Verbrühungen und Verbrennungen sind die zweithäufigste Unfallursache im Kleinkindalter, die im Haushalt passieren. Sie gehören zu den schwersten und nachhaltigsten Traumata.

In Deutschland erleiden ungefähr 7.000 Kinder pro Jahr schwere thermische Verletzungen durch heiße Flüssigkeiten, Feuer oder Strom. Bei etwa 1.000 Kindern sind die Verbrennungen so schlimm, dass sie in speziellen Verbrennungszentren behandelt werden müssen, die sowohl in räumlicher als auch personeller Ausstattung auf die Versorgung von schwerbrandverletzten Kindern eingestellt sind. Am Klinikum Kassel werden jährlich über 100 Kinder mit derartigen Verletzungen behandelt.

Seelische und körperliche Beeinträchtigungen

Im Zentrum für schwerbrandverletzte Kinder im Klinikum Kassel werden Kinder aller Altersstufen mit thermischen Verletzungen jeglicher Ausdehnung behandelt. Da derartige Verletzungen sowohl schwere psychische als auch körperliche Beeinträchtigungen (Narbenbildung) zur Folge haben können, muss bei der Behandlung immer die individuelle Situation des betroffenen Kindes berücksichtigt werden, um dauerhaft ein ästhetisch und funktionell optimales Ergebnis zu erreichen.

Selbsthilfeorganisation "Paulinchen"

"Unser allerwichtigstes Anliegen muss es sein, diese Unfälle zu vermeiden. In enger Zusammenarbeit mit der Eltern-Selbsthilfeorganisation "Paulinchen" betreiben wir Aufklärung und Prophylaxe für Kinder, Eltern und Institutionen in der Region", sagt Oberarzt Dr. Andreas Strack, Leiter der Verbrennungsstation. In der modernen Verbrennungsmedizin sind verschiedene Verfahren im Einsatz. Eine zeitgerechte Abtragung des zerstörten Gewebes und eine für den Einzelfall angepasste Form der Hautdeckung sind Bestandteile der Therapie. Diese kann in Form einer resorbierbaren Wundauflage oder bei tieferen Verletzungen in Form der Spalthauttransplantation erfolgen. Bei sehr großflächigen Verletzungen - wenn mehr als 60 Prozent der Körperoberfläche von Verbrennungen betroffen ist - kann auch die Züchtung von Hautzellen aus einem gesunden Hautareal des verletzten Kindes notwendig werden.

"1996 wurde unser nach modernsten Gesichtspunkten geplantes Zentrum in Kassel eröffnet. Hier kann das Kind, wenn es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen doch zu einem Unfall kommt, die bestmögliche Therapie erhalten. Dieses Zentrum ist sowohl in räumlicher als auch personeller Ausstattung auf die Versorgung von schwerbrandverletzten Kindern eingestellt. Ein zusätzlicher Vorteil besteht darin, dass sämtliche in einem Klinikum der Maximalversorgung vorhandenen Großgeräte genutzt werden können", sagt Dr. Strack.

Multiprofessionelles Team

Am Klinikum Kassel stehen in einer abgetrennten und klimatisierten Schwerbrandverletzteneinheit zwei Intensivbetten für die Akutversorgung einschließlich der Behandlung der Verbrennungskrankheit, für die Schockbekämpfung sowie Beatmungstherapie, die Diagnostik und Überwachung zur Verfügung. Zur Behandlung eines schwerbrandverletzten Kindes ist ein eingespieltes multiprofessionelles Team auf hohem Niveau nötig. Das Team am Klinikum Kassel setzt sich aus Kinderchirurgen, Kinderanästhesisten und -intensivmedizinern, Physio- und Ergotherapeuten, Bandagisten, einem Sozialarbeiter, Lehrer, Psychologen und Kinderkrankenschwestern zusammen.

Die Organisation des Zentrums und aller operativen Maßnahmen ist Aufgabe der Kinderchirurgen. Die Kinderanästhesisten und -intensivmediziner behandeln die Verbrennungskrankheiten und führen die Schmerztherapie sowie notwendige Narkosen durch. Für Übungs-, Schienen- und Lagerungsbehandlungen sind die Physio- und Ergotherapeutinnen verantwortlich. Bandagistinnen sind für die notwendige Kompressionsversorgung zuständig. Sozialarbeiter, Lehrer und Psychologen helfen bei der emotionalen Verarbeitung des Unfallgeschehens und den daraus erwachsenden Folgen für die Kinder und deren Angehörige. Die Kinderkrankenschwestern versorgen die Patienten pflegerisch alters- und fachgerecht, leiten die Eltern an und koordinieren die einzelnen Disziplinen.

Zentrum für Schwerbrandverletzte Kinder am Klinikum Kassel

Das Zentrum für schwerbrandverletzte Kinder am Klinikum Kassel leitet der Kinderchirurg Dr. Andreas Strack. Klinikdirektor ist Dr. Kay Großer. Die Schwerbrandverletzteneinheit ist an die Zentrale Vermittlungsstelle von Schwerbrandverletzten in Hamburg angeschlossen, der zentralen Erfassungsstelle aller schwerbrandverletzten Kinder in Deutschland. Außerdem ist die Einheit Mitglied in der Arbeitsgruppe "Das schwerbrandverletzte Kind" der deutschen Gesellschaft für Verbrennungsmedizin.