Erfurt, 27. Juli 2023. Statistisch gesehen erhielt im Jahr 2022 jede gesetzlich versicherte Person in Thüringen 11,8 Arzneimittel-Verordnungen, 5,4 Prozent mehr als 2021. Pro Person wurden Arzneimittel im Wert von 845,50 Euro verordnet (Bruttoumsatz), ein Plus von 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit nimmt Thüringen erneut einen der vorderen Plätze im Länderranking ein. Im Bundesdurchschnitt wurden Arzneimittel im Wert von 743,28 Euro je Versicherte bzw. Versicherter verordnet. Das berichtet die Techniker Krankenkasse (TK) in Erfurt und beruft sich auf aktuelle Daten des GKV-Spitzenverbandes.

Auch der Arzneimittel-Bruttoumsatz insgesamt stieg gegenüber dem Vorjahr, und zwar um 5,4 Prozent. Gesetzlich versicherte Thüringerinnen und Thüringer bekamen im Jahr 2022 Medikamente im Wert von über 1,6 Milliarden Euro verordnet.

"Im Zehnjahresvergleich wird der aktuelle Trend noch deutlicher. 2012 wurden in Thüringen Arzneimittel im Wert von 592 Euro je gesetzlich versicherte Person verordnet. Das waren knapp 43 Prozent weniger als vergangenes Jahr", sagt Guido Dressel, Leiter der TK-Landesvertretung Thüringen. "Ein so großer Sprung lässt sich nicht allein durch den demografischen Wandel begründen. Damit immer höhere Ausgaben nicht immer höhere Beitragssätze für Versicherte zur Folge haben, müssen auch im Arzneimittelbereich Einsparmöglichkeiten realisiert werden. Dass die finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenversicherung schwierig ist, wird derzeit häufig in verschiedenen Zusammenhängen thematisiert."

Transparente Preisfindung und reduzierte Umsatzsteuer auf Arzneimittel nötig 

Der Großteil der Kostensteigerung bei Medikamenten ist auf neu auf den Markt kommende, patentgeschützte Medikamente zurückzuführen. In den ersten sechs Monaten nach der Markteinführung können Hersteller frei festlegen, wieviel ein neues Medikament kostet. 

"Die Preisbildung für diese Arzneimittel muss sich dringend ändern. Es kann nicht sein, dass die Hersteller völlig intransparent einen Preis festlegen können, der sich nicht an den tatsächlichen Forschungskosten und am tatsächlichen Nutzen orientiert. Wir brauchen langfristig objektive Kriterien für die Preisbildung", sagt Dressel.

Der aktuelle TK-Report " Arzneimittel-Fokus - Pillen, Preise und Patente " zeigt, dass viele angebliche Arzneimittelinnovationen, für die die Versichertengemeinschaft viel Geld bezahlt, gar keine Innovationen sind.

"Bis das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz, kurz AMNOG, reformiert ist, brauchen wir kurzfristige Maßnahmen, um die überdurchschnittlich steigenden Kosten zu reduzieren. Besonders wirksam wäre ein ermäßigter Umsatzsteuersatz von sieben Prozent für alle Arzneimittel. Mir erschließt sich nicht, wieso dieser für Tierarzneimittel bereits gilt, für die Humanmedizin aber nicht."

Hinweis für die Redaktion

Die Statistik, auf die sich die TK bezieht, findet sich unter www.gkv-gamsi.de und wird jährlich vom GKV-Spitzenverband veröffentlicht.

Die Anzahl der Medikamentenverordnungen entspricht im Fertigarzneimittelmarkt der Anzahl der entsprechenden Packungen.