Christian Bredl: Wie erleben Sie den Dialog mit Pflegekräften und Angehörigen im Alltag?

Katrin Staffler: Dieser Austausch ist enorm wichtig. Dazu gehören für mich als Pflegebevollmächtigte in erster Linie die Menschen mit Pflegebedarf. Aber natürlich auch ihre Angehörigen und die professionell Pflegenden. Vor allem durch die Gespräche mit ihnen erfahre ich, wo konkret der Schuh drückt und wie Politik helfen kann. Ich erlebe den Austausch immer als sehr offen und wertvoll für meine Arbeit.

Bredl: Wo sehen Sie in der Pflege den dringendsten Handlungsbedarf? 

Staffler: Hauptaufgabe ist es, die Finanzierung der Pflegeversicherung und die pflegerische Versorgung zukunftsfest aufzustellen. Deshalb arbeitet eine Bund-Länder Arbeitsgruppe intensiv daran, Lösungen zu finden. Wichtig ist, dass wir am Ende ein Gesamtkonzept haben, mit dem wir gut aufgestellt sind. Das Problem der Pflegeversicherung ist neben der langfristigen Finanzierbarkeit, dass das System komplex und intransparent geworden ist. Bei den verschiedenen Leistungsansprüchen verlieren viele schnell den Überblick. Wir benötigen pragmatische Lösungen, zum Beispiel Leistungsbudgets, also eine Zusammenfassung von Leistungen, aus denen die Menschen die Unterstützung in Anspruch nehmen können, die sie brauchen und die es vor Ort auch gibt.

Bredl: In welchen Bereichen sehen Sie großes Potential bei der Entbürokratisierung in der Pflege, das sich schnell umsetzen ließe? 

Staffler: Zur Entlastung der Pflegekräfte müssen wir genau schauen, wo Bürokratie Sinn ergibt und wo sie Unsinn bedeutet. Doppeldokumentation muss verhindert werden. Auch digitale Anwendungen, wie zum Beispiel sprachgesteuerte Dokumentation kann hilfreich und sinnvoll sein. Hier müssen wir aber auch die Möglichkeiten nutzen und nicht Innovationen verhindern.

Im Gespräch

Die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung Katrin Staffler und Christian Bredl, Leiter der TK-Landesvertretung Bayern Das Bild ist noch nicht vollständig geladen. Falls Sie dieses Bild drucken möchten, brechen Sie den Prozess ab und warten Sie, bis das Bild komplett geladen ist. Starten Sie dann den Druckprozess erneut.
Die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung Katrin Staffler und Christian Bredl, Leiter der TK-Landesvertretung Bayern

Bredl: Wie könnte man Pflegeberufe attraktiver gestalten?

Staffler: Bei den Pflegeberufen hat sich in den letzten Jahren viel zum Positiven geändert. Für kaum einen anderen Berufszweig hat sich Politik so eingesetzt - und das natürlich zurecht! Die Ausbildung wurde modernisiert und die Gehälter sind deutlich gestiegen. Die Pflegeausbildung gehört inzwischen zu den bestbezahlten Ausbildungen. Das Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege, kurz BEEP, befindet sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren. Das Gesetz wird uns ermöglichen, die Kompetenzen unserer hervorragend ausgebildeten Pflegekräfte noch besser zu nutzen. Sie sollen zukünftig in der Versorgung eigenständiger arbeiten und entscheiden können. Das kommt den Pflegebedürftigen zu Gute, macht aber auch den Beruf noch attraktiver. Trotzdem dürfen wir nicht nachlassen, für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen. Deshalb unterstütze ich das Projekt GAP - Gute Arbeitsbedingungen in der Pflege und ermutige jede Einrichtung mitzumachen.

Bredl: Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht die Digitalisierung in der Pflege?

Staffler: Die Digitalisierung in der Pflege kann, muss und wird in der Zukunft eine noch viel wichtigere Rolle spielen, denn sie kann die Pflege vereinfachen und verbessern. Wir müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung im Bereich Robotik und KI richtig einsetzen. Gute Beispiele sind: Exoskelette, Sprachdokumentation und automatisierte Tourenplanungen. Aber die Grundlage für all das ist, dass die Infrastruktur funktionieren muss.

Bredl: Wenn Sie eine Sache sofort ändern könnten: Was wäre das?

Staffler: Ich wünsche mir, dass wir die Potentiale durch Gesundheitsförderung, Reha und Prävention in der Versorgung noch viel stärker nutzen. Gerade im Bereich der häuslichen Pflege, wenn nur ein geringer Pflegegrad vorliegt gibt es oft viel Spielraum, die Selbstständigkeit und Beweglichkeit zu erhalten und zu fördern. Und darum geht es doch den Menschen: auch im Alter und trotz Einschränkungen, so lange wie möglich selbstbestimmt und aktiv, möglichst im eigenen zu Hause leben zu können. Hierauf müssen wir noch stärker unseren Fokus setzen.