TK: Frau Austenat-Wied, wenn Sie auf das vergangene Jahr in Mecklenburg-Vorpommern blicken: Was hat Sie gesundheitspolitisch am stärksten beschäftigt?

Austenat-Wied: Am stärksten beschäftigt hat mich die Frage, wie wir unser Gesundheitssystem zukunftssicher finanzieren können, um die Beitragsstabilität langfristig zu sichern. Wir können unsere Versicherten und die Wirtschaft nicht dauerhaft mit steigenden Beiträgen belasten. Zugleich geht es darum, die vorhandenen Mittel effizienter einzusetzen, sodass eine hochwertige, gut erreichbare Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern gewährleistet bleibt - auch vor dem Hintergrund von Demografie, Fachkräftemangel und steigenden Leistungsanforderungen.

TK: Was heißt das konkret für Mecklenburg-Vorpommern?

Austenat-Wied: In einem Flächenland wie unserem wird besonders deutlich, dass eine smarte Versorgungssteuerung unerlässlich ist. Es reicht nicht, bestehende Strukturen nur zu verwalten - wir müssen bereit sein, Angebote zu verlagern, zu bündeln und neu zu denken, damit Qualität, Erreichbarkeit und Wirtschaftlichkeit in einem guten Verhältnis zueinander stehen.

TK: Können Sie genauer darauf eingehen? Wie könnte aus Ihrer Sicht der Zugang zur Versorgung für die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern aussehen?

Austenat-Wied: Der Zugang zur Versorgung sollte aus meiner Sicht klar entlang des Prinzips "digital vor ambulant vor stationär" organisiert werden, damit Menschen in Mecklenburg-Vorpommern früh, niedrigschwellig und möglichst wohnortnah Hilfe erhalten. Das bedeutet, dass zuerst digitale Angebote wie eine digitale Ersteinschätzung, Videosprechstunden und telemedizinische Konsile genutzt werden,  bevor ein klassischer Praxis- oder Kliniktermin notwendig wird. Dies gilt natürlich nur, wenn der Gesundheitszustand dies erlaubt. Darauf aufbauend braucht es eine starke, gut vernetzte Primärversorgung, in der Hausärztinnen und Hausärzte, nicht-ärztliche Gesundheitsberufe, Pflege und weitere Akteure enger zusammenarbeiten. 

TK: Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Digitalisierung insgesamt für die Versorgungsqualität im Land?

Austenat-Wied: Digitalisierung ist längst kein "Add-on" mehr, sondern Grundvoraussetzung dafür, dass wir Versorgungswege intelligent verknüpfen können. Sie ermöglicht, dass Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind, Doppeluntersuchungen vermieden und Behandlungen besser koordiniert werden.

TK: Sie waren als Landesvertretung auch auf der DMEA vertreten. Welche Bedeutung hatte diese Veranstaltung für Sie?

Austenat-Wied: Die DMEA war in diesem Jahr ein wichtiges Schaufenster für digitale Gesundheitslösungen aus Mecklenburg-Vorpommern und hat gezeigt, welches Potenzial in unserem Land steckt - von telemedizinischen Anwendungen bis hin zu KI-gestützten Angeboten. Besonders wertvoll war der direkte Austausch mit Start-ups, innovationsfreudigen Kliniken und politisch Entscheidungstragenden. Auf der DMEA haben wir gezeigt, wie aus guten Ideen konkrete Projekte werden können, die später auch den Versicherten der TK im Alltag zugutekommen.

TK: Und wie geht es mit der Digitalisierung in der Fläche weiter?

Austenat-Wied: Entscheidend ist nun, dass wir die Impulse von Veranstaltungen wie der DMEA oder auch der Nationalen Branchenkonferenz Gesundheitswirtschaft in die Regionen tragen und gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern vor Ort umsetzen. Digitalisierung darf nicht an Messehallen oder Großstädten enden, sondern muss ganz konkret in der Hausarztpraxis, in der Pflegeeinrichtung und im heimischen Wohnzimmer der Patientinnen und Patienten ankommen.

Manon Auste­nat-Wied

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TK: Wie blicken Sie persönlich auf dieses Jahr zurück?

Austenat-Wied: Dieses Jahr war geprägt von intensiven Diskussionen, vielen Begegnungen und der gemeinsamen Suche nach tragfähigen Lösungen. Besonders berührt haben mich die Momente, in denen deutlich wurde, wie viel Engagement und Vertrauen die Menschen in unser Gesundheitssystem stecken. Die Beschäftigten in Praxen, Kliniken, Pflegeeinrichtungen und in der Selbstverwaltung sind das Rückgrat unserer Solidargemeinschaft.

TK: Was möchten Sie den Leserinnen und Lesern zum Jahresende mit auf den Weg geben?

Austenat-Wied: In dieser Weihnachtszeit möchte ich alle einladen, einen Moment innezuhalten und sich bewusst zu machen, was Zusammenhalt im Gesundheitswesen und darüber hinaus bedeutet. Hinter jeder Versorgungsleistung stehen Menschen, die sich Tag für Tag für die Gesundheit anderer einsetzen - oft jenseits dessen, was selbstverständlich ist.
Mein Wunsch ist, dass wir diesen Geist der Verbundenheit ins neue Jahr mitnehmen: den Mut, Veränderungen anzugehen, die Bereitschaft zuzuhören und die Überzeugung, dass wir nur gemeinsam ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem gestalten können. Ich danke allen Partnerinnen und Partnern für die vertrauensvolle Zusammenarbeit und wünsche Ihnen und Ihren Familien eine friedliche, erholsame Weihnachtszeit und einen guten Start in ein gesundes neues Jahr.