Kiel, 28. Juni 2023. Immer mehr Studierende in Schleswig-Holstein erhalten Antidepressiva. Das zeigt der heute vorgestellte Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK). Demnach ist der Anteil der Studierenden, die Antidepressiva verordnet bekommen haben, von 2019 auf 2022 um 40,5 Prozent gestiegen. Im Ländervergleich liegt Schleswig-Holstein zudem bei den Verordnungen ganz vorne. Insgesamt 5,2 Prozent der Studierenden bekamen 2022 mindestens ein Rezept gegen Depressionen verschrieben. Im Saarland und in Brandenburg war der Anteil der Studierenden mit Antidepressiva-Verordnung mit 4,1 bzw. 4,2 Prozent am geringsten. Der bundesweite Schnitt liegt bei 4,8 Prozent.

Betrachtet man die Medikamenten-Verordnungen zur Behandlung des Nervensystems insgesamt, liegt Schleswig-Holstein im Ländervergleich ebenfalls vorne. 12,8 Prozent der Studierenden bekamen 2022 ein entsprechendes Rezept verschrieben. Auch im Vergleich zu 2019, also der Zeit vor der Corona-Pandemie, zeigen die Auswertungen einen deutlichen Anstieg - und zwar um 16,4 Prozent bei den Studierenden in Schleswig-Holstein.  

Erschöpfung durch Stress

Die Entwicklung der Medikamenten-Verordnungen spiegelt sich auch in den Ergebnissen einer aktuellen bundesweiten Forsa-Befragung wider, welche die TK zum Thema Studierendengesundheit in Auftrag gegeben hat. Demnach fühlen sich 68 Prozent der angehenden Akademikerinnen und Akademiker aufgrund von Stress erschöpft. 2015 waren es 44 Prozent. Daneben klagen 59 Prozent der Befragten über Kopfschmerzen (2015: 47 Prozent), von Rückenschmerzen sind 55 Prozent betroffen (2015: 40 Prozent) und 53 Prozent leiden unter Konzentrationsstörungen (2015: 21 Prozent). 

Als mögliche Gründe für den deutlich schlechteren Gesundheitszustand der Studierenden nennt Sören Schmidt-Bodenstein, Leiter der TK-Landesvertretung Schleswig-Holstein, gleich mehrere: "Der hohe Leistungsdruck, Prüfungsangst sowie finanzielle Nöte haben einen Einfluss auf die Gesundheit der Studierenden. Auch die Doppelbelastung von Arbeit, Beruf und mitunter bereits eigenen Kindern ist schwierig zu stemmen", sagt er. Auch die Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie wirkten noch nach. 35 Prozent der befragten Studierenden geben an, dass sie sich durch die Folgen der Pandemie belastet fühlen. Fehlende soziale Kontakte führten zu Einsamkeit, weniger Bewegung und längeren Bildschirmzeiten. Doch die digitale Lehre sollte man nicht gleich verteufeln, so Schmidt-Bodenstein weiter. "Auf der einen Seite sorgt die aktuelle digitale Lehre für weniger gemeinsame Zeit mit den Kommilitonen. Gleichzeitig schafft sie durch das Wegfallen der Anfahrtswege und flexible Zeiten mehr Freiräume, die wiederum für Sport, Familie und Hobbys genutzt werden können."

Bewegter Campus und Anti-Stress-Training für Studierende

Um die Studierenden an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) zwischen den Vorlesungen in Bewegung zu bringen, baut die TK derzeit gemeinsam mit dem Allgemeinen Hochschulsportverband und dem Hochschulsport der CAU einen bewegten Campus auf. Reckstange, Bodentrampolin und Co. sollen zwischen dem stundenlangen Sitzen in der Bibliothek eine bewegte Pause ermöglichen. Auch bei den psychischen Belastungen bietet die TK gezielt Hilfe an. Das siebenwöchige Seminar TK-MentalStrategien  ist ein Anti-Stress-Training speziell für Studierende. Ein gutes Zeit- und Lernmanagement ist ebenso Bestandteil des Programms wie Entspannungsübungen. Außerdem zeigt das Seminar nachhaltige Wege auf, sich vor Stress zu schützen oder Prüfungsangst zu bewältigen. Das Seminar ist für alle Studierenden offen - ganz gleich, ob sie TK-versichert sind oder nicht. 

Analog zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) bietet die TK auch Studentisches Gesundheitsmanagement (SGM) an. An mehreren Hochschulen - darunter die Universität zu Lübeck sowie die FH Westküste - werden verschiedene Projekte zu Themen wie Ernährung, Bewegung und mentale Gesundheit umgesetzt, um gesundheitsfördernde Strukturen an den Hochschulen zu unterstützen. "Um eine gesundheitsförderliche Gestaltung der Lehre zu gewährleisten, schulen wir unsere Dozierenden, um deren Sensibilität für Elemente wie konstruktive Feedbackgabe zu stärken. Zudem planen wir aktuell eine Umgestaltung des Campus, um einerseits die Ergonomie zu verbessern, andererseits dem Bedürfnis nach mehr Rückzugs- und Begegnungsmöglichkeiten gerecht zu werden", nennt Prof. Dr. Susanne Liebermann vom Fachbereich Wirtschaft (Professur für Personalmanagement und Unternehmensführung) an der Fachhochschule Westküste einige Beispiele. Mehr zum Thema SGM und Studierendengesundheit erzählen Sie und Simone Buuck vom Betrieblichen Gesundheitsmanagement an der FH ausführlich in einem  Interview .

Hinweis für die Redaktionen

Interview zur Studierendengesundheit an der Universität zu Lübeck 

Für den Gesundheitsreport 2023 wertete die TK die Krankschreibungen der 5,6 Millionen bei der TK versicherten Erwerbspersonen aus. Dazu zählen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und Empfänger von Arbeitslosengeld I. Für das Schwerpunktthema "Gesundheit Studierender" wurden zudem die Arzneimittelverordnungen sowie ambulante Diagnosedaten von Studierenden im Alter zwischen 20 und 34 Jahren mit eigener TK-Versicherung in den Jahren 2006 bis 2022 ausgewertet. Zusätzlich hat das Meinungsforschungsinstitut Forsa für die repräsentative Umfrage im Auftrag der TK vom 5. bis 20. Januar 2023 telefonisch bundesweit insgesamt 1.000 Studierende ab 18 Jahren zu ihrer Gesundheit befragt. Die Vergleichszahlen stammen aus dem TK-Campus-Kompass aus dem Jahr 2015. Die digitale Pressemappe mit dem Report gibt es auf dem Presseportal der TK. Informationen und Angebote zur Gesundheitsförderung für Hochschulen stellt das Lebensweltenportal der TK bereit. 

2022 wohnten in Schleswig-Holstein rund 258.000 Erwerbspersonen im Alter zwischen 15 und unter 65 Jahren mit Versicherung bei der TK. Etwa 24,5 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten des Bundeslandes waren bei der Techniker Krankenkasse versichert.