Zur Sache: Linda Heitmann - für Hamburg im Bundestag
Interview aus Hamburg
Mit der Bundestagswahl 2025 ist Linda Heitmann bereits zum zweiten Mal für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN per Direktmandat in ihrem Wahlkreis Hamburg-Altona in den Bundestag eingezogen. In dieser Legislaturperiode hat sie unter anderem einen Vollsitz im Gesundheitsausschuss inne.
Linda Heitmann leitet in der Grünen-Fraktion die Arbeitsgruppe zur Zukunft der sozialen Versicherungssysteme mit dem Fokus auf die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung. Im Interview gibt sie Einblicke in ihre Arbeit als Mitglied des Deutschen Bundestages (MdB).
TK: Frau Heitmann, nach einem kurzen und intensiven Winter-Wahlkampf ist Ihnen der Einzug in den Bundestag wieder über ein Direktmandat gelungen. Damit bringen Sie nun schon eine Menge Erfahrung mit. Was ist in der für Sie nun zweiten Legislaturperiode anders? Und gibt es etwas, was Sie an Ihrer Rolle der MdB besonders schätzen?
Linda Heitmann: Ich konnte meinen Wahlkreis Hamburg-Altona erneut direkt gewinnen, was mich sehr freut. Diese Legislatur sind wir Grüne in der Opposition und haben durch schriftliche Anfragen und eigenständige originär Grüne Anträge andere Möglichkeiten der parlamentarischen Arbeit. Mit diesen Instrumenten habe ich die Chance, unseren politischen Ideen öffentliche Aufmerksamkeit zu verschaffen und die Regierung zu treiben. So habe ich beispielsweise Daten zu Kosten der Beihilfe für die Krankenversicherung von Beamten oder Informationen zu Cannabis Modellregionen erfragt, um hier einen kritischen Blick auf die einseitige Politik der Regierung zu werfen.
Linda Heitmann
Eine echte Stabilisierung der GKV-Finanzen gelingt nur, wenn einige wesentliche versicherungsfremde Leistungen endlich aus Steuermitteln finanziert werden und pandemiebedingte Kosten vom Bund zurückgezahlt werden.
TK: Sie setzen sich für die Themen Gesundheitspolitik und die Sicherung der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung (GKV und SPV) ein. Welche der aktuell diskutierten Vorschläge sollten aus Ihrer Sicht sofort umgesetzt werden, um die Finanzen der GKV kurz- und langfristig zu stabilisieren?
Heitmann: Eine echte Stabilisierung der GKV-Finanzen gelingt nur, wenn einige wesentliche versicherungsfremde Leistungen endlich aus Steuermitteln finanziert werden und pandemiebedingte Kosten vom Bund zurückgezahlt werden. Außerdem braucht es eine Erhöhung der Frauen-Erwerbstätigkeit. Hier wollen wir veraltete Strukturen und Fehlanreize im Sozialversicherungssystem korrigieren. Wir müssen bei der GKV aber auch auf die Ausgabenseite gucken: Die Krankenhausreform muss konsequent und ohne Abstriche umgesetzt werden, um Qualität zu sichern und ineffiziente Strukturen abzubauen. Zudem braucht es eine schnelle Notfall- und Rettungsdienstreform, die jährlich Milliarden einsparen würde und die Versorgung verbessert. Auch eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel wäre schnell und unkompliziert machbar. Zudem müssen wir die Preisfindung bei neuen Medikamenten generell reformieren, um hier die Ausgaben im Rahmen zu halten.
TK: Mit Blick auf den anstehenden Jahreswechsel, das absehbare finanzielle Defizit der GKV und die weiterhin steigenden Beitragssätze, sind die GKV-Finanzen weit oben auf der Reformagenda in der Gesundheitspolitik. Welche Themen sind darüber hinaus aus Ihrer Sicht in dieser Legislaturperiode noch besonders wichtig?
Heitmann: Neben der Stabilisierung der GKV-Finanzen ist mir besonders wichtig, dass wir Gesundheitspolitik stärker vorausschauend und präventiv gestalten. Eine nachhaltige Gesundheitsversorgung beginnt bei konsequenter Prävention - sowohl im klassischen Bereich von Bewegung und Ernährung als auch im Umgang mit legalen und illegalen Substanzen. Wirksame Prävention und Jugendschutz bedeuten langfristig eine gesündere Bevölkerung und geringere Kosten. Gerade wenn es um Alkohol oder Tabak geht, lässt sich mit klugen Präventionsstrategien, die Steuer-, Verkaufsstätten- und Werbepolitik fokussieren, viel bewegen. Wir müssen zudem die Forschung und Versorgung zu postviralen Erkrankungen wie Long Covid verbessern, um Betroffenen bessere Perspektiven zu geben. Die Enquete-Kommission zur Corona-Pandemie bietet die Chance, aus der Pandemie zu lernen, die Strukturen im Gesundheitswesen widerstandsfähiger zu machen und die Prävention von psychischen Erkrankungen zu stärken. Mir persönlich ist zudem wichtig, dass wir Behandlungsfehler künftig besser vermeiden und die Stellung der Patientinnen und Patienten nach Fehlern rechtlich stärken.