Schleswig-Holstein auf dem Weg zum Health in All Policies-Land
Artikel aus Schleswig-Holstein
Um Gesundheitsförderung effektiv voranzutreiben, ist ein Paradigmenwechsel hin zu einer Health in All Policies-Strategie notwendig, bei dem alle politischen Bereiche Verantwortung übernehmen.

Spätestens seit der Antwort der Landesregierung im letzten Jahr auf die Große Anfrage des SSW zur Prävention und Gesundheitsförderung in Schleswig-Holstein genießt das Thema im politischen Raum die Aufmerksamkeit, die es verdient. Der fast 70 Seiten starke Bericht dokumentiert eine erfrischende Vielfalt an Themen und eine ausgesprochen bunte Landschaft an Fördermöglichkeiten und Beteiligten.
Mitunter wird genau diese Vielfalt eher als undurchsichtiger Dschungel, denn als wertvolles artenreiches Biotop erlebt. Und so ist eine Lehre, die man aus dem Bericht ziehen kann: Es tut sich eine ganze Menge bei uns im Norden. Aber: An der Transparenz und besseren Verzahnung von Bedarfen, Angeboten und Förderern können wir noch arbeiten.
Prävention muss weitergedacht werden
In Schleswig-Holstein gibt es bereits eine Vielzahl an Initiativen dazu. Beispielsweise vernetzt die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit die Akteure im kommunalen Kontext. Die BGF-Koordinierungsstelle ist ein guter Ansprechpartner für Unternehmen, die etwas für die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden tun möchten. Und wenn man als Akteur meint, durch alle Raster zu fallen, aber eine gute Idee hat, ist die Landesvereinigung für Gesundheitsförderung die erste Adresse. Die verschiedenen Perspektiven einzuholen und Empfehlungen abzuleiten, ist eine der wichtigen Funktionen des jetzt wieder jährlich stattfindenden Strategieforums Prävention. Das letzte fand im November 2024 statt, das kommende ist für den November 2025 terminiert. Einigkeit bei den Akteurinnen und Akteuren auf der letzten Konferenz bestand darin, dass Gesundheitsförderung und Prävention viel weitergedacht und verankert werden müssen. Gefordert wurde (und wird), dass Health in All Policies zum Leitbild einer Gesamtpolitik in Schleswig-Holstein wird.
Ein Paradigmenwechsel muss her
Dahinter steckt die Erkenntnis, dass sich ein Großteil von Gesundheit außerhalb des Gesundheitswesens im engeren Sinne abspielt - also in anderen Politikfeldern. Hier setzt Health in All Policies (HiAP) an: Ziel ist es, gesundheitsförderliche Lebensbedingungen zu schaffen. Politische Entscheidungen sollten auf allen Ebenen und in allen Ressorts hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Auswirkungen überprüft und falls nötig angepasst werden.
In der Praxis bedeutet das nicht weniger als einen Paradigmenwechsel. HiAP erfordert ein Umdenken und einen anderen Blick auf Gesundheitspolitik: weg von einem kurativen, oft auch sektoralem Ansatz, hin zu einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik. Dies kann nur funktionieren, wenn alle politischen Bereiche Verantwortung für Gesundheit übernehmen. Bei allgemein adressierten Verantwortlichkeiten ist die Gefahr jedoch groß, dass am Ende (fast) nichts passiert.
Wenn das Thema Gesundheit nicht vom Chef unterstützt und nach vorne gebracht wird, dann können die Mitarbeitenden noch so motiviert sein. Über die Obstschale im Eingangsbereich kommen sie dann nicht hinaus.
Zwei Erfolgsfaktoren sind für mich besonders wichtig:
1. Gesundheit ist Chef(innen)-Sache! Ohne Unterstützung der Führungsebene bleibt das Engagement oft wirkungslos. Vor Jahren sagte mir mal ein Experte für Betriebliches Gesundheitsmanagement: "Wenn das Thema Gesundheit nicht vom Chef unterstützt und nach vorne gebracht wird, dann können die Mitarbeitenden noch so motiviert sein. Über die Obstschale im Eingangsbereich kommen sie dann nicht hinaus."
2. Eindeutige Verantwortlichkeiten schaffen! Es braucht den klaren politischen Willen der Landesregierung HiAP im Land umzusetzen, gefolgt von klaren Zuweisungen in den Ministerien, damit Verantwortliche das Thema als "Kümmerer", Ansprechpartner und Motivatoren zugleich, aktiv vorantreiben. Wenn alle abstrakt für "die Gesundheit" zuständig sind und es keine konkrete Zuweisung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten gibt, dann wird nicht viel passieren.
Die Bedeutung von HiAP zeigt sich insbesondere in Zeiten multipler Herausforderungen wie dem Klimawandel, wachsender sozialer Herausforderungen und gesellschaftlicher Veränderungen wie dem demographischen Wandel. Umso wichtiger ist es, dass Schleswig-Holstein sich auf den Weg macht, zum Health in All Policies-Land - als Chef(innen)-Sache und mit klaren Verantwortlichkeiten.