TK: Herr Dr. Preusch, wie bewerten Sie die zwischen Bund und Ländern geeinten Eckpunkte zur Krankenhausreform?

Dr. Michael Preusch: Ich begrüße, dass Bund und Länder noch zusammengefunden haben und nun mehrheitlich getragene Eckpunkte vorliegen. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt in diesem wichtigen Reformprozess. Gleichzeitig darf man die Vorbehalte, die insbesondere aus einzelnen Ländern formuliert wurden und uns auch aus unseren Landkreisen erreichen, nicht kleinreden: Je konkreter die Reformvorschläge mit der Ausformulierung des Referentenentwurfs werden, desto deutlicher wird sich zeigen, wie belastbar der jetzt gefundene Kompromiss, der tatsächlich noch viele Fragen offenlässt, wirklich ist.

Dr. Michael Preusch MdL, CDU

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Mitglied im Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration, Oberarzt an der Klinik für Innere Medizin III, Universität Heidelberg

Neben der Sicherstellung einer Basis- und Notfallversorgung in der Fläche bietet die Reform durch die Bildung von Zentren für eine spezialisierte Medizin auch die Chance einer Qualitätssicherung und -steigerung. Dies ist umso wichtiger, als wir bei knappen Personalressourcen das Angebot an medizinischen und pflegerischen Leistungen sinnvoll und wohl durchdacht überplanen müssen. 

Die Reform bietet weiter die Möglichkeit einer besseren Vernetzung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Schließlich begrüße ich ausdrücklich, dass die Zuweisung der Leistungsgruppen (des medizinischen Angebots) in Länderhoheit bleibt und hierbei auch Ausnahmen ermöglicht werden. Die Heterogenität Baden-Württembergs bedingt spezifische Versorgungsbedarfe in den unterschiedlichen Regionen. Eine zentrale Planung am Berliner Schreibtisch würde den Menschen in unserem Lande nicht gerecht. 

TK: Worauf muss Ihrer Meinung nach bei der weiteren Ausarbeitung des Gesetzes besonders geachtet werden?

Dr. Preusch: Für mich ist zentral, dass die unterschiedlichen Ausgangspositionen in den Ländern im Gesetzgebungsverfahren Berücksichtigung finden. Deshalb muss der Bund schnell nochmal gesondert darstellen, wie auch in Ländern mit fortgeschrittenen Strukturbereinigungsprozessen eine tatsächliche Entökonomisierung und dauerhafte Sicherstellung der Versorgung erreicht werden kann. Ebenso bedeutsam erscheint mir, dass der Bund schnellstmöglich eine konkrete Abschätzung zu den Folgen der Finanzreform vornimmt und den Ländern hierzu geeignete Auswirkungsanalysen und Modellrechnungen zur Verfügung stellt. Wir müssen sichergehen, dass die aus den aktuellen Vergütungsregeln resultierende Benachteiligung der baden-württembergischen Krankenhäuser endlich abgestellt wird. Wir dürfen nicht länger dafür bestraft werden, dass wir unsere Krankenhauslandschaft vorausschauend und effizient weiterentwickelt haben.

Zudem müssen die Krankenhäuser im Land unverzüglich finanziell stabilisiert werden. Für 2023 erwarten unsere Kliniken ein Defizit von mindestens 620 Mio. Euro. Eine zentrale Ursache ist, dass ihre überdurchschnittlichen Personal- und Sachkosten in der geltenden Vergütungssystematik schon seit Jahren unberücksichtigt bleiben. Wenn der Bund einen geordneten Weg zu einer erfolgreichen Krankenhausreform will, kann er dies nicht ignorieren. Es wäre ein historischer Treppenwitz, wenn wir letztlich feststellen müssten, dass die Krankenhäuser, die reformiert werden sollen, gar nicht mehr am Markt sind. Hier wird auch das Land einen kraftvollen Beitrag leisten.

Zur Person

Dr. Michael Preusch ist 1975 in Heilbronn geboren. Er ist Facharzt für innere Medizin und seit 2017 als Oberarzt an der Klinik für innere Medizin III am Universitätsklinikum Heidelberg tätig. Seit April 2021 ist er Mitglied des Landtags Baden-Württemberg und Gesundheitspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion.