"Nachhaltigkeit ist ein strategisches Thema in der TK"
Interview aus Bayern
Dr. Sarah Elena Windolph-Lübben leitet das Nachhaltigkeitsmanagement der TK. Im Interview erläutert sie, welche Ziele die TK beim Klimaschutz verfolgt, welche Möglichkeiten und Herausforderungen das Thema Nachhaltigkeit bietet und wie sie persönlich damit umgeht.
TK: Was bedeutet Nachhaltigkeit aus Sicht der TK?
Dr. Sarah Elena Windolph-Lübben: Nachhaltigkeit ist für uns die Balance aus ökologischen, sozialen und ökonomischen Aspekten. In unserer Nachhaltigkeitsstrategie berücksichtigen wir unsere eigene Geschäftstätigkeit als gesetzliche Krankenkasse, aber darüber hinaus auch unsere Rolle als Partner im Gesundheitswesen. Daraus haben wir vier Handlungsfelder abgeleitet, das sind: Klima- und Umweltschutz in der TK, Nachhaltigkeit in der Beschaffung, Verantwortung als Arbeitgeber und Nachhaltigkeit in Gesundheitswesen und Gesellschaft. Für die Handlungsfelder haben wir strategische Ziele abgeleitet.
TK: Wie implementieren Sie diese Ziele?
Dr. Windolph-Lübben: Zunächst einmal ist Nachhaltigkeit ein strategisches Thema in der TK, das zentral im Nachhaltigkeitsmanagement verortet ist, initiiert von unserem Vorstand Thomas Ballast. Das heißt, wir entwickeln für das gesamte Unternehmen Ziele und begleiten deren Umsetzung. Ganz konkret bedeutet das, dass wir Projekte und Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz einführen, definieren, wie und wo wir Nachhaltigkeit im Einkauf berücksichtigen, unseren Mitarbeitenden gute, nachhaltige Arbeitsbedingungen bieten, Impulse für Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen setzen und Versicherte sensibilisieren. Das wird unterstützt durch jährliche konkrete Nachhaltigkeitsziele in den Geschäftsbereichen der TK.
Dr. Sarah Elena Windolph-Lübben
Bis 2030 streben wir CO2-bzw. Treibhausgas-Neutralität an.
TK: Welche Maßnahmen setzt die TK bereits um? Und wo gibt es bei diesem Thema noch Grenzen?
Dr. Windolph-Lübben: Wir haben beispielsweise flächendeckend auf Ökostrom umgestellt und unser Rechenzentrum modernisiert, das nun eine deutlich höhere Energieeffizienz aufweist. Bis 2030 streben wir CO2- bzw. Treibhausgas-Neutralität an. Das bedeutet, dass wir als TK nicht mehr CO2 ausstoßen wollen als aufgenommen werden kann. Dabei ist es unser vorrangiges Ziel, unseren Fußabdruck so weit wie möglich aus eigener Kraft zu reduzieren, zum Beispiel indem wir Photovoltaik-Anlagen und steuerbare Thermostate zur Heizungssteuerung installieren und den Papierverbrauch senken. Zusätzlich unterstützt die TK Projekte, die dem Klimaschutz dienen, um dadurch parallel zu unseren Reduktionsmaßnahmen den CO2-Ausstoß auszugleichen.
Nicht zuletzt schaffen wir ein gesundes, faires und diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld.
Außerdem stellt die TK Anforderungen mit Blick auf ökologische und soziale Standards an Lieferanten, beispielsweise in Form von Eignungsanforderungen oder leistungsbezogenen Nachhaltigkeitskriterien. Auch unsere TK-eigene Reiserichtlinie berücksichtigt den Klimaschutz, indem sie vorgibt, Reisen auf das Notwendige zu beschränken und bevorzugt die Bahn zu nutzen. Und nicht zuletzt schaffen wir ein gesundes, faires und diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld, zum Beispiel indem wir uns Initiativen wie "Fair Company", "Charta der Vielfalt" oder "Welcoming Out" verpflichten.
Wir können auf erste Fortschritte zurückblicken, haben aber insbesondere bei der Förderung von Nachhaltigkeit in der Gesundheitsversorgung einen eingeschränkten Handlungsrahmen. Wir fordern daher, Klimaschutz auch als Gesundheitsthema zu begreifen und bei der Ausgestaltung von Rahmenbedingungen konsequent darauf zu achten, dass auch die ökologische Dimension von Nachhaltigkeit - unter anderem in Form von Klimaschutz und Klimaanpassung - bei der Leistungserbringung berücksichtigt wird.
Wir fordern, Klimaschutz auch als Gesundheitsthema zu begreifen.
TK: Mal abgesehen von der TK, wo könnte unser Gesundheitssystem nachhaltiger werden?
Dr. Windolph-Lübben: Viele Bereiche haben Potential für mehr Nachhaltigkeit, ein Beispiel sind Arztpraxen. Wir fördern daher unter anderem das Vorhaben des aQua-Instituts und der Stiftung Praxissiegel e. V. zur Etablierung des Siegels "Nachhaltige Praxis: Klima. Umwelt. Mensch" . Hierbei können sich Arztpraxen mit eLearning-Modulen zur Nachhaltigkeit in der eigenen Praxis und in der Gesundheitsversorgung von Patientinnen und Patienten weiterbilden. Darüber hinaus steckt viel Potential im stationären Bereich, einige Kliniken setzen sich schon gut damit auseinander. Gemeinsam mit dem Deutschen Krankenhausinstitut (DKI) haben wir mit dem "Impuls kompakt" eine Veröffentlichungsreihe ins Leben gerufen, die praxistaugliche Ansatzpunkte für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz aufzeigt.
Zudem haben kürzlich zum ersten Mal mehrere Ersatzkassen unter Federführung der TK eine Rabattvertragsausschreibung mit Umweltfokus veröffentlicht.
Nicht zuletzt kann jede und jeder von uns einen Beitrag leisten: Wir möchten uns daher für klimagerechtes und gesundheitsförderndes Verhalten stark machen, etwa für Radfahren oder eine stärker pflanzenbasierte Ernährung - mit Blick sowohl auf unsere eigenen Mitarbeitenden als auch unsere Versicherten, etwa in Präventionsprojekten und durch Aufklärung.
TK: Gibt es Unternehmen im Gesundheitswesen, die als vorbildlich gelten, was Nachhaltigkeit angeht? Und wenn ja, welche sind das und was tun sie?
Dr. Windolph-Lübben: Tollerweise gibt es schon gute Beispiele und Best-practices, sowohl in Krankenhäusern, auf Seite der Ärztinnen und Ärzte als auch bei weiteren Leistungserbringern. Ich möchte aber nicht die hervorheben, die schon "gut sind", sondern vor allem die anderen motivieren, sich auf den Weg zu machen. In unserem stark vernetzten Gesundheitswesen gibt es viel voneinander zu lernen, und es gibt diverse hilfreiche Initiativen in dem Kosmos "Gesundheit, Nachhaltigkeit und Klimaschutz", die offen für neue Mitspielerinnen und Mitspieler sind. Das ganze Themenfeld Nachhaltigkeit und CO2-Neutralität ist komplex und erfordert einen langen Atem - das schaffen wir nur, wenn wir an einem Strang ziehen.
TK: Wie leben Sie im privaten Bereich Nachhaltigkeit? Und welche Maßnahmen zur Nachhaltigkeit machen Ihnen persönlich besonders Freude?
Dr. Windolph-Lübben: Ich bin überzeugt von dem, woran ich arbeite, aber ich bin auch keine Dogmatikerin. Mir ist es privat wichtig, Ökostrom zu beziehen, Ressourcen zu sparen und Abfall zu trennen, und ich pendele meine Strecke ins Büro oder auf Dienstreisen mit der Bahn und dem ÖPNV - auch wenn es mal wieder länger dauert. Aber ich konsumiere auch Milchprodukte und mal Fleisch - aber bitte gern in Bio-Qualität und regional.
Mich freut es, wenn Menschen sich Gedanken machen, was sie tun können, denn jeder Beitrag zählt. Anstatt mit dem Finger auf "nicht nachhaltiges" Verhalten zu zeigen, sollten wir konstruktiv aufzeigen, was es für Möglichkeiten gibt - und was wir Menschen durch Klimaschutz und Nachhaltigkeit gewinnen können, nicht zuletzt für unsere Gesundheit.
Nachhaltigkeit bei der TK
Die TK versteht sich als vorausschauender Gesundheitspartner - mit dem Menschen im Mittelpunkt. Durch kluges soziales und ökologisches Handeln leistet die TK ihren Beitrag zu einer gesunden, nachhaltigen Lebenswelt, die die Basis für die Gesundheit ihrer Versicherten ist. Weitere Informationen gibt es im TK-Nachhaltigkeitsbericht . Für ihr Nachhaltigkeitsengagement ist die TK in diesem Jahr mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Branche der Krankenversicherungen ausgezeichnet worden.