TK: Frau Dr. Lehrke-Strothotte, seit Februar können TK-Versicherte in Schleswig-Holstein mit Verdacht auf eine Herzerkrankung eine schonende Alternative zur Herzkatheter-Untersuchung in Anspruch nehmen. Was genau sind ein Kardio-MRT bzw. ein Kardio-CT?

Dr. med. Stephanie Lehrke-Strothotte: Beide - sowohl die Kardio-CT als auch die Kardio-MRT- gehören zu den bildgebenden Untersuchungsmethoden des Herzens. Sie ermöglichen uns, unterschiedliche Herzerkrankungen zu erkennen. 

Bei der Computertomographie des Herzens (Kardio-CT) geht es in erster Linie darum, die Herzkranzgefäße zu untersuchen, um Ablagerungen und Engstellen zu erkennen - die sogenannte koronare Herzerkrankung (KHK), die mit ihren Folgeschäden wie Herzinfarkten oder einer Herzschwäche nach wie vor die häufigste Todesursache in Deutschland darstellt. Die Untersuchung wird an Hochleistungs- Computertomographen durchgeführt, welche bestimmte technische Voraussetzungen erfüllen müssen, um eine aussagekräftige diagnostische Bildqualität zu gewährleisten. Wie bei jeder CT-Untersuchung wird zur Erzeugung der Bilder Röntgenstrahlung eingesetzt. 

Im Vergleich zu einer Herzkatheteruntersuchung entfallen die prozeduralen Risiken wie zum Beispiel Verletzungen im Bereich der Punktionsstelle oder durch den Katheter ausgelöste Herzrhythmusstörungen.  Dr. med. Stephanie Lehrke-Strothotte

Die Magnetresonanztomographie (auch "Kernspintomographie") des Herzens (Kardio-MRT) liefert uns exzellente Informationen über die Pumpfunktion des Herzens einschließlich der Herzklappen und dient insbesondere dazu, Erkrankungen des Herzmuskels zu erkennen. Dies umfasst zum Beispiel entzündliche Veränderungen oder auch Vernarbungen als Folge eines Herzinfarktes. Eine wichtige Anwendung findet die Kardio-MRT auch bei der Frage nach Durchblutungsstörungen des Herzens, ausgelöst durch eine Verengung der Herzkranzgefäße. Auch hier sind speziell ausgestattete MRT-Scanner notwendig, um die Untersuchung mit der erforderlichen Qualität durchführen zu können. Im Gegensatz zur CT werden in der MRT keine Röntgenstrahlen eingesetzt. Die Erzeugung der Bilder beruht auf komplexen physikalischen Vorgängen durch die Einbringung des Körpers in ein Magnetfeld und die Anregung mit Radiofrequenzpulsen. 

TK: Was ist Ihrer Ansicht nach der große Vorteil des modernen Diagnostik-Verfahrens - des Kardio-CT?

Lehrke-Strothotte: Die Kardio-CT hat sich in den letzten Jahrzehnten durch den technischen Fortschritt der CT-Scanner zu einer Methode entwickelt, die eine sichere Diagnose der koronaren Herzerkrankung erlaubt. Durch die direkte Abbildung der Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen und der daraus entstehenden Verengungen können für jeden Patienten und jede Patientin gezielte Therapiestrategien entwickelt werden. Hierzu gehören insbesondere auch Medikamente, die ein Fortschreiten der Ablagerungen und das Auftreten eines Herzinfarktes verhindern können. Umgekehrt können wir sagen, dass Personen, die keine Auffälligkeiten in der Kardio-CT zeigen, ein äußerst geringes Risiko haben, in den nächsten zehn bis 15 Jahren einen Herzinfarkt zu erleiden. 

Aufgrund des auch wissenschaftlich sehr gut untermauerten Nutzens hat die Kardio-CT als Methode der ersten Wahl zur Abklärung bei Patienten und Patientinnen mit dem Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung mittlerweile Eingang in zahlreiche nationale und internationale Leitlinien verschiedener medizinischer Fachgesellschaften gefunden.

TK: Warum gelten die Untersuchungen als besonders schonend und komplikationsarm?

Lehrke-Strothotte: Sowohl die Kardio-CT als auch die Kardio-MRT sind nicht-invasive Untersuchungsmethoden. Im Vergleich zu einer Herzkatheteruntersuchung entfallen damit die prozeduralen Risiken wie zum Beispiel Verletzungen im Bereich der Punktionsstelle oder durch den Katheter ausgelöste Herzrhythmusstörungen.

Schwere Nebenwirkungen durch die CT- und MRT-Kontrastmittel oder die manchmal erforderlichen Medikamente sind sehr selten. Nach der ambulant durchgeführten Untersuchung können die Patienten und Patientinnen in aller Regel ihrem Tagesgeschäft ohne Einschränkungen nachgehen.   

Gerade in ihren Anfangszeiten stand die Kardio-CT wegen der hohen Belastung durch Röntgenstrahlen in der Kritik. Durch die technischen Weiterentwicklungen in den letzten Jahrzehnten konnte die erforderliche Strahlendosis glücklicherweise deutlich reduziert werden. Bei den modernen CT-Scannern heutzutage liegt die Strahlendosis für eine Kardio-CT in etwa im Rahmen der einer diagnostischen Herzkatheteruntersuchung und fällt in Einzelfällen auch deutlich niedriger aus.

TK: Welche Rolle spielt die Telemedizin in dem neuen Versorgungsangebot?

Lehrke-Strothotte: Wir bieten die Untersuchungen - Kardio-CT und Kardio-MRT- ja an unseren Standorten in Kiel und auch in Flensburg an. Die Betreuung und die Befundung der Herzuntersuchungen erfolgen an beiden Standorten durch Radiologen und Radiologinnen, die über eine spezielle Zusatzqualifizierung der Deutschen Röntgengesellschaft für die Herzbildgebung verfügen. Ein gemeinsames elektronisches Bildarchivierungssystem ermöglicht von beiden Standorten den Zugriff auf alle Untersuchungen und damit auch einen fachlichen Austausch. Im Hinblick auf die Versicherten können darüber hinaus telemedizinische Angebote zum Beipspiel zur Befundbesprechung vorgehalten werden.

TK: Sie sind selbst zugleich sowohl Fachärztin für Radiologie als auch Fachärztin für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie - eine eher seltene Facharzt-Kombination. Warum haben Sie sich dazu entschieden und wie kann das insbesondere bei diesem neuen Versorgungsangebot den Patientinnen und Patienten zugutekommen?

Lehrke-Strothotte: Bereits während meine Facharztweiterbildung in der Kardiologie hatte ich das Glück, mich sowohl in der klinischen Anwendung, als auch wissenschaftlich intensiv mit den damals relativ neuen Verfahren Kardio-CT und Kardio-MRT beschäftigen zu dürfen. Meine Begeisterung für die bildgebende Diagnostik war damit geweckt und ich entschloss mich, eine Facharztweiterbildung in der Radiologie anzuschließen. Seitdem bin ich als Radiologin tätig, wobei mir die Herzbildgebung immer ein besonderes Anliegen war und ist. Bei der Interpretation der Befunde und der Kommunikation der Ergebnisse und weiterführender Empfehlungen gegenüber den Patienten und Patientinnen und den zuweisenden Kollegen und Kolleginnen hilft mir meine klinische Erfahrung sehr und ich hoffe natürlich, dass sich dies auch in der Qualität der Patientenversorgung widerspiegelt.