Alexander Krauß, Leiter der TK-Landesvertretung Sachsen, sieht in einer effektiven Anwendung sowie effizienten Ausgestaltung der DiGA große Chancen für die Gesundheitsversorgung, da Patientinnen und Patienten von den digitalen Helfern zusätzlich dabei unterstützt werden können, Krankheiten zu erkennen, zu überwachen und zu behandeln. Ist es realistisch, dass Digitale Gesundheitsanwendungen die in sie gesetzten hohen Erwartungen erfüllen? Wie müssten bestehende Verfahren aus dem Blickwinkel der TK optimiert werden, um die Vorteile für die Versicherten noch besser erfahrbar und nutzbar zu machen?

TK: Sind die Digitalen Gesundheitsanwendungen denn überhaupt schon in unserem Gesundheitssystem angekommen?

Alex­ander Krauß

Das Bild ist noch nicht vollständig geladen. Falls Sie dieses Bild drucken möchten, brechen Sie den Prozess ab und warten Sie, bis das Bild komplett geladen ist. Starten Sie dann den Druckprozess erneut.
Leiter der TK-Landesvertretung Sachsen

Alexander Krauß: Ja, dies lässt sich bereits recht gut an den aktuellen Zahlen belegen. Bis Ende April dieses Jahres verzeichnete die TK bundesweit 83.757 Anträge für DiGA, davon 1.631 in Sachsen. Interessanterweise stehen DiGA bei Frauen höher im Kurs, sie machen zwei Drittel der Nutzerinnen und Nutzer aus. Besonders gefragt sind bei der TK eine App gegen Rückenschmerzen, eine Anwendung zur Behandlung von Tinnitus sowie eine zur Unterstützung bei Adipositas. Auf diese drei Apps beziehen sich knapp 41 Prozent aller Anträge. Ich denke, die Startphase der DiGA für die medizinische Versorgung ist vollzogen; nun gilt es verstärkt den Blick auf das Patientenwohl zu richten.

TK: Was meinen Sie damit?

Krauß: Im Vordergrund der Versorgung mit DiGA sollte aus meiner Sicht der medizinische Nutzen stehen. Analysen haben allerdings gezeigt, dass bei einer relevanten Menge von DiGA - trotz einer über das Erprobungsjahr hinaus verlängerten Erprobungsphase - deren Nutzen in Frage steht oder in einzelnen Fällen überhaupt nicht nachgewiesen werden kann.

TK: Wie ließe sich Ihrer Meinung nach eine Verbesserung herbeiführen?

Krauß: Dies sollte durch eine Überprüfung und Weiterentwicklung des Bewertungs- und Zulassungsverfahrens erfolgen. Damit ließe sich die Sicherheit der medizinischen Versorgung mit DiGA optimieren; hier schließe ich einen kritischen Blick auf die Preisgestaltung ausdrücklich mit ein. Es geht schließlich um Versichertengelder.

TK: Was muss dafür getan werden bzw. welche Maßnahmen wären nötig, um diese Weiterentwicklung in der Praxis mit Leben zu füllen?

Krauß: Im Wesentlichen kann das mit der Umsetzung von vier Maßnahme-Paketen erfolgen. Erstens gilt es, wirksame Mechanismen zur Regulierung des Preisniveaus zu etablieren; konkret durch eine weitere Anpassung der Rahmenvereinbarung hinsichtlich der Höchst- und Schwellenpreise im ersten Jahr. Zudem ist eine Orientierung am Preis der analogen Therapie zweckmäßig, ebenso ein Nutzennachweis. Zweitens sollte die Erprobungsphase einer DiGA nur in Ausnahmefällen und mit aussagekräftiger Begründung verlängert werden dürfen; bislang stellt eine Verlängerung der Erprobung eher die Regel als die Ausnahme dar. Drittens müssen bestehende Evidenzlücken abgebaut und somit die Evidenz erhöht werden. Es wäre sehr hilfreich, wenn zukünftig eine Verfahrensweise vorgesehen wird, nach welcher Studiendaten auch einige Zeit nach dem Markteintritt einer DiGA vorgelegt werden müssten; dies ist bislang nicht der Fall. Und viertens sollten Hersteller verpflichtet werden, die Nutzungshäufigkeit und Therapieabbrüche nachhaltig zu analysieren, um somit die DiGA an die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer anzupassen.

TK: Welches Fazit ziehen Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt?

Krauß: Wenn es uns zukünftig noch besser gelingt, darauf hinzuarbeiten, dass DiGA am Patientenwohl gemessen werden können und nicht zu stark in Richtung Selbstzweck abgleiten, dann sind wir ein großes Stück des bevorstehenden Weges vorangeschritten. Ich bin überzeugt, dass dies gelingen kann.