: Auch in der Langzeitpflege sehen wir einen Mehrbedarf von 100.000 Stellen. Um diesen Bedarf zu decken, müssen die Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte deutlich verbessert werden. Dazu gehören etwa die Vereinbarung flächendeckender Tarifverträge mit auskömmlichen Gehältern und geregelten Arbeitszeiten, die Durchsetzung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse für ambulante Pflegedienste und Solo-Selbständige, kostenlose Aus- und Fortbildungen für die Pflegekräfte und eine angemessene Entlohnung von Arbeitsleistungen während der Ausbildung. Das wären unsere Mindestanforderungen, um den Pflegeberuf für mehr Menschen attraktiver zu machen. Die Pflegeversicherung als Teilleistungsversicherung reicht nicht, um die Pflegekosten zu decken. Immer weniger Menschen können sich eine gute Pflege im Alter leisten, viele müssen sich verschulden oder geraten in die Sozialhilfe. Deshalb fordern wir  eine solidarische Pflege-Vollversicherung, in die alle, auch Beamtinnen und Beamte, Abgeordnete und Selbstständige entsprechend ihrem Einkommen einzahlen - ohne Beitragsbemessungsgrenze. So könnten wir eine verlässliche, gerechte und zukunftsfeste Finanzierung der Pflege sicherstellen, die die Kommunen entlastet und allen  Menschen mit Pflegebedarf ein würdevolles Leben ohne Angst vor Armut ermöglicht.