Viele Probleme im Bereich der Pflege werden immer drängender. Zu wenige Fachkräfte, zu hohe Eigenanteile und pflegende Angehörige an der Belastungsgrenze, um nur drei Beispiele zu nennen. Diese Probleme müssen dringend angegangen werden. Eine wichtige Rolle könnten dabei auch digitale Lösungen und Smart-Home-Technologien spielen. Mit ihrer Hilfe können Pflegebedürftige länger und sicherer zu Hause wohnen und so das System entlasten.

Das größte Problem, das es zu lösen gilt, ist aus meiner Sicht aber die Finanzierung. Die Ausgaben der Pflegeversicherung steigen stetig - und das wird sich mit dem demografischen Wandel noch weiter verschärfen. Gleichzeitig schrumpfen ihre Rücklagen. Die steigenden Kosten wurden bisher über Beiträge und höhere Eigenanteile der Betroffenen aufgefangen. Das muss sich ändern! Daher fordert die TK, die Betroffenen zu entlasten und die Finanzierung fairer zu gestalten.

Stefan Groh

Stefan Groh, Leiter der TK-Landesvertretung Saarland Das Bild ist noch nicht vollständig geladen. Falls Sie dieses Bild drucken möchten, brechen Sie den Prozess ab und warten Sie, bis das Bild komplett geladen ist. Starten Sie dann den Druckprozess erneut.
Leiter der TK-Landesvertretung Saarland

Die Attraktivität der Berufe in der Pflege muss insgesamt gesteigert werden - auch damit sich wieder mehr Nachwuchs für den Bereich der Pflege entscheidet. Stefan Groh

Sinnvoll ist ein Finanzausgleich zwischen privater und sozialer Pflegeversicherung. Zusätzlich müssen die Leistungsbeträge der Pflegeversicherung steigen. Als Teil der Gegenfinanzierung müssen die Rentenversicherungsbeiträge von pflegenden Angehörigen aus Steuergeldern finanziert werden. Das ist schließlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Aus unserer Sicht ist es zudem sinnvoll, die Leistungen jährlich anzupassen und an einen dynamischen, aber verbindlichen Steuerzuschuss des Bundes zu koppeln. Aber auch die Länder müssen ihren Beitrag leisten. Deshalb muss die Politik dafür sorgen, dass diese die Investitionskosten in den Pflegeheimen decken.

Ohne qualifizierte Pflegekräfte geht es nicht

Damit die Pflegebedürftigen auch entsprechend versorgt werden können, sind qualifizierte Pflegekräfte notwendig - und an denen mangelt es schon seit Jahren. Stichwort Pflegenotstand. Um dem entgegenzusteuern ist eine bessere Vergütung ein wichtiger Faktor. Diese muss vor allem im Bereich der Altenpflege angepasst werden, damit sich die Schere zur Krankenpflege nicht noch weiter öffnet. Doch Geld alleine wird nicht ausreichen, um die in der Corona-Pandemie noch stärker belasteten Arbeitskräfte im Job zu halten oder sogar zurückzugewinnen. Die Attraktivität der Berufe in der Pflege muss insgesamt gesteigert werden, damit sich auch wieder mehr Nachwuchs für den Bereich der Pflege entscheidet.

Wir als TK sehen beispielsweise Chancen in einer größeren Lohnspreizung. So werden Anreize zur Weiterbildung gesetzt, wovon wiederum die Pflegebedürftigen profitieren. Zusätzlich sind neue Karrierepfade und Aufgabenfelder sicher sinnvoll. Ein weiterer wichtiger Schritt wird es sein, abgewanderten oder pausierenden Pflegekräften attraktive Rückkehrangebote zu machen und mehr familienfreundliche Arbeitszeitmodelle anzubieten. Da die Pflege eine körperlich herausfordernde Arbeit ist, muss auch darauf geschaut werden, wie man ältere Pflegekräfte im Beruf halten kann. Dabei kann eine flexiblere Arbeitsorganisation und Aufgabenteilung helfen, die den einzelnen Lebensphasen gerecht wird. 

Auch Entlastung für pflegende Angehörige nötig

Eine Gruppe, die immer wieder vernachlässigt wird, sind die pflegenden Angehörigen. Auch diese müssen dringend entlastet werden. Doch wie kann die Politik da helfen? Aus Sicht der TK muss sie die ambulante Pflege deutlich stärken und die Leistungen aus der Pflegeversicherung dynamisieren. Außerdem sehen wir einen Vorteil darin, den monatlichen Entlastungsbeitrag von 125 Euro, der Pflegebedürftigen aller Pflegegrade zusteht, in ein jährliches Entlastungsbudget umzuwandeln, um mehr Flexibilität zu ermöglichen. Außerdem sollte die Vorpflegezeit auf drei Monate verkürzt werden.

Digitale Unterstützungsmöglichkeiten können die pflegenden Angehörigen ebenfalls gut entlasten. Daher ist es wichtig und richtig, dass es neue Zulassungsmöglichkeiten für digitale Pflegeanwendungen gibt. Diesen Weg müssen nun alle Beteiligten konsequent nutzen und weiterentwickeln. Ein weiteres Beispiel zur Entlastung pflegender Angehöriger sind Smart-Home-Technologien. Es ist wichtig, dass zukünftig noch mehr solcher Innovationen in den Leistungskatalog der Pflegeversicherung aufgenommen werden.

Wie Sie sehen, sind in der Pflege noch viele Probleme zu lösen. Jetzt kommt es ab September darauf an, wie die Themen priorisiert und angegangen werden. Wir werden von unserer Seite aus immer wieder auf den Handlungsbedarf hinweisen.