Impfen - Prävention mit Nadelstich
Artikel aus Thüringen
Die Wissenschaft ist sich einig, dass Impfungen eine der erfolgreichsten Strategien gegen Krankheiten sind. Gleichzeitig sinken die Impfquoten in Thüringen seit Jahren bzw. stagnieren auf einem mittleren Niveau. Was also tun? Darüber tauschten sich Expertinnen und Experten bei den Weimarer Gesprächen zum Gesundheitswesen 2025 aus.
"Impfen ist wie der Helm beim Fahrradfahren", "Impfen ist wie der Anschnallgurt beim Autofahren", "Impfungen sind Schutzwälle im Gesundheitssystem" - Bilder gab es viele bei den Weimarer Gesprächen zum Gesundheitswesen am 18. August 2025. Fast alle der etwa 80 Gäste der Fachtagung waren sich einig, dass Impfungen als individueller Gesundheitsschutz und Gemeinschaftsschutz wirken. "Ein in Impfungen investierter Euro spart dem Gesundheitssystem 19 Euro", erklärte Prof. Dr. Michael Hartmann, Direktor der Apotheke des Universitätsklinikums Jena (UKJ), in seiner Begrüßung.
Die Frage ist "Wie reanimieren wir die Impfbereitschaft in Thüringen?".
Gesundheit schützen und Ressourcen schonen
"Diese Frage zu beantworten ist zuallererst wichtig, um Menschen vor vermeidbaren Erkrankungen zu schützen", sagte Guido Dressel, Leiter der TK-Landesvertretung Thüringen. "Sie ist auch wichtig, weil es sich unser Gesundheitssystem nicht mehr leisten kann, dass Krankheiten behandelt werden müssen, die durch eine Impfung vermieden oder zumindest abgeschwächt werden könnten. Wir alle wissen um die vielfältigen Ressourcenprobleme. "
Nils Kawig, Chefredakteur der Ostthüringer Zeitung (OTZ), führte durch die Veranstaltung. Neben den bekannte Präventionseffekten des Impfens hoben Dr. Anja Kwetkat, Chefärztin der Klinik für Geriatrie und Palliativmedizin am Klinikum Osnabrück und Mitglied der Ständigen Impfkommission (STIKO) am RKI, und Prof. Dr. Mathias Pletz, Direktor des Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am UKJ in ihren Fachvorträgen die positiven Effekte von Impfungen auf andere systemische Erkrankungen hervor.
Beide waren sich einig: Impfungen tun mehr, als Infekte zu verhindern. Impfungen gegen Grippe und Pneumokokken beispielsweise schützen nicht nur vor beiden Erkrankungen, sondern können auch das Risiko für nicht-infektiöse Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und möglicherweise Demenz mindern. Diese positiven Effekte sollten stärker kommuniziert werden.
Über das Thema Kommunikation sprach auch Dr. Sarah Eitze, Gesundheitspsychologin am Institute for Planetary Health Behaviour (IPB) der Universität Erfurt. Sie erklärte, wie die individuelle Kosten-Nutzen-Abwägung beim Impfen abläuft und welche Faktoren dafür wichtig sind. Ausführlich geht sie darauf in unserem Podcast ein.
Gelegenheit schaffen und erinnern
Was also ist zu tun? Gesundheitsministerin Katharina Schenk gab unter anderem das Ziel aus, dem Impfvergessen entgegenzuwirken. Dafür könne es helfen, mehr Gelegenheiten zum Impfen zu schaffen. Jeder Arztkontakt, besonders bei Haus- und Kinderärzten, solle zur Impfaufklärung und dem Check des Impfstatus genutzt werden.
Dr. Ulf Zitterbart, Facharzt für Allgemeinmedizin und Vorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Thüringen, illustrierte, wie er dafür technische Unterstützung nutzt und plädierte dafür, dass Impferinnerung über die elektronische Patientenakte (ePA) auch in den ärztlichen Systemen funktionieren sollte.
Um systematisch an möglichst vielen Stellen niederschwellige Impfangebote zu machen, sollten sowohl der Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) als auch Apotheken stärker eingebunden werden. Wie das funktionieren kann, erklären Dr. Bettina Naumann , Fachärztin im Gesundheitsamt des Saale-Holzland-Kreises und stellvertretende Vorsitzende des Thüringer Landesverbandes der Ärzte und Zahnärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst, und Apothekeninhaber Dr. Christian Wegner in ihren Interviews.