TK: Frau Gaedigk, was ist der spannendste Aspekt im Amt einer Patientenbeauftragten?

Ursula Gaedigk: Als Patientenbeauftragte informiere und berate ich Patientinnen und Patienten zu Fragen der gesundheitlichen Versorgung, damit sie ihre Rechte wahrnehmen und gut informierte Entscheidungen treffen können. Oft weisen die Erfahrungen von Patientinnen und Patienten auch über den einzelnen Fall auf Probleme im Gesundheitswesen hin. Im Amt der Patientenbeauftragten ist es besonders spannend, das Erfahrungswissen von Patientinnen und Patienten an Akteurinnen und Akteure des Gesundheitswesens weiterzugeben und damit die Stimme der Betroffenen zu verstärken. Das ist wichtig, denn es kann wesentlich zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung beitragen, die Qualitätsmaßstäbe und Bedürfnisse von Patientinnen und Patienten systematisch zu berücksichtigen.

Ursula Gaedigk

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Patientenbeauftragte für Berlin

Die stark arbeitsteilige, in Sektoren untergliederte medizinische Versorgung bereitet Patientinnen und Patienten immer wieder Probleme. Ursula Geadigk

TK: Mit welchen Anliegen wenden sich Patientinnen und Patienten an Sie?

Gaedigk: Viele Ratsuchende vermuten einen Behandlungsfehler. Sie möchten wissen, wie sie feststellen können, ob es sich tatsächlich um einen Fehler handelt und wie sie weiter vorgehen können. Ein weiteres häufiges Problem stellt die Suche nach einer wohnortnahen hausärztlichen Versorgung oder einem zeitnahen fachärztlichen Termin dar. Menschen mit Anforderungen an die Barrierefreiheit der Versorgung stehen dabei vor besonderen Herausforderungen. Viele Fragen gibt es auch rund um das Thema Pflege, von der Suche nach einem Pflegedienst über Konflikte mit der Pflegekasse bis hin zu Beschwerden über Pflegefehler. Aus den Krankenhäusern berichten Patientinnen und Patienten über lange Wartezeiten in den Notaufnahmen und fehlendes Entlassmanagement.

TK: Wo sehen Sie den größten Verbesserungsbedarf im Berliner Gesundheitswesen, auch im Vergleich zur Versorgung im Umland?

Gaedigk: Aus Berliner Sicht halte ich mehr sektorenübergreifende Kooperation in der regionalen Gesundheitsversorgung für notwendig. Denn die stark arbeitsteilige, in Sektoren untergliederte medizinische Versorgung bereitet Patientinnen und Patienten immer wieder Probleme. Viele Betroffene managen kompetent ihre Versorgung zwischen fachärztlicher, stationärer und pflegerischer Versorgung. Aber viele sind damit auch überfordert. Sie benötigen patientenzentriert kooperierende professionelle Partner zwischen Klinik und Praxis, die Probleme im Behandlungsprozess lösen. Angesichts der demografischen Entwicklung ist außerdem die Fachkräftesicherung eine wesentliche Herausforderung für die Sicherstellung der Versorgung.

Zur Person

Ursula Gaedigk ist Patientenbeauftragte für Berlin in der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit, Pflege und Gleichstellung. Die Diplom-Politikwissenschaftlerin war nach einer Station in der Forschung als wissenschaftliche Referentin im Bundestag und im Abgeordnetenhaus von Berlin tätig. Dort verantwortete sie die Politikfelder Gesundheit, Pflege und Soziales. Bis 2021 war sie Referentin des Staatssekretärs für Gesundheit in der Senatsverwaltung. Von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. wurde sie benannt, die Interessen von Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen im Gemeinsamen Bundesausschuss zu vertreten.