Zur Sache: Gesundheitspolitik in Hamburg
Interview aus Hamburg
Am 7. Mai 2025 wurde der neue Hamburger Senat bestätigt. Melanie Schlotzhauer führt weiterhin die Hamburger Sozialbehörde - aber unter einem neuen Zuschnitt.
Anlässlich der ersten 100 Tage im Amt haben wir Senatorin Melanie Schlotzhauer zu den drängenden Fragen im Hamburger Gesundheitswesen befragt. Im Interview spricht sie über Veränderungen in der Sozialbehörde, welches Zielbild sie für eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in Hamburg hat und wie die Herausforderungen im Bereich Pflege angegangen werden sollten.
TK: Frau Senatorin Schlotzhauer, die Sozialbehörde hat einen neuen Zuschnitt erhalten. Die Bereiche Arbeit und Familie sind in andere Behörde gezogen. War dieser Schritt für Sie schmerzlich oder notwendig?
Senatorin Melanie Schlotzhauer: Ich sehe hier große Chancen. Für die Sozialbehörde bedeutet diese Veränderung, dass wir unsere sozial-, gesundheits-, aber auch integrationspolitischen Themen noch stärker in den Fokus nehmen können. Ein Beispiel ist das Thema Pflege. Das ist für mich das sozialpolitische Thema der Zukunft. Hier setzen wir als Stadt mit dem ab Oktober vollzogenen Ankauf von Pflegen & Wohnen wichtige eigene Impulse. Auch die Umsetzung der Krankenhausreform wird uns fordern - ebenso wie Themenfelder wie die Bekämpfung der Obdachlosigkeit. Hier ist die Neuausrichtung der Straßensozialarbeit jetzt ein wichtiger Schritt.
Melanie Schlotzhauer
Hamburg verfügt bereits jetzt über eine sehr gute Gesundheitsversorgung, die wir gezielt weiterentwickeln wollen.
TK: Die Herausforderungen und der Kostendruck im Gesundheitswesen sind so groß wie lange nicht. Mit der Schließung von Groß-Sand und dem neuen Krankenhausplan in Verbindung mit der Krankenhausreform stehen auch für die Hansestadt große Veränderungen an. Können Sie uns Ihr Zielbild von einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung in Hamburg skizzieren?
Senatorin Schlotzhauer: Hamburg verfügt bereits jetzt über eine sehr gute Gesundheitsversorgung, die wir gezielt weiterentwickeln wollen. Hier gilt für mich die Prämisse: Gesundheit darf nicht vom Geldbeutel, der Herkunft oder dem Wohnort abhängen. Wir setzen uns deshalb für eine gerechte, flächendeckende Versorgung ein, die alle Menschen erreicht. Die Basisversorgung mit Hausärzten, Kinderärzten und Gynäkologen wollen wir wohnortnah stärken. Hierfür brauchen wir eine kleinräumigere Bedarfsplanung als bisher. Dafür setze ich mich auf der Bundesebene ein. Weiterhin gilt es nun, in unserer Krankenhausplanung die Möglichkeiten der Krankenhausreform zu nutzen. Der Aus- und Aufbau einer stationären Versorgungsstruktur für alle Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt, die qualitätsorientiert, bedarfsgerecht und erreichbar ist, ist hier das zentrale Ziel.
TK: Im rot-grünen Koalitionsvertrag wird davon gesprochen, dass Hamburg ein Modell für eine Gesundheitsregion entwickeln möchte. Gibt es dazu bereits konkretere Überlegungen, von denen Sie berichten können?
Senatorin Schlotzhauer: Wir wissen, dass sich die Gesundheitsversorgung im Hamburger Süden nicht in allen Bereichen auf dem gleichen Niveau befindet wie im übrigen Stadtgebiet. Deshalb wollen wir prüfen, wie wir die Versorgungslage vor Ort durch eine bessere Zusammenarbeit zwischen ambulanter und stationärer Versorgung stärken können. Dabei werden wir auch Kooperationsmöglichkeiten mit Angeboten in den benachbarten Bundesländern ausloten.
TK: Die Pflege wird im Koalitionsvertrag des Bundes als das große sozialpolitische Thema der Zeit adressiert - was kann aus Ihrer Sicht in Hamburg getan werden, um hier die vielfältigen Herausforderungen zu bewältigen?
Senatorin Schlotzhauer: Wir wollen hier gestalten. Hamburg übernimmt deshalb mit dem Rückkauf von Pflegen & Wohnen (P&W) ab 1. Oktober ein erfolgreiches Unternehmen. Dabei steht P&W für hohe Pflegequalität. Mit der Übernahme sichern wir 2.400 stationäre Pflegeplätze in unserer Stadt ab. Das breite und auch spezialpflegerische Angebot des Unternehmens werden wir fortführen, und wir werden die Chance nutzen, innovative, sektorenübergreifende Versorgungskonzepte zum Wohle der Pflegebedürftigen zu entwickeln. Dazu zählen auch dringend benötigte Kurzzeitpflegeplätze.
TK: Sie bündeln die SPD-geführten Länder im Themenbereich Gesundheit und Pflege. Welche besondere Rolle kommt Ihnen dabei zu?
Senatorin Schlotzhauer: Das Gesundheitssystem in Deutschland steht insgesamt vor großen Herausforderungen. Ein zunehmender Fachkräftemangel ist in allen Bereichen des Gesundheitswesens spürbar. Steigende Kosten und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung machen neben der bereits eingeleiteten Krankenhausreform weitere Reformen in der ambulanten Versorgung, der Pflegeversicherung und der Notfallversorgung erforderlich. Ich sehe mich und meine Rolle im Bund hier als Impulsgeberin. Gleichzeitig achte ich bei der Umsetzung der Reformen darauf, dass die Rolle Hamburgs als Gesundheitsmetropole für den Norden gestärkt wird.