TK-Report: Jede zweite Person in Schleswig-Holstein kennt Einsamkeitsgefühle
Pressemitteilung aus Schleswig-Holstein
Kiel, 17. Dezember 2025. Wenn in Schleswig-Holstein die Weihnachtsmärkte leuchten und in vielen Häusern gemeinsam gefeiert wird, rückt für manche Menschen das Gefühl von Einsamkeit stärker in den Vordergrund. Die Techniker Krankenkasse (TK) macht daher auf ihren repräsentativen Einsamkeitsreport 2024 aufmerksam. Dieser zeigt: In Schleswig-Holstein hat fast jede zweite Person (49 Prozent) Erfahrungen mit Einsamkeitsgefühlen.
"Gerade in der dunklen Jahreszeit ist es wichtig, soziale Kontakte zu pflegen, denn Einsamkeit kann auch auf die Gesundheit schlagen", betont Sören Schmidt-Bodenstein, Leiter der TK-Landesvertretung Schleswig-Holstein.
Einsamkeit zieht sich durch die gesamte Gesellschaft
Einsamkeit kann grundsätzlich jeden betreffen - unabhängig von Geschlecht oder Alter. Der TK-Einsamkeitsreport zeigt jedoch, dass insbesondere jüngere (18-39 Jahre) und ältere (über 60 Jahre) Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner sich einsam fühlen. "Menschen in der Lebensmitte erleben durch ihr Berufsleben regelmäßig sozialen Austausch oder knüpfen auch durch ihre Kinder neue Kontakte", erläutert Schmidt-Bodenstein. Auch Personen mit einem schlechteren Gesundheitszustand geben an, häufiger von Einsamkeit betroffen zu sein als gesunde Menschen. "Ob zuerst die Einsamkeit oder die Krankheit da war, wissen wir nicht. Aber Einsamkeit nicht nur als Symptom, sondern auch als Ursache zu verstehen, eröffnet neue Wege zur Prävention", so Schmidt-Bodenstein.
Chronische Einsamkeit kann krank machen oder das Krankheitsleiden verstärken
Wer sich einsam fühlt, empfindet dies auch als sehr starke bzw. eher starke Belastung (24 Prozent). Bei den Menschen, die ihren Gesundheitszustand nur als zufriedenstellend oder schlecht bewerten, sind es sogar noch mehr (30 Prozent). Ein schlechter Gesundheitszustand kann unfreiwillig zu Einsamkeit führen, wenn individuelle Einschränkungen den Austausch mit anderen erschweren. Umgekehrt ist auch nachgewiesen, dass Einsamkeit auf die Gesundheit schlägt.
Auch die Befragungsergebnisse der TK verweisen auf einen Zusammenhang zwischen dem Gesundheitszustand und dem Gefühl der Einsamkeit. Menschen, die sich mindestens selten einsam fühlen, bestätigen häufiger, an bestimmten Beschwerden zu leiden, als Befragte, die sich nie einsam fühlen. Besonders auffällig ist der Unterschied bei gesundheitlichen Problemen wie Schlappheit oder Müdigkeit (44 Prozent versus 26 Prozent), unausgeglichener / niedergedrückter Stimmung (26 Prozent versus 8 Prozent), Erkrankungen des Bewegungsapparates (56 Prozent versus 45 Prozent), Erschöpfung (40 Prozent versus 29 Prozent) sowie Kopfschmerzen oder Migräne (21 Prozent versus 12 Prozent).
Die Hintergründe erläutert Dr. Philipp Bergmann, Oberarzt in der internistischen Altersmedizin, Facharzt für Innere Medizin, Geriatrie und Palliativmedizin am UKSH: "Auch wenn Einsamkeit keine Krankheit ist, wirkt sie als fundamentaler Stressor, vergleichbar mit Hunger oder Schmerz. Wird dieses Warnsignal ignoriert und die Einsamkeit chronisch, kann sie zu Krankheit führen oder das empfundene Leiden einer Krankheit verstärken."
Einsamkeit: Noch immer ein Tabu-Thema?
Der TK-Einsamkeitsreport 2024 zeigt außerdem: Mehr als zwei Drittel der einsamen Befragten meiden das Gespräch über ihre Einsamkeit (72 Prozent). Bei Männern liegt der Anteil derjenigen, die sich selten oder nie mit anderen darüber austauschen, mit 79 Prozent noch einmal höher als bei den Frauen mit 65 Prozent. Insgesamt hat sich fast jede bzw. jeder Dritte (32 Prozent) in Phasen der Einsamkeit noch nie mit jemandem gesprochen. Als einen Grund für das Verschweigen geben mehr als die Hälfte der Menschen an, dass es ohnehin nicht helfen würde (52 Prozent), sie niemanden damit belasten möchten (46 Prozent) oder es ihnen einfach unangenehm ist, darüber zu sprechen (23 Prozent).
Strategien und Engagement gegen Einsamkeit
Für die meisten Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner ist ein Spaziergang in der Natur hilfreich (74 Prozent). Auch Fernsehen (71 Prozent) oder sich um den Haushalt zu kümmern (70 Prozent), gehören zu den häufigsten Aktivitäten gegen Einsamkeitsgefühle. Dabei unterscheiden sich die Strategien der Männer und Frauen. Während Frauen gerne auch mal ein Buch in die Hand nehmen (74 Prozent gegenüber 53 Prozent) oder sich um den Garten kümmern (64 Prozent gegenüber 51 Prozent), zocken Männer vergleichsweise häufiger vor einem Bildschirm (23 Prozent gegenüber 13 Prozent) oder trinken ein Glas Wein oder ein Bier (21 Prozent gegenüber 11 Prozent).
Darüber hinaus gibt es im Land bereits viele Initiativen, um der Einsamkeit etwas entgegenzusetzen. In einer Interviewreihe hat die TK mit Vereinsvertretern gesprochen, die sich beim Thema Einsamkeit für ihre jeweiligen Zielgruppen wie Alleinerziehende, Studierende, Seniorinnen und Senioren oder auch chronisch Erkrankte einsetzen. Auch das Kompetenznetz Einsamkeit setzt sich mit den Ursachen und Folgen von Einsamkeit auseinander. In einer Übersichtskarte sind viele der regionalen Angebote aufgelistet.
Hinweis für die Redaktion
Zum TK-Einsamkeitsreport 2024 / Schleswig-Holstein: Die im Auftrag der TK durchgeführte Forsa-Befragung ist die erste umfassende repräsentative Einsamkeitsstudie für Schleswig-Holstein. Im Zeitraum 27. Mai bis 17. Juni 2024 befragte das Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag der TK insgesamt 1001 in Schleswig-Holstein ansässige Personen ab 18 Jahren zu ihren Erfahrungen mit Einsamkeit. Die Befragten repräsentieren den Querschnitt der volljährigen Bevölkerung in Schleswig-Holstein. Gewichtet wurde die Personenstichprobe nach Geschlecht, Alter und Bildung. Als Erhebungsmethode wurden computergestützte Telefoninterviews anhand eines strukturierten Fragebogens eingesetzt. Als Quelle zu nennen bei Datenverwendung ist: TK-Einsamkeitsreport 2024 / Schleswig-Holstein.
Forschungen zum Thema Einsamkeit und Gesundheit: Bücker S. (2022). Die gesundheitlichen, psychologischen und gesellschaftlichen Folgen von Einsamkeit. Frankfurt: Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik/Kompetenznetz Einsamkeit.