Nutri-Score: Gesünder essen dank Ampelcheck?
Sich gesund zu ernähren, ist gar nicht so einfach und scheitert bei manchen bereits beim Einkaufen. Der Nutri-Score soll jetzt Licht in den Lebensmittel-Dschungel bringen. Mithilfe von Ampelfarben werden versteckte Kalorienbomben auf einen Blick entlarvt.
Ernährung ist eine Wissenschaft für sich und die Suche nach gesunden Lebensmitteln manchmal ganz schön kompliziert. Denn es bedeutet meist, ellenlange Zutatenlisten und Nährwertangaben zu studieren. Und genau hier setzt der Nutri-Score an: Statt das Kleingedruckte von (stark) verarbeiteten Lebensmitteln mühsam zu analysieren, reicht ein Blick auf das neue Ampelsystem. Die fünffarbige Farb- und Buchstabenskala überprüft die Nährwertqualität und ermittelt daraus eine Gesamtnote. Quasi eine Hilfestellung bei der Produktauswahl, um sich bewusster und ausgewogener zu ernähren und somit Übergewicht , Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen. Seit November 2020 ist der Nutri-Score in Deutschland zulässig, bleibt aber eine freiwillige Angabe.
Wie wird der Nutri-Score berechnet?
Sie wollen wissen, welches Müsli, welches Brot oder Joghurt die gesündere Wahl ist? Dann achten Sie beim Einkaufen im Supermarkt zukünftig auf den Nutri-Score. Auf einer Skala von "A" auf einem dunkelgrünen Feld (besonders gesunde Nährwerte) bis zum roten "E" (weniger gesunde Nährwerte) ordnet die Lebensmittelampel die Inhaltstoffe für Sie ein. Die Bewertung beruht dabei auf einem wissenschaftlichen Algorithmus, der neben dem Gehalt an Zucker, Fett und Salz auch empfehlenswerte Bestandteile wie Gemüse, Obst, Ballaststoffe oder Proteine miteinbezieht. Je nach Nährstoffen gibt es zwischen -15 und +40 Punkte. Je geringer die Punktzahl, umso besser der Nutri-Score. Und je besser der Score, desto mehr kann das Lebensmittel zur täglichen Ernährung beitragen. Die Angaben beziehen sich dabei immer auf 100 Gramm oder 100 Milliliter eines Produkts. Ziel ist, dass Verbraucher die Produkte so einfacher miteinander vergleichen können. Übrigens: Bei unverarbeiteten Lebensmitteln, wie Obst, Gemüse oder Fleisch, wird der Nutri-Score in der Regel nicht verwendet. Sie dürfen das Kennzeichnen nur tragen, wenn sie mit einer Nährwerttabelle nach der EU-Lebensmittel-Informationsverordnung (LMIV) gekennzeichnet sind.
Die Zuweisung der Gesamtpunkte für Lebensmittel:
A = -15 bis -1
B = 0 bis 2
C = 3 bis 10
D = 11 bis 18
E = 19 und mehr
Die Vor-und Nachteile des Ampelsystems
Der Nutri-Score ist intuitiv zu verstehen und bietet aufgrund seiner guten Sichtbarkeit auf der Vorderseite der Verpackung eine schnelle Orientierung. Als Ergänzung zur Nährwerttabelle hilft er Verbrauchern, wie bereits erwähnt, Lebensmittel innerhalb einer gleichen Produktgruppe gezielt miteinander zu vergleichen und sich dann für die gesündere Variante zu entscheiden. Ein Beispiel: Sie erkennen sofort, welches Tiefkühlgericht die "bessere" Wahl ist. Dabei regt der Nutri-Score aber nicht nur die Verbraucher an, sich mit ihren Lebensmitteln auseinanderzusetzen, sondern auch die Hersteller selbst. Sie werden dazu motiviert, ihre Rezepturen zu überarbeiten und ihre Produkte gesünder zu gestalten. Doch trotz aller Vorteile: Kennzeichnungssysteme haben auch Lücken. So ist die Einfachheit des Nutri-Scores gleichzeitig auch seine Schwäche. Ernährungswissenschaftler bemängeln, dass sich Lebensmittel nicht auf solch simple Weise in gesund und ungesund unterteilen lassen könnten. So werden bei der Berechnung beispielsweise positive Komponenten wie ungesättigte Fettsäuren, Mineralstoffe oder Vitamine nur oberflächlich berücksichtigt. Ein Beispiel: Olivenöl bekommt wegen seines hohen Fettanteils einen schlechten Nutri-Score, wirkt sich aber in Maßen aufgrund seiner ungesättigten Fettsäuren vorteilhaft auf unsere Gesundheit aus. Zusammengefasst bedeutet das: Bei einigen Produkten kann die Ampelkennzeichnung in die Irre führen und wer nur noch Produkte mit der Note "A" konsumiert, ernährt sich nicht automatisch ausgewogen. Ein weiterer Nachteil des Nutri-Scores ist zudem seine Freiwilligkeit. Da Unternehmen selbst entscheiden dürfen, ob sie die neue Kennzeichnung verwenden wollen, werden mit großer Wahrscheinlichkeit nur gesunde Produkte mit dem Logo deklariert. Weniger gesunde Lebensmittel und Getränke bleiben dagegen weiterhin unerkannt im Supermarktregal.
Woher kommt der Nutri-Score?
Die Lebensmittelampel wurde 2017 von den französischen Gesundheitsbehörden ins Leben gerufen und von unabhängigen Ernährungswissenschaftlern aus Frankreich und Großbritannien entwickelt. Mittlerweile kommt der Nutri-Score aber auch in Belgien, Spanien, Portugal, Luxemburg und der Schweiz zum Einsatz. Allerdings überall bislang nur auf freiwilliger Basis.
Was sagen Mediziner und Verbraucherschützer?
Die Reaktionen auf den Nutri-Score sind divers. Während es eine breite Zustimmung unter Verbraucherschützern und Medizinverbänden gibt, zeigen sich vor allem der Lebensmittelverband Deutschland sowie die Bio-Branche skeptisch. Sie fordern Nachbesserungen, wie beispielsweise die Berücksichtigung von ungesättigten Fettsäuren, Mikronährstoffen oder auch naturbelassenen Bio-Zutaten. Alles in allem kann der Nutri-Score aber ein guter Anhaltspunkt dafür sein, um zukünftig gesündere Kaufentscheidungen zu treffen. Das Ampelsystem schnitt nicht nur in dutzenden Umfragen und Untersuchungen gut ab. Eine französische Studie kam darüber hinaus zu dem Ergebnis, dass der Nutri-Score imstande sei, ernährungsbedingte Todesfälle zu senken. Verbraucherschützer fordern deswegen in einem weiteren Schritt eine flächendeckende, europaweite und bestenfalls verpflichtende Kennzeichnung.