Die Neudiagnose "Multiple Sklerose" (MS) ist für die Betroffenen meist ein Schock und kann in eine schwere Lebenskrise führen. Neben den neurologischen Symptomen und Einschränkungen, die zu der Diagnose geführt haben, denken viele Menschen als Erstes an zahlreiche Katastrophenszenarien, die ihnen möglicherweise  bald bevorstehen könnten. Bekanntermaßen ist MS zwar zunehmend besser behandelbar, aber noch immer nicht heilbar. "Für die Betroffenen entstehen mit der Diagnose umgehend Fragen, auf die sie im Gesundheitssystem nicht immer sofort eine Antwort bekommen", sagt Dr. Barbara Voß, Leiterin der TK-Landesvertretung Hessen. Eine integrierte Versorgungsstruktur, wie bei anderen chronischen Erkrankungen, sei bei der neurologischen Autoimmunerkrankung MS in Deutschland noch nicht etabliert, beschreibt die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) Hessen die Situation für die Erkrankten. Die Betroffenen erlebten das Gesundheitssystem als sehr unübersichtlich und komplex. Zudem fehle das Wissen, wie Betroffene ihre Lebensqualität selbst erhöhen und die Symptome der MS verringern könnten, so die DMSG Hessen.

Das Selbsthilfe-Projekt "Mit Selbsthilfe stark bleiben! Orientierung für MS-Neudiagnostizierte" bietet nun gemeinsam mit vier Kliniken im Rhein-Main-Gebiet frühzeitig eine unabhängige professionelle Beratung und Unterstützung für Betroffene und vermittelt die Vorteile eines gesunden Lebensstils für einen günstigeren Verlauf der Erkrankung. Die Deutsche Klinik für Diagnostik, Helios Klinik Wiesbaden, die Universitätsklinik und die Sana Klinik Offenbach sind zertifizierte MS-Zentren. Wer hier neu mit MS diagnostiziert wird, hat die Gelegenheit, sich in den regelmäßigen Außensprechstunden der DMSG Hessen noch in der Klinik individuell und unabhängig beraten und unterstützen zu lassen.

Selbsthilfe zeigt Chancen auf

Im zweiten Schritt geht es in dem Projekt darum, die eigenen positiven Einflussmöglichkeiten auf die Symptomatik aufzuzeigen und das Voranschreiten der Multiplen Sklerose durch einen gesunden Lebensstil zu verringern. Hierzu entwickelt die DMSG Hessen innerhalb des Projektes entsprechende Informationen und Angebote. Beide Ansätze sollen dazu führen, dass neu von MS-Betroffene besser versorgt und unterstützt werden und sie gleichzeitig selbst positiv auf ihren Lebensstil einwirken und dadurch ihre Lebensqualität aktiv verbessern können. "Die Selbsthilfe unterstützt hier mit dem Erfahrungsschatz und den Kompetenzen, die andere Betroffene innerhalb ihrer Lebenssituation bereits erworben haben. Der Austausch untereinander kann helfen, die jeweils eigene Lebenssituation zu stabilisieren und die Eigenkompetenz zu stärken", sagt Dr. Voß, überzeugt von der wichtigen Rolle der Selbsthilfe im Gesundheitswesen. 

Die Erstdiagnose MS wird meist im Alter zwischen 20 und 40 Jahren gestellt, Frauen sind um zwei Drittel häufiger betroffen als Männer. In dieser aktiven Lebensphase gibt es viele Themen, die neu gedacht und strukturiert werden müssen: Arbeit und Ausbildung, Familie, Freunde, Wohnumfeld, Hobbys etc. Bei allen Fragen rund um die Diagnose und das Leben mit MS unterstützt die DMSG Hessen individuell nach Bedarf. Im Projekt entwickelt die Selbsthilfeorganisation Angebote und Medien, die Neurologinnen und Neurologen der Partnerkliniken bereits mit der MS-Diagnose direkt ihren Patientinnen und Patienten übergeben können: Hilfestellung und Kontakt zur DMSG Beratung, Unterstützung durch die Selbsthilfe sowie Anregungen und Angebote einen gesunden Lebensstil zu etablieren. Durch die enge Kooperation mit den vier Kliniken können nach Angeben der DMSG Hessen rund ein Drittel der jährlich etwa 1.200 MS-Neudiagnostizierten in Hessen direkt adressiert werden. Insgesamt leben derzeit rund 27.000 Menschen mit Multipler Sklerose in Hessen. Alle Menschen mit MS und vergleichbaren Erkrankungen sowie ihre Angehörigen können sich in allen Regionen Hessens kostenlos und unabhängig von der DMSG beraten und unterstützen lassen.