Gemeinsam gegen Cybermobbing
Artikel aus Berlin/Brandenburg
Viele Kinder und Jugendliche sind von Mobbing betroffen. Das zeigt die aktuelle Studie "Cyberlife IV - Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern".

Hunderttausende Kinder und Jugendliche in Deutschland haben jeden Morgen Angst, in die Schule zu gehen. Sie fürchten sich nicht vor ihren Lehrerinnen und Lehrern oder der nächsten Klassenarbeit: Sie haben Angst vor Mobbing durch ihre Mitschülerinnen und Mitschüler.
Mobbing ist die häufigste Gewaltform an Schulen. Das zeigt die Studie: Cyberlife IV - Cybermobbing bei Schülerinnen und Schülern (PDF, 5.3 MB) vom Bündnis gegen Cybermobbing und in Kooperation mit der Techniker Krankenkasse. Eines der Ergebnisse: Mehr als ein Drittel der befragten Schülerinnen und Schüler gibt an, bereits einmal gemobbt worden zu sein. Ein Sechstel berichtet davon, Opfer von Cybermobbing (Mobbing im Internet und in sozialen Medien) geworden zu sein. Besonders erschreckend: Jedes vierte Cybermobbing-Opfer hatte bereits Suizidgedanken.
Mobbing kann massive Folgen für die körperliche und seelische Gesundheit haben. Dazu gehören zum Beispiel Schlafstörungen und Depressionen. Gerade Kinder und Jugendliche sind emotional besonders verletzlich. Nicht selten leiden die Betroffenen noch jahrelang an den Spätfolgen.
Präventionsprojekte an Schulen
Um Mobbing gar nicht erst entstehen zu lassen, haben die Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg und die Techniker Krankenkasse (TK) die Online-Plattform "Gemeinsam Klasse sein" ins Leben gerufen. Seit dem Schuljahr 2019/2020 stehen die Inhalte der Plattform bundesweit allen Lehrkräften zur Verfügung, die eine entsprechende Fortbildung absolviert haben. Allein in Berlin und Brandenburg nehmen bereits 258 Schulen an dem Projekt teil - in der Hauptstadt sind es 174 in der Mark 84.
Mehr als 250 Schulen in Berlin und Brandenburg nehmen bereits an unserem Präventionsprojekt "Gemeinsam Klasse sein" teil. Das zeigt, wie präsent das Thema in den Schulen ist.
Im Projekt "Gemeinsam Klasse sein" erforschen die Schülerinnen und Schüler in Übungen, Rollenspielen und Gesprächen, wie sie positiv und konstruktiv miteinander umgehen können. Filme und Erklärvideos machen deutlich, welche Folgen Mobbing für die Betroffenen hat und was die Schülerinnen und Schüler selbst tun können, um Mobbing gar nicht erst entstehen zu lassen.
Angst, Wut, Verzweiflung
In der Cyberlife-IV-Studie geben knapp zwei Drittel der Befragten an, sie hätten das Gefühl, dass Cybermobbing seit Beginn der Coronapandemie zugenommen hat. Von den ebenfalls befragten Lehrerinnen und Lehrern sagen zwei Drittel, dass Cybermobbing an ihrer Schule ein Problem ist.
Die Jugendlichen geben in der Studie an, durch Mobbing-Attacken vor allem verletzt, wütend und ängstlich zu sein. Jede und jeder Sechste hat aus Verzweiflung schon mal zu Alkohol oder Tabletten gegriffen.
Beratung und Tipps
Die psychosoziale Onlineberatung krisenchat unterstützt Kinder und Jugendliche bis zu einem Alter von 24 Jahren.
Das Bündnis gegen Cybermobbing gibt folgende Handlungsempfehlungen:
- Die bisherige Präventionsarbeit muss verstärkt werden und bereits an den Grundschulen beginnen. Kinder müssen den "sozialen Umgang im Internet" lernen. Eine verbesserte Lehrkraftfortbildung ist ein weiterer wichtiger Baustein. Wenn notwendig, sollte man auch Expertinnen und Experten von außen in die Schulen holen.
- Eltern sollten sich intensiver und frühzeitig mit ihren Kindern auf den Weg machen, um sich gemeinsam mit den Inhalten und Funktionsweisen des Internets und den Sozialen Medien auseinanderzusetzen. Auch sind Kommunen, soziale Träger und Schulen gefragt, Eltern mit konkreten Angeboten zu unterstützen.
- Wünschenswert wären für alle Betroffenen flächendeckende Mobbingberatungsstellen sowie anonyme Hotlines, an die sich Hilfesuchende wenden können - in Schulen oder im sozialen Umfeld.
- Neben den Schulen und der Gesellschaft muss auch die Politik ihrer Verantwortung nachkommen. Zum Schutz der Opfer fordert das Bündnis gegen Cybermobbing ein Cyber-Mobbinggesetz, das es in Österreich schon seit 2016 gibt. Dazu muss die Politik auch die personellen Voraussetzungen schaffen (z. B. Richterinnen und Richter, Staatsanwaltschaften und Polizeifachkräfte).