Es gibt mehrere Perspektiven auf das Thema Resilienz. Dabei besitzen die unterschiedlichen handlungsebenen gemeinschaftlich das Potenzial, die Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern zu verbessern.

Systemresilienz durch die elektronische Patientenakte stärken

Der Einsatz einer sektorenunabhängigen elektronischen Patientenakte (ePA) ist bereits seit dem Jahr 2021 möglich. Bislang wird die ePA in den Arztpraxen, Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen aber zu wenig genutzt. Erst knapp 400.000 Menschen in Deutschland nutzen eine elektronische Patientenakte. Etwa 60 Prozent davon sind bei der Techniker Krankenkasse versichert. Dies ist aus wettbewerblicher Perspektive erfreulich, verdeutlicht aber den geringen Verbreitungsgrad der ePA. Damit die Akte in der Breite der Versorgung ankommt braucht es die rasche Einführung der Opt-Out-Regelung. Damit stehen für die gesetzlich Versicherten automatisch ePA's bereit. Bislang führt die geringe Verbreitung dazu, dass viele Leistungserbringenden und auch die Patientinnen und Patienten die Akte als nettes "Add-on" erleben, die konventionellen Pfade, zum Beispiel für die Dokumentation, werden aber dadurch nicht verlassen. Wenn die elektronische Patientenakte flächendeckend eingesetzt wird, stehen alle relevanten Gesundheitsinformationen in speziell gesicherter und verschlüsselter Form ortsunabhängig zur Verfügung. Dies erleichtert die Arbeit der Leistungserbringenden. Außerdem können die Dokumentationspflichten durch die digitale Pflege der Akte unkomplizierter realisiert werden. Wichtig dabei ist, dass der digitale Dokumentationsweg einfacher ausgestaltet ist, als der bestehende analoge Pfad. Die Entlastung der Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten ist ein wichtiger Schritt für mehr Resilienz des Gesundheitswesens.

Die flächendeckende Einführung der elektronischen Patientenakte als Dokumentationsmedium ist dabei nur Zwischenschritt zu mehr und vor allem attraktiven Anwendungsfällen. Dazu braucht es eine auf die Mehrwerte der Kundinnen und Kunden fokussierte Entwicklung von Produkten, die ePA-Daten nutzen. Die Akte bietet das Potential, strukturierte Gesundheitsdaten in Echtzeit zur Verfügung zu stellen. Unter Einhaltung der höchstmöglichen Schutzmaßnahmen könnten Analysen dieses Datenpools dazu beitragen, die Versorgung individueller und passgenauer zu machen. Gerade mit Blick auf die demografische Entwicklung, gewinnt der Nutzen von Patientendaten für die Gesundheitsversorgung an Bedeutung. Es braucht einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs, inwieweit Gesundheitsdaten der ePA für die Erstellung personalisierter Gesundheitsinformationen genutzt werden dürfen, oder ob dieser Resilienz-Schatz für unsere Gesellschaft und das Gesundheitssystem ungehoben bleibt.

Krankenhäuser versorgungsspezifisch planen und zukunftsfest machen

Bereits seit mehr als einem Jahrzehnt schreibt das Land Mecklenburg-Vorpommern den Krankenhausplan fort und zementiert durch die bloße Festschreibung der Bettenkapazitäten Strukturen, die nicht zu den Bedarfen passen. Damit sind die Krankenhäuser anfällig für Veränderungen (z. B. die demografische Entwicklung), die zu einer veränderten Leistungsinanspruchnahme führen. Wenn dann noch exogene Schocks hinzukommen, stehen viele Häuser wirtschaftlich auf der Kippe. Wenn der Planungsprozess modernisiert wird, kann die mit der Krankenhausreform geplante Vorhaltekostenfinanzierung zur finanziellen Stabilität der Häuser und Gesamtresilienz der Versorgungsstrukturen beitragen. Die geplanten Leistungsgruppen ermöglichen eine differenziertere Versorgungsplanung. Daraus kann die Konzentration von Leistungen folgen, die wiederum eine bessere Arbeitsteilung der stationären Einrichtungen untereinander und höhere Qualitätsstandards ermöglicht. Dies gilt besonders für Behandlungen von Krankheitsbildern, die einen hohen Spezialisierungsgrad erfordern und die Mindestmengen erfüllen müssen. So profitieren die Patientinnen und Patienten in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise stark vom zentralisierten Behandlungsansatz der Krebsversorgung im Comprehensive Cancer Center M-V.

In Mecklenburg-Vorpommern übernehmen kleinere Kliniken viele grundlegende Versorgungsaufgaben. Sie sollten zukünftig als sektorenübergreifend aktive Einrichtungen ein Bindeglied zu ambulanten Versorgungsangeboten sein. So können die Patientinnen und Patienten in ländlichen Regionen von der fachärztlichen Expertise in den Häusern profitieren und auch das ambulante Versorgungssystem wird zukunftssicherer. Wenn der ambulante Bereich dann weiterhin noch in den bislang rein stationären Planungsprozess der Krankenhäuser integriert wird, entsteht eine echte sektorenübergreifende Versorgungsplanung. 

Patientensicherheit durch Transparenz verbessern 

Viele kritische Situationen im Gesundheitswesen können durch die richtigen präventiven Maßnahmen vermieden werden. Ein ausgiebiges Arzt-Patientengespräch vor einem medizinischen Eingriff kann einen wichtigen Beitrag leisten. Aus Perspektive der TK ist es für eine höhere Patientensicherheit notwendig, dass alle Krankenkassen an der nationalen Plattform zum Ausbau der Patientensicherheit (Aktionsbündnis Patientensicherheit - APS) mitwirken. Im Engagement der Krankenkassen sind die Erfahrungen und Rückmeldungen ihrer Versicherten besonders wichtig. Daher braucht es eine gesetzliche Regelung, die systematische Feedbacks über Behandlungserfahrungen einführt. Die Ergebnisse sollten transparent und öffentlich dargestellt werden. Nur so bekommen die Menschen einen realistischen Blick auf die Gefahren und Risiken im Gesundheitssystem. Außerdem werden die Versorgungseinrichtungen dazu animiert, ein Sicherheitsmanagement für Patienten und Personal einzuführen. Ein erster Schritt kann es sein, dass die Einrichtungen ein Leitbild für Patientensicherheit in ihrer Organisation entwickeln.