Hannover, 3. November 2025. Die Techniker Krankenkasse (TK) fördert die technische Entwicklung einer digitalen barrierefreien Einkaufshilfe, die blinden und sehbehinderten Menschen das selbstständige Einkaufen im Bereich Kosmetik und Hygiene ermöglicht. In Niedersachsen leben rund 9.000 blinde und etwa 50.000 hochgradig sehbehinderte Menschen. Für sie ist der tägliche Einkauf oft eine Herausforderung. Verpackungen sehen gleich aus, Etiketten sind klein und unlesbar und tastbare Hinweise fehlen ebenfalls.

Barrierefreie SoVi-App: Autonomie für Blinde und Sehbehinderte

Ob Duschgel, Gesichtscreme oder Waschmittel: Blinde und Sehbehinderte stehen in Geschäften oft hilflos vor dem Regal und können sich - gerade, wenn sie Allergiker sind - über wichtige Inhaltsstoffe der Produkte nicht informieren. Auch Warn- und Sicherheitshinweise über Risiken wie Hautreizungen, Allergien oder Vergiftungen bleiben oft im Verborgenen. Doch aus Niedersachsen kommt nun eine Innovation, die das ändert. Meike Seidel, Inhaberin der Firma SonicView, hat in Kooperation mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband Niedersachsen e.V. (BVN), die SoVi-App entwickelt. Neben dem Einkauf von Lebensmitteln ermöglicht die App den Betroffenen nun auch das selbstständige und barrierefreie Einkaufen im Bereich Kosmetik und Hygiene, indem die Scan-Ergebnisse zu hören und über die elektronische Braille-Zeile zu fühlen sind. 

Niedersachsens Sozialminister Philippi: Wie technische Hilfsmittel zu Inklusion führen können

Dr. Andreas Philippi, Niedersachsens Sozialminister, begrüßt das Projekt ausdrücklich: "Die App trägt dazu bei, dass blinde Menschen und Menschen mit Sehbehinderungen gleichberechtigt und ohne fremde Hilfe einkaufen können, indem wichtige Produktinformationen akustisch wiedergegeben werden. Sie fördert damit ganz konkret die Selbstbestimmung und Teilhabe im Alltag und ist ein gutes Beispiel dafür, wie technische Hilfsmittel zu mehr Barrierefreiheit und Inklusion führen können. Das Kleingedruckte auf Verpackungen wird immer komplexer. Von der neuen App können daher insbesondere auch Menschen mit Lebensmittelallergien und Diabetes profitieren. Mit dem Scan erhalten sie in kurzer Zeit alle für sie wichtigen Informationen zum gewünschten Produkt, das erleichtert das Einkaufen enorm. Die Hilfe und Unterstützung von blinden und sehbehinderten Menschen, ein positives gesellschaftliches Miteinander sowie das Erreichen einer inklusiven Gesellschaft sind Ziele, denen sich mein Ministerium in Niedersachsen verpflichtet hat." 

TK fördert das SoVi-Projekt mit 50.000 Euro

Auch die TK - die das digitale Projekt mit rund 50.000 Euro fördert - steht hinter der Initiative. Annette Hempen, Leiterin der TK-Landesvertretung Niedersachsen erklärt dazu: "Digitale Innovationen können einen erheblichen Unterschied im Leben von Menschen machen - vor allem - wenn sie Barrieren abbauen. Die SoVi-App zeigt beispielhaft, wie Innovation und Inklusion Hand in Hand gehen können, Technologie Teilhabe ermöglicht und die Gesundheit schützt. Deshalb fördern wir gerne die Entwicklung des digitalen Einkaufshelfers, da der Alltag von blinden und sehbehinderten Menschen dadurch erleichtert wird."

Praktische Einkaufshilfe für mehr Unabhängigkeit im Alltag

Gerd Schwesig, Geschäftsführer des BVN unterstreicht die Bedeutung des Projekts: "Wir als Verband für blinde und sehbehinderte Menschen setzen uns für eine vollumfängliche Barrierefreiheit ein - das schließt natürlich auch das alltägliche Einkaufen ein. Deshalb freuen wir uns sehr, dass die SoVi-App eine praktische Anwendung ist, die den Menschen ein Stück mehr Unabhängigkeit im Alltag schenkt." 

Selbst einkaufen ist kein Luxus, sondern ein Grundbedürfnis 

"Deshalb passt SoVi perfekt in unsere Zeit", berichtet Meike Seidel, Herausgeberin der App. "Selbst einkaufen zu können ist kein Luxus, sondern ein Grundbedürfnis. SoVi schafft hier Chancengleichheit und Gerechtigkeit, eingebettet in den Grundgedanken der Inklusion."

SoVi-App übernimmt sogar lebensrettende Funktion

Die App informiert mittels Sprachausgabe bzw. via Braille-Zeile über Inhaltsstoffe, Warnhinweise und Produktinformationen und hilft, gefährliche Stoffe zu vermeiden. Denn gerade im Kosmetikbereich können sich bis zu 82 verschiede Allergene verbergen - darunter Duftstoffe, Nickel, Latex, ätherische Öle oder synthetische Farbstoffe. Wer diese Informationen nicht lesen kann, riskiert Hautreaktionen, Atemnot oder im schlimmsten Fall einen anaphylaktischen Schock. Insofern übernimmt die App sogar auch eine lebensrettende Funktion.

Ali Gholami aus Hannover ist begeisterter Nutzer

Einer, der die App bereits nutzt, ist Ali Gholami aus Hannover. Er ist blind und berichtet begeistert: "Früher war ich beim Einkaufen immer auf fremde Hilfe angewiesen. Jetzt halte ich einfach das Produkt vor mein Handy und die App sagt mir detailgenau, welche Inhaltsstoffe drin sind. Endlich kann ich meine Einkäufe darauf abstimmen und selbst entscheiden, was ich kaufe." 

Hinweis für die Redaktion 

2025 stellt die TK den Selbsthilfeorganisationen in Niedersachsen mehr als 1,1 Millionen Euro zur Verfügung. Die Arbeit der Organisationen und Gruppen ist ein wichtiger Bestandteil im Gesundheitssystem und ergänzt in wirksamer Weise die Angebote der Gesundheitsversorgung.

Weitere Informationen zur Selbsthilfeförderung in Niedersachsen sowie die betreffenden Antragsformulare sind hier zu finden.