Im Rahmen einer Projektpartnerschaft mit der Techniker Krankenkasse (TK) werden seit dem Frühjahr 2024 neue Wege zur Gesundheitsförderung in der Pflege beschritten. Gleichzeitig ist das HzHG gefordert, auf den zunehmenden Fachkräftemangel und komplexer werdende Anforderungen mit klaren Strategien zu reagieren. Wie sich das Unternehmen für die Zukunft aufstellt, welche Rolle Digitalisierung spielt und was die jüngste Flexibilisierung der Fachkraftquote für Pflegeeinrichtungen bedeutet, erläutert Michael Kröger, Vorstandsvorsitzender des Hospitals zum Heiligen Geist, im Interview.

TK: Herr Kröger, der Fachkräftemangel ist in der Pflege besonders spürbar. Wie stellt sich das HzHG für die künftigen Herausforderungen in der Pflege auf?

Michael Kröger: Die personelle Situation in der Pflege ist aus meiner Sicht eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Wir begegnen ihr im HzHG mit einem ganzheitlichen Ansatz: Wir bilden kontinuierlich aus. Aktuell haben wir rund 100 Auszubildende, davon haben rund 80 Prozent einen Migrationshintergrund. Dabei geht es nicht nur um Fachwissen, sondern auch um Integration und Lebensperspektiven - etwa durch gezielte Sprachförderung und Hilfe bei der Suche nach bezahlbarem Wohnraum.

Gleichzeitig liegt mir die langfristige Bindung erfahrener Mitarbeitender besonders am Herzen. Mit Maßnahmen wie unserem Springer- beziehungsweise Familienpool schaffen wir Flexibilität im Personaleinsatz und sorgen für Verlässlichkeit in den Teams. 

Darüber hinaus sehe ich in der Digitalisierung großes Potenzial - vor allem, um unsere Pflegekräfte im Arbeitsalltag zu entlasten. Digitale Dokumentation, ethischer Einsatz KI-gestützter Analyseinstrumente oder perspektivisch intelligente Assistenzsysteme beim Heben und Lagern können helfen, Zeit zu sparen und Belastungen zu reduzieren. Für mich ist dabei klar: Technik ist ein Mittel zum Zweck - sie kann unterstützen, aber sie ersetzt nicht das Menschliche, das unsere Arbeit ausmacht. Und ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und glaube, dass durch den gezielten Einsatz von Technik mehr Raum geschaffen wird für menschliche Interaktion.

Michael Kröger

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Vorstandsvorsitzender des Hospitals zum Heiligen Geist

Technik ist ein Mittel zum Zweck - sie kann unterstützen, aber sie ersetzt nicht das Menschliche, das unsere Arbeit ausmacht. Michael Kröger, Vorstandsvorsitzender des HzHG

TK: Seit Februar 2024 unterstützt die TK Projekte zur Gesundheitsförderung im HzHG. Welche Erfahrungen haben Sie bisher gesammelt und was ist weiterhin geplant?

Kröger: Gesundheit und Pflege gehören für mich untrennbar zusammen - nicht nur aus Sicht der Bewohnenden, sondern auch mit Blick auf unsere Mitarbeitenden. Deshalb begrüße ich die Kooperation mit der Techniker Krankenkasse ausdrücklich. Sie hat uns ermöglicht, Gesundheitsförderung strukturell noch stärker bei uns zu verankern.

Ein zentraler Baustein war die Ausbildung von 30 sogenannten "Move Coaches" in Kooperation mit unserem Partner Arjo. Diese speziell geschulten Mitarbeitenden fungieren als Multiplikatoren in den Teams - sie sensibilisieren ihre Kolleginnen und Kollegen für ergonomisches Arbeiten, geben Praxistipps und stehen bei Fragen zur Verfügung. Dieses Konzept hat sich in der Praxis bewährt: Erste Rückmeldungen zeigen, dass sich das Bewusstsein für gesunde Bewegungsabläufe im Pflegealltag erhöht hat und das Thema Gesundheit spürbar präsenter geworden ist. Außerdem fragen die Move Coaches den Bedarf an Hilfsmitteln und Unterstützungssystemen ab und helfen den Kolleginnen und Kollegen beim richtigen und schonenden Einsatz im Alltag. So werden alle unsere Mitarbeitenden sukzessive an ergonomischeres Arbeiten herangeführt. Auch auf Seiten der Bewohnerinnen und Bewohner konnten wir durch gezielte Mobilitätsmaßnahmen eine Zunahme an Aktivität und Teilhabe verzeichnen - mit direktem Einfluss auf Lebensqualität und Selbstständigkeit. 

Die gewonnenen Erkenntnisse fließen in unsere strategische Personalentwicklung ein. Die Rolle der Move Coaches wird verstetigt, und wir prüfen derzeit, wie weitere gesundheitsförderliche Strukturen in den Alltag unserer sieben Pflegehäuser integriert werden können - sowohl im Rahmen der TK-Förderung als auch mit eigenen Ressourcen.

Unser Ziel ist klar: Pflege darf nicht krankmachen - weder für die, die sie geben, noch für die, die sie empfangen. Dafür schaffen wir die notwendigen Rahmenbedingungen Schritt für Schritt.

TK: Für Hamburger Pflegeheime, die nachweislich eine gute Betreuungsqualität erbringen, gilt seit November 2024 die Flexibilisierung der Fachkraftquote. Was verbirgt sich dahinter, und wie bewerten Sie die Neuregelung?

Kröger: Ich halte diese Neuregelung für einen überfälligen und richtigen Schritt. Angesichts des demografischen Wandels müssen wir realistisch und lösungsorientiert agieren. 

Die neue Regelung erlaubt Pflegeeinrichtungen, ihre Fachkraftquote auf 40 Prozent abzusenken, wenn zusätzlich 20 Prozent der Mitarbeitenden eine zweijährige Ausbildung in der Gesundheits- und Pflegeassistenz nachweisen können. Für Einrichtungen wie das Hospital zum Heiligen Geist bedeutet das mehr Flexibilität im Personaleinsatz, ohne Abstriche bei der Qualität machen zu müssen. 

Ich erlebe täglich, wie engagiert und kompetent viele Gesundheits- und Pflegeassistenzen und Pflegehelferinnen und -helfer ihre Aufgaben erfüllen. Dass deren Arbeit jetzt stärker gewürdigt und strukturell eingebunden wird, ist aus meiner Sicht absolut sinnvoll. Denn bisher führte die starre Quote in der Praxis immer wieder dazu, dass Pflegeplätze unbesetzt blieben - nicht aus Mangel an Bedarf, sondern aus Mangel an Personal. Für uns ist das ein richtiger und pragmatischer Schritt in einer herausfordernden Situation.