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"Ich war immer sehr verträumt, habe oft Sachen vergessen. Meine Mama musste mir ständig meine Brotdose hinterherbringen", erinnert sich Vanessa an ihre Schulzeit. Dass dahinter eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, kurz: ADHS, stecken könnte - daran dachte damals noch niemand. Stattdessen hatte die heute 28-Jährige irgendwann das Image, einfach etwas verpeilter zu sein als andere Kinder. "Das hat mich wahnsinnig gemacht, denn das war ich nicht. Ich habe mich immer angestrengt, viel gelernt, aber ich konnte mich einfach nie darauf verlassen, dass ich das Gelernte dann auch abrufen kann." Ein Gefühl, das viele Menschen mit ADHS kennen. Das eigene Potenzial zu spüren, es aber nicht entfalten zu können, ist für Betroffene häufig eine leidvolle Erfahrung. Umso größer ist meist die Erleichterung, wenn die Diagnose gestellt wird.

 Dass dahinter eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, kurz: ADHS, stecken könnte - daran dachte damals noch niemand. 

"Ich hätte mir sehr viel früher eine Erklärung gewünscht, aber mit Anfang 20 bekam ich endlich die Antwort: ADHS", erinnert sich Vanessa, die damit zu den rund 60 Prozent der an ADHS erkrankten Kinder gehört, die auch noch im Erwachsenenalter Probleme mit Aufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität haben.

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Vanessa Ebert ist Content Creator und erzählt auf ihrem Instagram-Kanal von ihrem Leben und Alltag mit ADHS.

Vielfältige Symptome

Da die Symptome bei Erwachsenen jedoch sehr vielfältig sind und Betroffene über Jahre gelernt haben, sich anzupassen, ist ADHS oft schwer zu erkennen. Impulsivität äußert sich beispielsweise oft in Form von Ungeduld, die Hyperaktivität geht in Nervosität oder innere Unruhe über, was sehr belastend sein kann. "Wenn ich aus einer langweiligen Situation nicht herauskomme oder still sitzen muss, habe ich das Gefühl, dass etwas in mir vibriert. Es ist fast ein körperlicher Schmerz", sagt Vanessa. Mithilfe von Tabletten gelingt es ihr heute, konzentriert zu bleiben, ihre Gedanken festzuhalten und sich nicht von Kleinigkeiten ablenken zu lassen.

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Podcast AD(H)S

ADHS hat viele Gesichter. Im Podcast erfahren Sie, wie man die Neurodivergenz erkennt und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.

Individueller Umgang

Damit sie in ihrem hektischen Alltag als Content Creatorin nichts vergisst, arbeitet sie inzwischen mit handgeschriebenen Listen, auf denen sie alle To-dos notiert und nach Prioritäten sortiert. "Es ist superwichtig, dass man lernt, sich selbst zu verstehen und herauszufinden, was man braucht, um gut zurechtzukommen", sagt die 28-Jährige, die man nur selten ohne Kopfhörer auf den Ohren sieht. "Sie sind mein Schutz und das Erste, was ich morgens aufsetze." Vor allem, wenn sie unterwegs oder unter Menschen ist, kann sie auf diese Weise unregelmäßige Geräusche gut ausblenden. Denn typisch für Menschen mit ADHS ist die fehlende Filterfunktion im Gehirn. Schon kleinste Ablenkungen wie eine Push-Nachricht auf dem Handy oder ein vorbeifliegendes Flugzeug können die Aufmerksamkeit so stören, dass mit der eigentlichen Tätigkeit von vorne begonnen oder der Gedankenprozess neu gestartet werden muss. 

Was sagt der Experte?

Dr. Jakob Hein ist Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie mit eigener Praxis in Berlin. In einer Podcast-Folge  von "Ist das noch gesund?" spricht er mit Dr. Yael Adler über ADHS und ADS und beantwortet Fragen, wie: 

Wie lässt sich ADHS behandeln?
Dr. Jakob Hein: "Die Diagnose ist ein wichtiger Anfang. Viele Menschen sind erleichtert, weil sie endlich wissen, was los ist. Tabletten können in manchen Fällen ein Teil der Lösung sein, sorgen aber nicht für Heilung. Viel wichtiger ist es, sich selbst gut zu verstehen. Wenn man sich beispielsweise leicht von Materialien ablenken lässt, sollte man den Schreibtisch aufräumen, bevor man anfängt zu arbeiten. Wer ständig das Handy verlegt, schafft sich besser einen analogen Kalender an. Der Austausch mit anderen Betroff enen und das Teilen von Tipps können hier sehr hilfreich sein."

Was empfehlen Sie jungen Menschen mit ADHS, die ins Berufsleben starten?

"Zunächst einmal sind einem trotz ADHS-Diagnose keine Wege versperrt. Aber wer große Probleme in der Schule hatte, tut sich mit einem Studium vielleicht nicht den größten Gefallen. Handwerkliche Berufe bieten dagegen viel Abwechslung, Bewegung und die Möglichkeit, selbstständig zu arbeiten. Man sollte sich überlegen, wo die eigenen Stärken liegen und wie man diese am besten entfalten kann."

Andere haben eine Idee und bleiben dann dabei hängen. Ich denke oft weiter und habe anknüpfende Einfälle.

Ein Kopf voll Kreativität

Gleichzeitig hat das schnelle Hin-und-Her-Springen der Gedanken aber auch Vorteile: Menschen mit ADHS haben oft eine ausgeprägte Assoziationsfähigkeit. Sie sind häufig sehr kreativ und können schnell Verbindungen zwischen ganz unterschiedlichen Themen herstellen. "Andere haben eine Idee und bleiben dann dabei hängen. Ich denke oft weiter und habe anknüpfende Einfälle", sagt Vanessa. Von einer Superpower, wie ADHS manchmal bezeichnet wird, spricht sie in diesem Zusammenhang dennoch ungern: "Es ist, als könnte ich fliegen, aber an manchen Tagen bleibe ich eben trotzdem zu Hause, weil ich nicht weiß, wo mein Cape ist."