Die Anpassungsfähigkeit der Akteurinnen und Akteure im Gesundheitswesen wird darüber entscheiden, welche Innovationen im kommenden Jahr die Patientenversorgung verbessern werden.

Innovationsgeschwindigkeit muss zunehmen

Die rechtlichen und politischen Prozesse in unserem Gesellschaftssystem basieren auf den Prinzipien der Gewaltenteilung bzw. Gewaltenverschränkung. Dadurch sind schnelle Veränderungen vielfach nur unter gleichzeitiger Mitwirkung aller bzw. vieler Akteure möglich. Aufgrund differierender Interessenlagen im Gesundheitswesen, brauchen Innovationen und Innovatoren einen langen Atem. Angesichts der offensichtlichen Adaptionsbedarfe (z. B. im Bereich der Krankenhausstrukturen, bei der sektorenübergreifende Versorgung oder der Verfahrensdigitalisierung) war der Innovationsbedarf im Gesundheitswesen noch nie so groß wie gegenwärtig. Je zügiger die leistungserbringenden Personen, versorgende Einrichtungen und kostentragende Institutionen bereit sind ihren eigenen Standpunkt anzupassen, desto zügiger können Innovationen und ihre positive Versorgungswirkung entfalten.

Telekonsile und Videosprechstunden als Blaupausen

Noch vor wenigen Jahren hielten viele Expertinnen und Experten aus dem medizinischen Bereich die telekonsiliarische Beratung und Videosprechstunden für kein geeignetes Mittel, um zu versorgen. Auch durch die innovativen Projekte der TK in Mecklenburg-Vorpommern konnten sie vom Gegenteil überzeugt werden. Mit unserem Innovationsfonds-Projekt TeleDermatologie haben wir dazu beigetragen, dass die telekonsiliarische Beratung und Befundung Regelleistung innerhalb der gesetzlichen Krankenkassen wird. Für die Menschen in ländlichen Regionen sind Telekonsile eine echte Versorgungserleichterung. Denn durch telekonsiliarische Angebote wird fachärztliche Expertise nahezu ortsunabhängig verfügbar. 

Eine für Patientinnen und Patienten noch direktere Versorgungslösung sind Videosprechstunden. Dabei können die Patientinnen und Patienten per Video- und Tonverbindung direkt mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt sprechen. Durch die Verbreitung von Smartphones mit wertigen Kameras, erhalten die Medizinerinnen und Mediziner einen guten Eindruck von den gesundheitlichen Leiden. Gerade während der besonders angespannten pandemischen Lage haben Videosprechstunden ihre Vorteile ausgespielt und sind zu einem festen Bestandteil der medizinischen Versorgung in unserem Bundesland geworden. 

Diese beiden telemedizinischen Innovationen sind es auch, die aus unserer Sicht das größte Potential für das kommende Jahr haben. Denn beide Versorgungsformen bieten noch Möglichkeiten der Weiterentwicklung, die wir im nächsten Abschnitt vorstellen. 

Innovation für die kommenden Jahre

Die Landesregierung und die Entscheidungstragenden des Gesundheitswesens arbeiten in verschiedenen Gremien gemeinsam an innovativen und tragfähigen Lösungen für eine bessere Versorgung im Bundesland. Ein wichtiger Baustein für die flächendeckende und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung soll eine landesweit verfügbare telemedizinische Plattform sein. Diese einzurichten, wurde bereits von der Enquete-Kommission zur Zukunft der medizinischen Versorgung beschlossen. In Form einer telekonsiliarischen Beratungsplattform für Medizinerinnen und Mediziner entstünde unabhängig vom Versorgungssektor ein digitales Kompetenznetzwerk. Die fachärztliche Expertise aus den Maximalversorgern und von fachärztlichen Spezialistinnen und Spezialisten könnte so landesweit verfügbar sein. Der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) bietet bereits Gebührenordnungspositionen für die Leistungserbringenden, sodass telekonsiliarische Leistungen schon über die Regelversorgung  finanziell abgebildet werden können. Diese Gebührenpositionen können auch von stationären Versorgungseinrichtungen abgerechnet werden.

Auch mit Blick auf Videosprechstunden bestehen noch Innovationsmöglichkeiten. Während einfache Bild- und Tonverbindungen zwischen Ärzten und Patientinnen bereits Teil der Regelversorgung sind, könnte nun die Integrations- und Interventionsfähigkeit der Videosprechstunden verbessert werden. Durch digitale Devices könnte beispielsweise das Telemonitoring von Menschen mit chronischen Erkrankungen etabliert werden. Ein weiterer Vorteil wäre, dass damit potentiell der Versorgungsalltag als Interventionsmoment für medizinische und gesundheitsförderliche Maßnahmen erschlossen wird.