Das Thema "Krankenhaus" beherrscht derzeit die politische und öffentliche Diskussion. Dabei kann man den Eindruck haben, die Situation sei geradezu hoffnungslos verfahren, es ginge nur wenig voran und an allen Ecken und Enden würden bewährte und vermeintlich auch geliebte Strukturen wegbrechen oder wären gefährdet. Natürlich könnte man sich an dieser Stelle jetzt auch auf die bekannten Defizite stürzen. Da in jeder Krise auch eine Chance liegt, lohnt vielleicht auch ganz bewusst ein Blick auf das Positive und auf die Ressourcen, die wir in Schleswig-Holstein für den vor uns liegenden Transformationsprozess im Krankenhausbereich haben. 

Sören Schmidt-Boden­stein

Sören Schmidt-Bodenstein, Leiter der TK-Landesvertretung Schleswig-Holstein Das Bild ist noch nicht vollständig geladen. Falls Sie dieses Bild drucken möchten, brechen Sie den Prozess ab und warten Sie, bis das Bild komplett geladen ist. Starten Sie dann den Druckprozess erneut.
Leiter der TK-Landesvertretung Schleswig-Holstein

Breite Erkenntnis, dass es so nicht weitergeht 

Für jeden Veränderungsprozess ist es schon mal eine gute Basis, wenn über die Veränderungsnotwendigkeit an sich Einigkeit herrscht. Und nicht nur die ist vorhanden. Angesichts der Problemlagen ist das ja offensichtlich. Beachtlich ist aber, dass zur Grundausrichtung dieser Veränderung ein breiter Konsens der Kassenseite und auch der Krankenhausgesellschaft vorliegt. Letztere hatte sich mit ihrer Positionierung zur Landtagswahl zu einer stärker strukturierenden Planung und infolgedessen stärker strukturierten Arbeitsteilung und Kooperation unter den Kliniken bekannt. Ohne Frage liegt der Teufel im Detail - aber eben nicht in der Grundausrichtung. 

Struktur der Krankenhauslandschaft im Kern angemessen 

Auch Schleswig-Holstein benötigt eine Neuausrichtung der Strukturen. In anderen Bundesländern könnte - manche sagen müsste - man so manches Krankenhaus schließen, um zu einer effizienten und leistungsfähigen Krankenhauslandschaft zu kommen. Schleswig-Holstein hat da eine erfreulich andere Ausgangssituation. Der Norden verfügt über eine von der Grundaufstellung her in weiten Teilen bereits angemessene Struktur von Häusern der Maximalversorgung, der Schwerpunktversorgung und der Grundversorgung. Wenn man sich in dem Lauterbachschen Konzept auch die Krankenhäuser der untersten Versorgungsebene mit einer stark ambulantisierenden Ausrichtung anschaut, kann man festhalten: Die Diskussion, dass wir aus Planungsgründen Krankenhäuser schließen müssen, brauchen wir im Norden nicht führen. Was wir sehr wohl brauchen, ist eine neue Akzentuierung und Ausrichtung der Kooperationen. Wenn man ehrlich ist, ist das auch schon wieder Teil des immerwährenden Veränderungs- und Anpassungsprozesses. 

Prinzessinnen im Norden 

Im Change-Management als besonders erfolgreich haben sich Strategien erwiesen, die erstrebenswerte Zielzustände und Visionen in den Mittelpunkt stellen. Im Coaching redet man dann von "Winning the princess". Schieben wir mal beiseite, ob dieses tradierte Rollenbild so noch zeitgemäß ist. Im Kern haben wir eine Reihe von erfolgreichen Beispielen für diese Strategie: 

Nehmen wir die Umstrukturierungspläne in Pinneberg und Elmshorn oder in Flensburg. Da ist zwar auch nicht alles Gold, was glänzt. Solche Prozesse sind nie ruckelfrei hinzubekommen. Aber im Vergleich zu anderen Situationen im Land, in denen man auf den echten konstruktiven Switch in der öffentlichen Debatte noch wartet, hat das schon Vorbild-Charakter. Beide Vorhaben haben bei aller Unterschiedlichkeit gemein, dass es eine Vorstellung gibt, wie zukünftig Versorgung neu und anders zu organisieren ist und dass dabei neue Wege beschritten werden müssen.  

Zu den Prinzessinnen im Norden gehören für mich außerdem die in der Pandemie eingerichteten Cluster für eine gut abgestimmte Versorgung von Corona-Patientinnen und -Patienten. Für die weitere Transformation lohnt also ein genauerer Blick, was diese Erfolgsgeschichten verbindet. 

Partner der ambulanten Versorgung 

Klar ist: Die Grenzen zum ambulanten Bereich werden fließender. Das ist gut so und dringend notwendig. Gerade in der Ambulantisierung liegt ein riesiges Potenzial für eine patientennahe Versorgung. Das bedeutet nicht nur, dass die Kliniken sich neu ausrichten müssen, sondern auch, dass das Zusammenspiel zwischen ambulant und stationär neu ausbalanciert wird. Das bietet die Chance für neue Formen der Zusammenarbeit. In Schleswig-Holstein können wir dabei auf wichtige Player in der ambulanten Versorgung zurückgreifen: die Kassenärztliche Vereinigung, die Ärztegenossenschaft, die verschiedenen Ärztenetze, den Hausärzteverband oder die verschiedenen Praxiskliniken…  

Umgang miteinander als wichtigste Ressource 

Die Partnerinnen und Partner im Gesundheitssystem in Schleswig-Holstein gehen auf besondere Weise miteinander um. Wer auch mal in anderen Bundesländern gearbeitet hat, weiß um dieses hohe Gut. Natürlich geht es manchmal inhaltlich hart und kontrovers zur Sache. Es geht schließlich um Einiges. Das erfolgt aber immer so, dass man sich danach noch gegenseitig in die Augen schauen kann und dialogfähig bleibt. Angesichts der Herausforderungen, die vor uns liegen, ist das eine zentrale Kernkompetenz von uns Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern.