Maren Puttfarcken, Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg, hat sich die Eckpunkte für eine Reform der Notfallversorgung angeschaut. Sind die Vorschläge ausreichend, um die Probleme zu lösen? Gibt es aus Sicht der TK Aspekte, die fehlen, und welche Auswirkungen hätte eine Umsetzung auf Hamburg? Die Antworten im Interview.

TK: Frau Puttfarcken, wie bewerten Sie aus Sicht der TK die Vorschläge für eine Reform der Notfallversorgung? 

Maren Puttfarcken: Erst einmal freue ich mich, dass das Thema in dieser Legislaturperiode doch noch angepackt wird. Die Reform der Notfallversorgung steht ja schon sehr lange auf der Agenda. Insbesondere die geplanten INZ und die Vernetzung der Rufnummern 116 117 und 112 könnten die Notfallversorgung insgesamt verbessern und dafür sorgen, dass sie künftig besser koordiniert abläuft. Das sind zwei Ansätze, die wir als TK bereits seit langer Zeit fordern. 

Wichtig ist, dass bei der Umsetzung der Reform darauf geachtet wird, dass die Ressourcen sinnvoll eingesetzt werden und das Personal in der Notfallversorgung spürbar entlastet wird. Durch die geplante Koordination der Notfallversorgung über die Rufnummern würde den Patientinnen und Patienten künftig die bisher oft schwierige Entscheidung in Notfällen - Praxis oder Notaufnahme? - abgenommen werden. 

Maren Puttfarcken

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Leiterin der TK-Landesvertretung Hamburg

Wichtig ist, dass bei der Umsetzung der Reform darauf geachtet wird, dass die Ressourcen sinnvoll eingesetzt werden und das Personal in der Notfallversorgung spürbar entlastet wird. Maren Puttfarcken

TK: Worauf ist bei der Umsetzung der Vorschläge zu achten? 

Puttfarcken: Wir müssen die neuen Vorschläge gut in die bestehenden Strukturen integrieren. In Hamburg konnten wir in unterschiedlichen Settings bereits Erfahrungen mit INZ oder auch einem gemeinsamen Tresen der ambulanten Notfallpraxen und der stationären Notaufnahme machen. Zu nennen wären hier zum Beispiel die INZ im Marienkrankenhaus oder der gemeinsame Tresen im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Insbesondere für Hamburg sollten wir auch darauf achten, dass die Angebote sinnvoll über die Stadt verteilt werden. 

Positiv an den Reformvorschlägen ist, dass sie eine verbindliche Zusammenarbeit der Krankenhäuser und Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) vorsehen, sodass immer eine bedarfsgerechte medizinische Erstversorgung bereitgestellt werden kann. Auch die gesetzliche Verpflichtung, dass KVen und Rettungsleitstellen Kooperationen eingehen müssen, ist gut. Nur wenn alle Träger wie Krankenhäuser, KVen und Rettungsdienst der Feuerwehr Hamburg zusammenarbeiten, kann das Konzept zum Tragen kommen. 

Wir begrüßen, dass laut Eckpunktepapier der Behandlungsbedarf der Anrufenden über einen gemeinsamen Standard eingeschätzt werden soll. Dieser Standard muss aber noch entwickelt werden. Auch die Qualifikationen des nicht-ärztlichen Personals muss dementsprechend angepasst werden. Das ist wichtig, damit eine qualifizierte Ersteinschätzung erfolgen kann. Dies ist die Grundlage für eine bedarfsgerechte Notfallversorgung. Das sind alles große Bretter, und mit Blick auf die Finanzen der Gesetzlichen Krankenversicherung muss bei der Umsetzung darauf geachtet werden, dass die Beitragszahlenden nicht weiter finanziell belastet werden. 

TK: Würde eine Umsetzung der Reform in Hamburg alle Probleme lösen?

Puttfarcken: Nicht alle, aber sie wäre ein großer Schritt nach vorn. Ein Beispiel: Während der Infektwelle in den vergangenen Jahren haben wir in Hamburg sowohl in der allgemeinmedizinischen als auch in der kinderärztlichen Versorgung gesehen, dass sich viele Patientinnen und Patienten direkt an die Notaufnahmen in den Krankenhäusern gewandt haben und diese dadurch massiv überlastet waren. Wenn die nun geplante Notfallreform umgesetzt und die zusätzlichen Parameter beachtet würden, wären wir für eine nächste Infektwelle mit ihren Ausläufern vermutlich deutlich besser gewappnet.

Als TK haben wir darüber hinaus aber immer schon die Einrichtung einer gemeinsamen Leistelle zur Steuerung der Versorgung sowie die Zusammenführung der Rufnummern 112 und 116 117 gefordert. Dies war auch ein Vorschlag in der Stellungnahme zur Notfallversorgung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung. Es ist schade, dass diese Idee nicht aufgegriffen wurde. 

Perspektivisch ist es mit Blick auf Hamburg und die steigenden Kosten im Rettungsdienst zudem sehr wichtig, dass auch die angekündigte Reform für den Rettungsdienst folgt. Hier sind wir in Hamburg mit immer weiter steigenden Gebühren konfrontiert - in diesem Jahr um rund 32 Prozent, ohne dass der Anstieg für die Krankenkassen nachvollziehbar wäre. Wir erhoffen uns mit einer Reform des Rettungsdienstes auch, dass wir hier eine stärkere Vergütungstransparenz erhalten. 

Aus unserer Sicht gehören beide Reformen zusammen und müssen miteinander gedacht und geplant werden, damit wir eine optimale Notfallversorgung bekommen. 

TK-Posi­tion Notfall­ver­sor­gung

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