TK: Derzeit verhandeln Sie die Krankenhausreform mit der Bundesregierung. Steht Niedersachsen zu dem erreichten Grundsatzkompromiss, insbesondere hinsichtlich der Einführung bundesweit einheitlicher Leistungsgruppen?

Dr. Andreas Philippi: Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass die Krankenhausplanung eindeutig und unmissverständlich bei den Ländern verbleibt. Das ist gelungen. Jetzt geht es darum, die Länderbeteiligung auch bei der Ausgestaltung der Leistungsgruppen abzusichern, damit es keine verdeckte Krankenhausplanung vom grünen Tisch in Berlin aus geben kann. Wir haben hier nicht nur ein Mitsprache- sondern auch ein Mitentscheidungsrecht. Im Grundsatz sind wir aber einig, die Leistungsgruppen wie in Nordrhein-Westfalen als Modell zu nehmen und diese weiter auszuarbeiten.  Das wären Stand heute 60 Leistungsgruppen plus den drei Gruppen Allgemeine Kardiologie, Infektiologie und Neuropädiatrie.

Ich habe mich immer dafür eingesetzt, dass die Krankenhausplanung eindeutig und unmissverständlich bei den Ländern verbleibt. Das ist gelungen. Dr. Andreas Philippi, niedersächsischer Gesundheitsminister

TK: Die Länder haben sich in den Verhandlungen um die Krankenhausreform gegen die Einführung bundesweit einheitlicher Level ausgesprochen. In Niedersachsen gibt es Versorgungsstufen, die sich an den Notfallstufen des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) orientieren. Der Bund will dennoch Level einführen. Wie wollen Sie diese Frage für Niedersachsen lösen?

Dr. Philippi: Der Bund hat sich inhaltlich bei seinen Leveln sehr eng an der Konzeption der niedersächsischen Versorgungsstufen orientiert. Ich sehe da kein Problem. Für Qualitätsstandards, Vergütung oder Krankenhausplanung sollen die Level auch keine Bedeutung haben.

Dr. Andreas Phil­ippi

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Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung

TK: Die Umsetzung des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes (NKHG) in vollem Gange. Wenn die Reform des Bundes kommt, stehen wir dann gleich vor der nächsten Reform?

Dr. Philippi: Beide Reformen passen vom Zuschnitt her gut zusammen. Niedersachsen hat vorgearbeitet und in der Bundesreform steckt viel Niedersachsen. Unser neues Krankenhausgesetz ist die Grundlage für den weiteren Weg. Den werden wir über die bereits entworfene Verordnung dann konsequent weiter beschreiten, wenn wir die letzten Details der Bundesreform kennen. Das ist unerlässlich, denn schließlich sprechen wir nicht ausschließlich über eine Struktur- oder Qualitätsreform, sondern auch um eine Finanzierungsreform. Wir wollen und wir müssen raus aus der Ökonomisierungsspirale durch reine Fallpauschen und hin zu einem Mischsystem aus Vorhaltevergütung plus DRGs. Das wäre ein grundlegender Paradigmenwechsel. Es dürfte einleuchten, dass wir darüber Klarheit haben müssen.

Niedersachsen hat vorgearbeitet und in der Bundesreform steckt viel Niedersachsen. Dr. Andreas Philippi, niedersächsischer Gesundheitsminister

TK: Stichwort Krankenhausinvestitionsmittel: Die Krankenkassen und die Krankenhäuser fordern einen deutlichen Aufschlag, auch um die Transformationskosten der Krankenhausreformen zu finanzieren. Wie wird sich die Investitionskostenfinanzierung in Niedersachsen entwickeln?

Dr. Philippi: Es ist sehr nachvollziehbar, dass mehr Gelder für Investitionen gefordert werden. Es gibt unabweisbar hohe Bedarfe. Daher haben wir den Topf auch mit zusätzlichen Geldern gefüllt. Aktuell haben wir in den Jahren 2023 bis 2027 insgesamt rund 1 Milliarden Euro für Krankenhausbaumaßnahmen zur Verfügung. Das ist übrigens schon einmal einiges mehr als in den Vorjahren. Ohne den aktuell laufenden Haushaltsplanberatungen etwas vorweg zu nehmen: Wir planen, diese Mittel noch einmal zu erhöhen. Die Landesregierung ist sich ihrer Verantwortung bewusst, darauf können sich alle Beteiligten verlassen. Wir haben aber auch eine viel größere weil akute Baustelle vor der Hand, und das sind die immensen Betriebskosten. Die Kombination der Krisen von Corona und Energiepreissteigerungen plus Fachkräftemangel bringt viele Häuser in enorme finanzielle Schwierigkeiten. Viele Träger werden das auf Dauer nicht stemmen können. Daher muss der für die Betriebskosten zuständige Bund schnell frisches Geld zuschießen, um Pleiten zu verhindern. Gerade mit Blick auf eine gelingende Krankenhausreform können wir uns eine Pleitewelle nicht erlauben. Als erste Akutmaßnahme müssen daher schnell die 2,5 Milliarden aus dem Energiefonds fließen. Die Absage des Bundes an ein Nothilfeprogramm für bedrohte Kliniken halte ich für einen schweren Fehler. Wir appellieren nachdrücklich an den Bundesfinanzminister, ein Nothilfeprogramm Krankenhäuser im Vorgriff auf die Krankenhausreform aufzulegen.

Wir appellieren nachdrücklich an den Bundesfinanzminister, ein Nothilfeprogramm Krankenhäuser im Vorgriff auf die Krankenhausreform aufzulegen. Dr. Andreas Philippi, niedersächsischer Gesundheitsminister